Blueprint 3

Nun kann Kanye West es auch dann, wenn der Hintergrund ein eher organischer ist - das weiß man von seinen ersten Platten. Ein bisschen dieses Conscious-Spirits findet sich auch auf den von ihm produzierten Tracks, zuforderst im ihn auch als Rapper präsentierenden "Run This Town". Dass die Gitarren hier ganz schön nervös sind, dass West, der schon vor acht Jahren am epochalen "The Blueprint" mitwirkte, durchaus rough arbeitet, fällt hier kaum auf - weil die von Rihanna gesungene Hookline das Stück routiniert Richtung Pop schiebt. Die andere Queen des R&B macht's noch besser: "Empire State Of Mind" ist ein Duett mit Alicia Keys und eine ebenso breit angelegte wie referenzhafte Hymne über den Big Apple. Höhepunkt des Albums ist ein Track, der sich auf ganz ähnliche Weise an der Vergangenheit abarbeitet: In "A Star Is Born", einem Duett mit dem auf Jays Label Roc Nation unter Vertrag stehenden Rapper J. Cole, findet sich quasi ein Abriss der HipHop-History von den frühen 90er-Jahren bis jetzt - kann man schon mal machen.

Bemerkenswert ist, dass Jay-Z sowohl in Sachen Gästeliste als auch in Sachen Produktionsniveau stets Champions League bleibt. Bemerkenswert ist aber auch, dass er den Anschluss nicht verliert, trotz einer zweiten Laufbahn als Geschäftsmann im Biz und seines fortgeschrittenen Alters immer nah am Untergrund bleibt. Klar, dass Geld hier so gar keine Rolle spielt, merkt man ebenso wie seine großartige Vernetzung. Neben der HipHop-Crème finden sich auch Künstler wie Kid Cudi (großartig: "Already Home), die im Graubereich zwischen klassischem Rap und Electro arbeiten und Pop-Interpreten wie Kanye-West-Protegé Mr. Hudson oder Luke Steele von der australischen Prog-Band Empire Of The Sun. Es produzieren unter anderem West, die Neptunes, Timbaland und - am schwächsten - Swizz Beatz. Zitiert werden nicht nur die üblichen Funk- und Soul-Einflüsse und der bei Jay-Z immer schon stattfindende Rock, sondern auch Alphaville mit "Forever Young". Gewitzt wirkt das immer, anstrengend ist es nur selten - und eigenartigerweise näher am ersten "The Blueprint" als an der 2002 erschienenen Feature-Schlacht "The Blueprint 2". Manchmal braucht's eben ein bisschen.