Heinz Rudolf Kunze

Prinzip Auflehnung


Heinz Rudolf Kunze veröffentlicht sein neues Album - und lächelt öfter als früher

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Prinzip Auflehnung

Heinz Rudolf Kunze veröffentlicht sein neues Album - und lächelt öfter als früher

30.01.2009 Ja, RTL hat angefragt. Ob er nicht mit nach Australien mag, ins Dschungelcamp. "Sie haben mir sogar Ausschnitte aus renommierten Zeitungen beigelegt, die Positives an der Sendung fanden." Heinz Rudolf Kunze hat abgelehnt. Klar. "Den Job von Dirk Bach würde ich übernehmen, aber in die Scheiße da unten lege ich mich nicht." Dennoch: In gewisser Weise hat der Rock-Protestler es sich selbst zuzuschreiben, dass RTL auf solch eine Idee kommt.

Es ist der alte Kunze, der da sitzt, der grübelt, fein formuliert. Doch sein gesamtes Umfeld ist neu, und man mag annehmen, dass er auch deshalb häufiger lächelt als früher. Neue Bandzusammensetzung, neues Management, neue Frau - "Gabi hatte sehr wohl ihren Einfluss." Die Liebeslieder, sagt er, seien nun andere, aus sich selbst neu geschöpft. Früher sei bisweilen die Fantasie gefragt gewesen. "Protest" heißt das neue Album des 52-jährigen Literaten, Sängers, Künstlers. "Längere Tage" ist der Titel der Single-Auskopplung, und er ist ein gutes Beispiel für die Liebes-These. Mehr Zeit zu zweit wünscht er sich darin. "Leise Musik", "rauschende Blicke", "mehr Langsamkeit".

Heinz Rudolf Kunze - D

Kunze hat sich ein zweites Mal von seinem langjährigen Wegefährten Heiner Lürig getrennt. Es sei zu Differenzen zwischen ihm und "meinen Hamburger Jungs in der Band" gekommen. "Und an die Jungs glaube ich einfach." Sieben der 15 Lieder für die neue CD haben sie beigesteuert. "Sie konnten plötzlich komponieren. Sogar mein Schlagzeuger hat komponiert." Dennoch soll es mit Lürig weitergehen. "Wir arbeiten schon zusammen an einem neuen Shakespeare-Musical." Zwei gibt es bereits, 2010 soll das nächste folgen.

Nun aber erst der Ton und Wort gewordene "Protest", mit dem Kunze in diesem Jahr auch auf Deutschland-Tour geht. Aber: Kein Krieg in unserem Land, Wohlstand, ein geordnetes Sozialsystem. Verglichen mit anderen geht es Deutschland gut. Warum sollten wir protestieren? Kunze antwortet mit einem Dylan-Zitat. "Er wurde mal gefragt, warum er keine Protest-Songs mehr schreibt. Und er antwortete: Alle meine Songs sind Protest-Songs." Auflehnen als Prinzip. Sogar seine Liebeslieder seien, obwohl sie eine Hommage an die Gegenwart sind, doch nichts anderes als Protest gegen andere Befindlichkeitszustände.

"Doch am liebsten protestiere ich gegen das Unabänderliche. Gegen den Tod zum Beispiel." Sinnlos, klar. Aber immerhin kultiviert er den Aufstand als solches, der früher - in den 70-ern - ja noch en vogue war. "Wobei: Wenn ich heute darauf schaue, war zum Beispiel der Protest der Menschen auf den Straßen gegen den NATO-Doppelrüstungsbeschluss falsch. Letzten Endes hat er uns mehr Frieden gebracht." Die 68er-Generation, gerade auch die Künstler, hätten damals schmerzhaft erfahren, dass sie nicht wirklich etwas ändern können in der Gesellschaft. Viele hätten daraufhin die Lust am Protestsong verloren. Aber Kunze will weitermachen und sich wenden gegen "Gleichgültigkeit, Einerlei und Niveaulosigkeit". Wann immer es möglich ist, zitiert er dazu. Gerne eben Dylan, aber auch Heine. Und wenn er irrt, wie damals bei Kanzler Schmidt, dann ist es eben so.

Wer auf Kunzes Fanpages stöbert, erkennt eine verwirrte Anhängerschaft. In den vergangenen Monaten tat er Merkwürdiges: Er trat bei der ARD-Krankenhausserie "In aller Freundschaft" auf, machte mit beim "Promi-Dinner" und bei der Qualifikation zum Grand Prix. "Und vergessen Sie mir die Schnee-Show mit Hugo Egon Balder bei Sat.1 nicht." Er trat als Team mit Volker "Zack" Michalowski bei einigen Winterspielchen an. "Und stellen Sie sich vor: Wir haben sogar gewonnen." Das alles, sagt er glaubhaft, "hätte ich wirklich auch schon früher gemacht. Nur da hat mich eben keiner gefragt."

Heinz Rudolf Kunze - D

"In aller Freundschaft" fußt auf seinem Interesse an der Schauspielerei. Aufgrund von persönlichen Kontakten zur Redaktion ergab sich die Möglichkeit. "Ich glaube, ich habe noch nie so hart gearbeitet wie in diesen beiden Drehtagen." Als er die Einladung zum "Promi-Dinner" erhielt, habe er sogleich darauf hingewiesen, dass er selbst nicht kochen kann und das seine Lebensgefährtin übernehmen müsse. "Aber das war ihnen egal." Zu Balder ging er, "weil Hugo Egon seine Kollegen nicht vorführt. Ich würde gerne auch mal zu 'Genial daneben' gehen. - Glauben Sie mir: Das alles machte mir einfach nur Spaß."

Dass es nicht zusammenpasst mit dem Image des Intellektuellen auf der Bühne, mit dem des Protest-Poeten, des Trash-Bekämpfers, lässt ihn einigermaßen ungerührt. Zumal solche Engagements natürlich auch ein Mehr an Popularität in einer bisher einigermaßen brachliegenden Zielgruppe mit sich bringen können. "Das ist sicher ein positiver Nebenaspekt."

Was Wunder also, dass ihn RTL denn auch in den Dschungel schicken wollte. Die Absage folgte prompt, wobei man sich das schon gut vorstellen könnte: Kunze nicht mehr nur der Künstler, sondern auch der vorgeführte Lebens-Künstler im australischen Dschungel? Das hätte was gehabt.

Doch ein solches Forum will er dann doch nicht nutzen. Er arbeitet weiter an Kleinkunstprogrammen, plant ein neues musikalisches Hörbuch (das erste hieß "Kommando Zuversicht"), auf dem er neben Texten auch Songs veröffentlichen wird, die es nicht auf die aktuelle CD schafften. Und er will sich weiter einmischen. Weniger gegen die Politik. Während seines dreijährigen Engagements in der Bundestags-Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" habe er erfahren, wie viele fleißige, engagierte Politiker es gibt. "In allen Parteien übrigens". Zu beneiden seien sie nicht. "Auch Obama tut mir leid. Es sind so viele Hoffnungen, die in ihn gesetzt werden, und er hat unglaublich viel aufzuräumen."

Sein Zorn richtet sich eher gegen die Wirtschaftsbosse, die sich persönlich bereichern, und gegen eine Justiz, die mit unterschiedlichem Maße misst, wenn da ein Reicher Dreck am Stecken hat und halbwegs ungeschoren aus der Sache rauskommt. Ändern wird Kunzes Protest auch hier nichts. Aber er gibt ihm eine Bühne. Tagesaktuell auf Kleinkunstbühnen, die er zu schätzen gelernt hat. Und dauerhaft als Musiker. "Lieder müssen länger ihren Wert behalten." Und die, die polarisieren, scheinen ihm die liebsten zu sein ... ~ Kai-Oliver Derks (teleschau)


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