Frankie Say Greatest

Frankie Goes To Hollywood galten als Band für Nicht-Akademiker, als Produkt der Massenmaschinerie, die damals, Anfang der 80-er, gerade erfunden war. Und Produzentengott Trevor Horn, der später Seal und Robbie Williams zu Megastars hochschraubte, wusste schon damals, wie man Massen bewegt. Er generierte als einer der Ersten konsequent und so gut wie ausnahmslos gesampelte Instrumente, wusste schon früh, wie man bombastische Breitwandsounds, maskuline Kraftmeierei und sülzeweiche Glibbersoßensounds unter einen Hut bringt. Streng genommen war Horn eigentlich auch Frankie Goes To Hollywood, so wie er den Sound der Band prägte.

So schnulzten Frankie Goes To Hollywood sich einerseits ungeniert durch "Ferry Cross The Mersey" mit computergenerierten Kirchenorgeln, schlitterten auf Tränenspuren durch die Gutmenschenballade "Is There Anybody Out There" mit pappsüßen Sequencer-Streichern oder weinten "The Power Of Love". Auf der anderen Seite schockierten sie mit sexuell motivierten Texten à la "Tag" und "Relax", strotzten martialisch-viril auf dem Antikriegssong "Two Tribes", rumpelten durch "War", "Warriors Of The Wasteland" und rockten auf "Rage Hard".

Die ungeheuere Vermarktungsstrategie mit Merchandising, Computerspielen und Videodrehs steckte damals noch in den Kinderschuhen, wurde bei Frankie aber mit vollen Händen ausgeschöpft. Das Konzept ging auf, keiner fragte, ob die Musik gut oder schlecht sei, die Band aber schaffte es mit den ersten drei Singles ("Relax", "Two Tribes", "Power Of Love") auf Platz eins der Charts durchzustarten. Und das trotz des Bannstrahls der Radiosender, die "Relax" anfangs wegen "zu schwuler Texte" boykottierten.

Bereits 1987 stritt sich die Band derart, dass sie sich auflöste. Kurz danach wurde bekannt, dass Holly Johnson und Paul Rutherford homosexuell sind, was einigen Fans die Texte und den ambivalenten Mix aus Männerkitsch, bombastisch-militantem Stil und Schnulzen erklärte. Andere unkten, Frankie Goes To Hollywood hätten gar keinen Stil, denn noch später kam heraus, dass Trevor Horn exakte Vorstellungen davon hatte, wie die Band klingen sollte. So war auf den ersten Singles "Relax" und "Two Tribes" außer der Stimme von Holly Johnson kein weiteres Bandmitglied zu hören, deren Rolle übernahmen die Samplings und Studiomusiker.

Welcher Skandal damals größer war, lässt sich im Nachhinein kaum noch sagen. Sicher ist: Die Band ist ein Teil der Musikgeschichte geworden. Diese Doppel-CD mit allen wichtigen Songs und einigen Remixen (unter anderem eine 16-Minuten-Version von "Relax") weckt Erinnerungen an die harten Grabenkriege zwischen der analogen und der digitalen Musikerfraktion in den 80-ern und klingt in der Retrospektive tatsächlich gar nicht so schlecht. Ein Must-Have für 80er-Nostalgiker.