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"Ich halte mich nicht für Gott"


Razorlight-Sänger Johnny Borrell räumt mit Vorurteilen auf

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"Ich halte mich nicht für Gott"

Razorlight-Sänger Johnny Borrell räumt mit Vorurteilen auf

20.02.2009 Ist Johnny Borrell gelangweilt? Im Gespräch lässt er Fragen zu seiner Person lange im Raum stehen, antwortet teilweise einsilbig. Aber eigentlich ist es schon erstaunlich, dass sich der Sänger und Frontmann von Razorlight überhaupt noch Journalistenfragen stellt. Denn auch bei "Slipway Fires", dem dritten Album des englisch-schwedischen Quartetts, haben sich britische Medien wieder voll und ganz an ihm persönlich entzündet. Er sei arrogant, überheblich, überambitioniert oder einfach nur lächerlich, stand dort in den durchweg mäßig begeisterten Albumkritiken und Artikeln zu lesen. Und auch wenn Borrell sich nach eigener Aussage inzwischen nicht mehr darum schert, was Journalisten so alles über ihn behaupten und ihm an Aussagen in den Mund legen, wird im Laufe des Gesprächs klar, dass er davon nicht gelangweilt, sondern mehr als genervt ist. Und richtiggehend sauer wird. Denn eigentlich will er einfach nur der Sänger in einer Rock'n'Roll-Band sein.

Und wenn man will, dann ist das Schaffen von Razorlight, das Auftreten und Verhalten von Johnny Borrell genau auf diese extrem vereinfachte Formel zurückzuführen. Klar, der Sänger machte mit selbstverliebten Statements wie "Ich bin der beste Songwriter meiner Generation" Furore, posierte selbstverständlich im Mai 2007 mit nacktem Oberkörper zusammen mit Supermodel Natalia Vodianova auf dem Cover der Modezeitschrift "Vogue" und inszeniert sich bei Konzerten gerne als Sexsymbol. Ob diese Umstände Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zulassen, kann aber wohl niemand mit Sicherheit sagen. Fest steht nur: Borrell spielt den narzisstischen Rockstar-Frontmann mit voller Überzeugung und für sein Publikum jederzeit überzeugend.

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Aufgrund dieser Tatsache bleiben und sind Razorlight - vor allem in ihrer Heimat - eine Wahrnehmungsfrage. So hat sich nach dem Riesenerfolg ihres zweiten Albums "Razorlight" auch "Slipway Fires" auf der Insel bestens verkauft. Und beäugen Kritiker weiterhin ihren Werdegang von der "glaubwürdigen" Indie-Band aus dem engeren Libertines-Umfeld zu weltweit bejubelten Rockstars - zum Zeitpunkt des Gesprächs ist Borrell gerade auf dem Weg zum Flieger nach Japan - mehr als skeptisch.

Sich über die schlechte Presse aufregen, will Borrell im Interview zunächst nicht: "Das ist völlig irrelevant für mich. Es gibt Leute auf der Straße, die stehlen müssen, nur um zu überleben. Ich hab' doch alles. Du wirst mich nicht dazu bringen, mich über mein Leben zu beschweren." Auch über das öffentliche Bild, das von ihm gerne gezeichnet wird, hat er kaum mehr als knappe Erwiderungen übrig. Arrogant? "Wenn das eine Wahrnehmung von mir ist, dann ist sie nicht zutreffend". Sich selbst zu ernst nehmend? "Ich lache über alles. Das muss man auch. Gerade wenn du in einer Rock'n'Roll-Band bist. Das kann man doch nicht allzu ernst nehmen." Zu sehr von sich selbst überzeugt? Gar unfehlbar? "Nicht jeder Song, den ich schreibe, ist perfekt oder annähernd so, wie ich es gerne hätte. Aber deswegen mache ich ja auch immer weiter."

Borrell hat hörbar keine Lust, über diese Unterstellungen zu reden. Aus seinen Antworten spricht im Verlauf des Interviews allerdings nicht mehr nur Langeweile, sondern zunehmend richtige Wut. Mit seiner (angeblichen) Aussage in der Tageszeitung "Daily Star" konfrontiert, er sei nicht glücklich über die Kritiken zu "Slipway Fires", seiner Meinung nach hätten die Leute dem Album keine Chance gegeben, schlägt seine Stimmung um. "Das hab ich niemals gesagt!", meint er wütend. "Und jeder fragt mich danach!" Eine weitere Missinterpretation bringt das Fass Borrell dann zum Überlaufen. Eigentlich will man nur wissen, wie er selbst seine (Führungs-)Rolle innerhalb der Band sieht, die neben ihm, dem Hauptsongwriter, schließlich noch aus drei weiteren Musikern besteht. Ob er sich selbst als Anführer von Razorlight sieht.

Daraufhin bricht es aus ihm heraus: "Schau, ich habe immer immer immer, die ganzen letzten vier Jahre jedermann erzählt, dass nicht nur ich in dieser Band bin. Denn wir sind eine Band. Vier Leute. Und nein, ich halte mich nicht für Gott. Ich glaube nicht, dass ich irgendwie besonders bin. Oder clever. Ich glaube nicht, dass wir mehr sind als irgendeine andere Rock'n'Roll-Band. Aber ich glaube, dass wir eine verdammt gute Rock'n'Roll-Band sind. An manchen Tagen können wir sogar eine großartige Rock'n'Roll-Band sein. Wir lieben das, was wir tun, gehen raus, tun es. Wir rennen auf der Bühne herum, und jedes Mal, wenn wir spielen, sind wir mit vollem Herzen dabei. Danach steigen wir in den Tourbus, in Flugzeuge, trinken Bier, gehen aus, feiern Partys, spielen wieder Konzerte, haben Spaß. Denn wir sind eine Band. So einfach ist das. Und genauso ist das auch bei Snow Patrol, den Kings Of Leon, den Rolling Stones, bei jeder anderen verdammten Band, die verdammt noch mal existiert."

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O.K., verstanden. Egal, was alle anderen sagen: Razorlight sind nur eine Rock'n'Roll-Band. Mit einem Sänger, der weniger überheblich zu sein scheint, als viele annehmen. "Sorry, dass ich jetzt so angepisst war", verabschiedet er sich. Er muss in den Flieger nach Japan. Vielleicht lassen sie ihn dort ja einfach nur Rockstar sein. ~ Stefan Weber (teleschau)


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