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Mit Rick Rubin zurück auf Los


Metallica machen auf "Death Magnetic" alles anders

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Mit Rick Rubin zurück auf Los

Metallica machen auf "Death Magnetic" alles anders

12.09.2008 Dann gibt es am letzten Abend von "Rock im Park" doch noch einen Moment, der sehr gut erklärt, worum es im Rock'n'Roll eben auch geht: Um eine fast klerikale Erhöhung seiner Protagonisten, um die Erfüllung recht starrer Liturgien und Vorgaben. Metallica-Frontmann James Hetfield, Drummer Lars Ulrich, Gitarrist Kirk Hammett und der neue Bassist Robert Trujillo legen die etwa 100 Meter von ihren Backstage-Räumlichkeiten zur Hauptbühne mit dem Auto zurück. Beziehungsweise: mit vier Autos. Eine Luxuslimousine pro Bandmitglied, sauber eskortiert von einer Handvoll Minivans, in denen die Crew Platz genommen hat. Der Backstagebereich, der hat unterdessen frei zu bleiben. Das alles ist natürlich maßlos übertrieben, aber vielleicht auch eine notwendige Überhöhung, um sich von einer Gesellschaft abzugrenzen, in der das Erreichen einer gewissen und zumindest temporären Prominenz nicht schwieriger ist als das eines Universitätsabschlusses. Metallica, die dieser Tage ihr neues Album "Death Magnetic" veröffentlichen, wollen zeigen, wer und was sie sind, bleiben aber dabei eigenartig gelassen.

Nach dem sehr harschen "St. Anger" kehren Metallica zu einem Klangbild zurück, das eher in den ausgehenden 80er-Jahren verortet ist - warum?

Metallica - M

James Hetfield: "St. Anger" tat damals, was es tun musste. Es war eindimensional, es ging auf die Fresse. Wenn man sich emotional in dem Zustand befand, in dem wir uns damals befanden, war es sicher eine ganz hervorragende Platte. War man das aber nicht, war es wohl ein sehr schwierig anzuhörendes Album. Das stelle ich auch aus der zeitlichen Distanz heraus fest.

War der Produzentenwechsel von Bob Rock zu Rick Rubin ein Versuch, die Band auch musikalisch zurück auf die Spur zu bekommen?

Hetfield: Nein. Bob Rock hat uns immer sehr gut unterstützt. Er hat für die Band das Beste getan. Er ist ein großartiger Freund, der uns verstanden hat. Er war Vertrauter, Vaterfigur und auch ein großer Gitarrist, nebenher Trainer und Schiedsrichter. Aber manchmal müssen sich Dinge ändern. Wir brauchten einfach neuen Input. Wir haben einen neuen Bassisten und einen Haufen neue Songs - da passte jemand Neues dazu. Der Name Rick Rubin stand früh im Raum, weil er doch den Ruf hat, Künstler zurück zu ihren Wurzeln zu führen. Wenn du dir das letzte Johnny-Cash-Album oder diese großartige neue Neil-Diamond-Platte anhörst, erkennst du, dass er da schon ein gutes Gespür besitzt.

Wie Ihr ist auch er so eine Art Rock'n'Roll-Dinosaurier. Kennt Ihr Euch schon lange?

Metallica - M

Hetfield: Wir kennen uns seit einer Weile. Im Laufe der Jahre haben wir uns immer mal wieder getroffen. Er hatte mich vor Jahren einmal produziert, als ich als Gast auf einer Danzig-Platte sang. Lars und er sind enger, sie sind ganz gut befreundet. Aber eine Zusammenarbeit kam bisher nie zustande, auch weil wir immer mit Bob arbeiteten und es nicht zur Debatte stand, das zu ändern.

Wie ist Ricks Vorgehensweise an eine Platte?

Hetfield: Er hat uns alleine gelassen, das war ein Riesenunterschied zu Bob. Er sagte: "Gebt Bescheid, wenn ihr fertig seid. Sagt mir, wenn ihr gute Lieder habt." Am Anfang fanden wir das schon ein bisschen seltsam. Also haben wir so gut gearbeitet, wie es uns eben möglich war. Und dann kam er zurück und hat das Material aus einer bemerkenswerten Distanz heraus bewertet. Das half uns enorm. Er riet uns, an manchen Punkten erneut anzusetzen, Gesichtspunkte herauszuarbeiten - und andere Dinge wegzulassen. Das war für uns wichtig, weil wir mit der Musik quasi verknotet waren - er hatte eine nicht immer einfache, aber sehr direkte Schwarz-Weiß-Sichtweise auf alles.

Wie schwierig war es, sich da selbst zu disziplinieren? Die Aufnahmen zur letzten Platte fanden nicht nur unter der Ägide eines omnipräsenten Produzenten, sondern sogar mit einem Therapeuten statt ...

Hetfield: In "Some Kind Of Monster", dem zu "St. Anger" gedrehten Dokumentarfilm, gibt es ja eine Sequenz, in der ich versuche, etwas mehr Disziplin in die Band zu bringen. Da arbeite ich seit Jahren dran. Ich habe schon früher gesagt: "Passt auf, wir nehmen von elf bis vier auf, danach muss ich weg." Da kamen immer die Beschwerden. Die anderen nörgelten immer, behaupteten, ich würde nicht alles für die Band geben. Das ist jetzt viel besser geworden. Es hat aber nicht unbedingt etwas mit irgendeiner neuen Herangehensweise zu tun. Eher damit, dass jeder eine Familie hat, die er sehen möchte.

Erleichtert?

Metallica - F

Hetfield: Naja, man muss auch sagen: Disziplin ist sehr subjektiv. Wenn ich von den anderen erwarte, dass sie irgendwo pünktlich erscheinen, verbuche ich das unter Disziplin. Wenn sie das von mir erwarten, ist es Schikane. Aber das Spielchen gibt es, seit es Metallica gibt.

Wer ist derjenige in der Band, der immer zu spät kommt?

Hetfield: Es ist ganz offenbar so eine Art Wettbewerb zwischen Lars und Kirk. aber Lars hat sich echt verbessert. Rob hat übrigens ein anderes Problem: Er will nie aufhören. Er hat keine Lust, zu gehen. Aber insgesamt lief das alles diesmal besser.

Mit dem bereits erwähnten "Some Kind Of Monster" zeigtet Ihr sehr direkte Einblicke in Euren Arbeitstag. Der Aufnahmeprozess von "Death Magnetic" wurde ebenfalls dokumentiert und ist im Internet verfolgbar. Ein Versuch, den Informationsfluss unter Kontrolle zu halten?

Hetfield: Es ist einfach aufregend für uns, den Fans Informationen zur Verfügung stellen zu können, und mit ihnen Kontakt zu halten. Ich staune selbst über unsere Seite - ich sehe da Footage aus dem Studio, Live-Aufnahmen, und, und, und. Ich fände das als Metallica-Anhänger super. Andererseits habe ich manchmal Angst, dass es zu viel ist. Mich langweilen die Dinge rasch. Ich befürchte manchmal schon, dass dem Metallica-Fan so die Neugierde genommen wird. Dass es wie bei einem Film ist, bei dem du die Special Effects schon kennst.

Betrachtet man die Videos, fällt auf: Die Atmosphäre innerhalb der Band scheint gelöster zu sein als zuletzt.

Hetfield: Wir haben die schlimmsten Stellen herausgeschnitten (lacht). Nein, ich denke, die Stimmung ist momentan tatsächlich recht gut. Die Auseinandersetzungen finden statt, sie sind bisweilen natürlich unangenehm, aber das ist eben der Lauf der Dinge.

Nervte es, erneut ständig gefilmt zu werden?

Hetfield: Ach, die Kamera war einfach da. Uns war sie egal, wir hatten uns daran gewöhnt. Die Leute vom Management fanden es aber nicht immer so steil, und auch Rick Rubin sagte mal: "Tu die Kamera weg"!

Macht es Dir Angst, dass auch die Aufnahmen sich heutzutage fast immer vor ihrer Veröffentlichung im Internet finden?

Hetfield: Ja, auf jeden Fall. Es ist einfach nicht die Art und Weise, auf die wir ein Album präsentieren möchten. Genau den Part hätte man als Band sehr gerne selbst in der Hand, so einfach ist das. Natürlich könnten schlimmere Dinge passieren, aber unschön ist es immer wieder.

Inwieweit ändert diese wachsende Gefahr die Arbeitsweise einer Band?

Hetfield: Man achtet vielleicht ein bisschen mehr auf das, was man sagt. Vor allem achtet man aber ein bisschen mehr auf seine Masterbänder, auf die CDs, auf das, was eben während des Aufnahmeprozesses so herumliegt. Aber was Informationen angeht: Die finden sich eben jetzt deutlich schneller im Internet. Man muss lernen, loszulassen. Man muss verstehen, dass es viele Menschen gibt, die schon jetzt im Kleiderschrank ihrer Eltern schnüffeln, um das Weihnachtsgeschenk zu finden. Sie schütteln es, um herauszufinden, was es ist. So ist das auch mit neuer Musik.

Sauer?

Hetfield: Nein. Die Leute wollen die Ersten sein. Das ist die Natur des Menschen. Aber es gibt Abertausende von Files im Internet, die neue Aufnahmen von uns sein sollen. Oft sind sie es nicht. Man bekommt so viele Informationen, dass es am Ende wieder extrem unübersichtlich wird. Das allermeiste, was durchs Netz fliegt, ist Bullshit.

Was wusstest Du als Jugendlicher von Deinen Lieblingsbands? Was wusstest Du von Aerosmith? Hättest Du Dir gewünscht, näher an ihnen dran zu sein?

Hetfield: Ich habe Aerosmith damals einen Brief geschrieben, in denen ich ihnen genau sagte, was ich an ihren Songs mochte. Ich bin davon ausgegangen, dass sie ihn öffnen und lesen würden und ich dann auch eine Antwort bekäme. Das stand für mich außer Frage. Was ich zurück bekam, war ein Bestellformular für T-Shirts. Mann!

Hast Du es ihnen je erzählt?

Hetfield: Ja, selbstverständlich. Aber ich bin nicht sauer oder so. Ich bestellte dann eben das "Draw The Line"-Shirt und hielt meinen Mund (lacht).

Wie alt sind Deine Kinder? Mögen sie Metallica?

Hetfield: Sechs, acht und zehn Jahre alt. Ich glaube, sie finden es gut, dass ihr Dad in einer Band spielt, die Musik finden sie in Ordnung. Die Mädchen haben aber ihre eigene Musik, und das ist vermutlich ganz gut so. Die hören Hannah Montana, die Jonas Brothers, dieses ganze Disney-Zeug.

Glatter Pop - schwierig für einen Heavy-Metal-Vater?

Hetfield: Es muss mir nicht gefallen, darum geht es nicht. Als ich ein Kind war, wollte ich auch meine eigene Musik hören. Und das war weiß Gott nicht einfach, weil meine Eltern dafür nicht unbedingt Verständnis hatten. Ich werde meinen Kids sicher nicht sagen, dass ich ihre Lieblingsbands scheiße finde. Ich werde ihnen sagen, dass es wirklich sehr, sehr schön ist. Ich werde sagen: "Hey, dieser Typ hat eine echt gute Stimme!" Und dann vielleicht, dass sie es etwas leiser drehen könnten. ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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