Sie gewann in ihrer Karriere bereits 13 Grammys und - auch das darf an dieser Stelle erwähnt werden - 1969 einen Oscar für ihre Hauptrolle in "Funny Girl". Und man könnte meinen, dass Barbra Streisand als Künstlerin alles erreicht hat, eigentlich keine Alben mehr machen müsste. Aber die US-Diva will sich auch mit inzwischen 67 Jahren nicht aufs Altenteil zurückziehen. Und veröffentlicht jetzt einen Doppel-Longplayer mit Interpretationen großer, aber wenig abgenutzter Jazzstandards. "Love Is The Answer" meint die unverbesserliche Romantikerin - eine scheinbar simple Wahrheit, die aber in Streisands Versionen wunderbar zum Klingen gebracht wird. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Vor allem das Setting, die ausgeklügelten Arrangements von Grammy-Preisträger Johnny Mandel sorgen für die richtige Stimmung. Um deren Eleganz zu beschreiben, darf man vielleicht sich eine Filmszene vorstellen: Einen an James Bond erinnernden kernigen Kerl im schicken Anzug, der wahlweise Anzughose oder eleganten Skipullover trägt. Eine schöne Frau - Marke Gina Lollobrigida - auf einer Sixties-Couch, natürlich im heißen Cocktailkleid, Felldecke, ein prasselndes Kaminfeuer, während beide Protagonisten heftige Filmküsse aneinanderpressen.
Denn Barbra Streisand fährt das ganz große Gefühlskino auf. Aber - und das ist das Wunderbare: Sie tut das nicht zu laut, sondern leise und zurückhaltend. Und so bezaubert sie einmal mehr mit Schmusesound im klassischen Crooner-Gewand, das sanfte Orchester wird akzentuiert von perlendem Gil-Evans-inspiriertem Piano, gespielt von Diana Krall. Das ist aber tatsächlich nur die eine Seite.Gemeinsam mit dem hervorragendem Quartett des Jazzpop-Superstars erschafft sie - auf der zweiten CD, die allerdings nur in der Deluxe-Edition vorhanden ist - eine wohlige Rotlichtbar-Stimmung. Sensible, leise Räkel-Mood, in der man einen geübten Barkeeper mit steifem Kragen mit seinen traurigen Geschichten vollquatschen möchte.
Dass auf der Doppel-CD mit einer Ausnahme die gleichen Songs enthalten sind, mag man bedauern, aber auch nachsehen. Denn egal ob in Orchester- oder Quartett-Version, die Songs schwelgen herrlich in einem nostalgisch inspirierten Sound zwischen dem Hollywood der 40er-Jahre, Fifties-Crooner-Jazzpop, 60er-Schmalz à la Bacharach und herzerwärmender Stan-Getz-Melancholie. Und auch die Auswahl der Songs ist hin und wieder vielleicht etwas unspektakulär: Jacques Brels "If You Go Away (Ne Me Quitte Pas)", "In The Wee Small Hours Of The Morning", am bekanntesten sicherlich in der Sinatra-Version, und "Smoke Gets In Your Eyes" einmal mehr zu interpretieren, ist sicherlich nicht unbedingt nötig. Man merkt eben doch ein bisschen, dass Streisand all dies nicht mehr unbedingt machen muss. Es aber dank ihrer wunderbaren Stimme immer noch bestens kann.