Chick Corea Songbook

Schließlich sind MT diejenigen, die über Nacht damit berühmt wurden, dass sie 1979 Weather Reports ungewöhnliches Fusion-Stück "Birdland" vertexteten, einsangen und damit eine so nie gekannte Symbiose von Vokalchor und Jazz eingingen. Unzählige Jazz-Grammys und die Hochachtung der Kollegen folgten. Verständlich also, dass Chick Corea begeistert von der Idee war, seine komplizierten Songs im wohlklingenden Gewand der vier schönen Stimmen und vor allem in den raffiniert-anspruchsvollen Arrangements der kreativen Schönsänger zu hören.

Bandleader Tim Hauser: "Neben Klassikern wie 'Spain' und 'Armando's Rhumba' entschieden wir uns für einige obskure Stücke". Eine echte Herausforderung. Wie beispielsweise soll man Coreas hüpfenden, lustigen "Pixiland Rag" singen, der öfter die Tonart wechselt als manche Partyblondine ihre Männer? Die Antwort von MT: So wie Corea ihn spielt, nur mehr: Tonartwechsel, Hüpfen, Tonartwechsel. Einzig das Tempo des als "Ragtime in Pixieland" neu benannten Stückes wird ein wenig gedrosselt. Zugleich bricht das Orchester meisterhaft in Coreas frühere Schlichtheit ein und zaubert aus dem Ragtime einen humorigen Musical-Hit mit Anspruch.

"Children's Song Nr. 1" konzeptionierte Corea als meditatives Stück über ostinater Begleitung, für das ihm zwei Finger der rechten Hand reichten. Manhattan Transfer modifizierten ihn zu "La Chanson Du Bébé" und sangen jede einzelne Note nach. Dann fügten sie sogar noch neue hinzu. "Ich bin immer noch überwältigt von der Unterstützung, die wir von Chick erfuhren, als wir diese Reise antraten", freut sich MT-Sängerin Cheryl Bentyne. Denn Corea hat der Platte mit seiner neuen Komposition "Free Samba", die das Tribute-Album ein- und ausläutet, noch ein wenig zusätzlichen Glanz verliehen. Zudem setzt er sich dafür auch gleich noch selbst ans Klavier.

Es ist aufwühlend, dieses Album, anstrengend, und das, obwohl man dem entspannten Gesang in keiner Sekunde die Beanspruchung anhört, die hinter diesen verflochtenen, verschlungenen und verzwickten Arrangements steckt. Dennoch weiß man, dass sie da war, da sein musste. Ein unglaublicher Kraftakt, sich in die schwierige Materie einzuarbeiten. Die vier New Yorker haben dabei einen so virtuosen, meisterhaften, modernen und nostalgiefreien Ton getroffen wie nie zuvor. Chapeau!