Bloc Party

Der nötige Ernst im Spiel


Intimität, Intellekt und Ideenreichtum: Bloc Party bleiben der britischen Konkurrenz weit voraus

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Der nötige Ernst im Spiel

Intimität, Intellekt und Ideenreichtum: Bloc Party bleiben der britischen Konkurrenz weit voraus

24.10.2008 Bloc Party stellen inzwischen ihre eigenen Spielregeln auf. Drei wegweisende Platten in drei Jahren. Dazwischen eine Single wie das Verwirrung stiftende "Flux", bei dem die Gitarrenrockband auf einmal mit trancigem Euro-Dance experimentierte. Und im August dieses Jahres die Vorabveröffentlichung von "Intimacy" im Internet mit der Single "Mercury" als Vorboten ihres dritten Albums. Dort zu hören: eklektische Melodieanordung, ratternde Drumrhythmen und die unmittelbare Stimme Kele Okerekes. Die Single klang noch nach dem Sound, der Bloc Party 2006 so schnell bekannt gemacht hatte. Es war aber auch noch etwas anderes zu hören: "Mercury" war kälter, schwerer, als hinge ein Eisblock an den bekannten Melodien, der das Lied nach unten zieht. Aber für Bloc Party ist das Spiel voller Ernst, wie sich im Interview mit Sänger Kele Okereke herausstellt.

Denn die Stimmung auf "Intimacy" ist zwar abgerundeter als auf den anderen beiden Alben, gleichzeitig aber weniger optimistisch, manchmal weht eine eisige Kälte um die Ecke. Dem stimmt Okereke zu: "Wir haben keine wirklich fröhlichen Lieder eingespielt, zur gleichen Zeit ist aber ein Sound entstanden, der voller, stimmiger und stärker ist. Bestimmt sind wir auf 'Intimacy' auch nachdenklicher." Für die Entscheidung hingegen, viele der Songs schon zwei Monate vor offiziellem Albumstart in einer quasi abgespeckten Version legal im Internet erhältlich zu machen, brauchte keine es keine langen Überlegungen: "Es ist für uns vollkommen normal, dass wir das gemacht haben", sagt Okereke. "Die im Internet veröffentlichte Version entspricht ja nicht komplett der Platte, die jetzt erscheint."

Bloc Party - N

Nicht nur der Vertriebsweg ist zeitgemäßer, auch die Produktion des Albums fällt zukunftsweisender aus als die bisherigen Produktionen des Quartetts aus London. Sah es noch vor drei Jahren so aus, als könnte man Bloc Party in den Hype der Bands einreihen, die sich wie Franz Ferdinand an Gang Of Four abarbeiten und immer wieder neue Spielarten der alten Postpunk-Gassenhauer präsentieren würden, sind die meisten Songs auf "Intimacy" nicht nur düster und elektronisch, sondern auch viel weniger direkt als auf den ersten beiden Alben. "Wir wollten einfallsreiche Musik machen, nicht immer das gleiche", erklärt Kele Okereke. Und freut sich über die bisherigen Reaktionen auf "Intimacy", die das Album als fortschrittlich loben. "Es gibt zur Zeit nicht besonders viel Musik, die gut ist. Ich mag die Art wie R'n'B produziert ist, aber trotzdem sind das Lieder, die Leute ansprechen, die sich sonst nicht für Musik interessieren. Ich hab in letzter Zeit wenig Interessantes gehört, aber immer mal wieder alten IDM und Trance, den unser Schlagzeuger Matt Tong früher gern mochte."

Das dürfte dann auch erklären, warum auf ihrem neuen Album Electro nicht nur als weiteres Stück im eklektischen Mosaik ihrer Musik fungiert, sondern die Basis ihres neuen Sounds ist. Auf "Intimacy" können Bloc Party endlich so etwas wie eine eigene Ausdrucksform formulieren.

Bis dato schien sich die Band selbst nicht sicher gewesen zu sein, wie sie klingen wollten. "Intimacy" fängt zwar noch die tanzbare Wildheit von "Silent Alarm" und die urbanen Erzählungen von "Weekend in the City" ein, wächst aber über beide hinaus; die Band findet ihre eigene Stimme: "Wenn ich heute auf unsere beiden ersten Alben blicke, sehe ich genau, wo die Fehler waren: An manchen Stellen wollten wir zu viel auf einmal sagen, dann wieder war uns nicht ganz klar, wie wir etwas ausdrücken können und haben besonders auf 'Weekend In The City' manchmal zu viele Kompromisse gemacht. Nicht, dass man das falsch versteht: Ich mag die beiden Alben sehr gerne, aber wir waren eben am Anfang unseres Lernprozesses."

Aber nicht nur die Ausdrucksweise, auch der Produktionsprozess der Band, die das Album während und nach der Tour geschrieben hat, ist dem elektronischer Musik ähnlicher geworden. Bloc Party treffen sich nicht mehr in einem Bandraum und proben, sondern sie reden über ihre Ideen, schicken sich produzierte oder gesampelte Soundschnipsel per E-Mail hin und her, bis die Idee zu einem Lied steht und Kele Okeleke die Texte fertig stellen kann.

Bloc Party - B

Die Collagenhaftigkeit früherer Liedtexte hat Kele Okereke auf "Intimacy" als Stärke beibehalten, die Sprechposition selbst ist aber verwischter und undeutlicher: "Ich hab meine Gedanken und Texte mehr gemischt: Meinungen, Assoziationen, Gedanken wie Puzzlestücke behandelt und wenn die Aussage zu konkret war, habe ich versucht, die Sätze noch mal zu mischen. Dabei sind teilweise neue Aussagen entstanden, meistens aber ein Sinn, den ich anders nicht besser hätte formulieren können." Dazu passt auch, dass sie sich in ihren Liedtiteln, die häufig aus der griechischen Mythologie stammen, diesmal gewollt unkonkret halten: "Erst waren das verschiedene Arbeitstitel von Musikmotiven, später wurden es die Liedtitel selbst. Aber sie haben wirklich gar nichts zu bedeuten." Anders als Kele Okerekes Stimme, die er inzwischen bewusster einsetzt: Er singt, ruft, bricht ab, fällt in die Melodie ein: Sie wird nicht bloß als Transportmittel, sondern als ein Produktionsmittel, quasi als weiteres Instrument, eingesetzt.

Das alles macht "Intimacy" zu einer Platte, die man mehrmals hören muss, bevor man sie begreifen kann. Die tanzbaren Hits sind besser versteckt, dafür ist die Platte aus einem Guss, intellektueller im Sound und den Texten. Aber genau das zeichnet Bloc Party 2008 mehr aus denn je: Sie machen Ernst im Spiel.

Bloc Party auf Deutschland-Tour:

09.02.09, München, Tonhalle

14.02.09, Berlin, Columbiahalle

17.02.09, Cologne, Palladium

Bloc Party - B

16.02.09, Dresden, Alter Schlachthof

21.02.09, Hamburg, Docks ~ Nina Scholz (teleschau)


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