1978 spielte die Musik bekanntermaßen ganz woanders. Über New York City und London war die Punkbewegung hinweggefegt. Und die ersten Post-Punk-Bands arbeiteten an einer systematisch fundierten Unterwanderung gängiger Rockkonventionen. Breitbeiniges Muckergehabe galt plötzlich als das, was es immer schon war: rückständig und albern. Rückblickend erscheint es somit nicht ganz zufällig, dass die US-Hardrocker Cheap Trick ihren größten Triumph just in jenem Jahr am anderen Ende der Welt feierten. "Budokan!", ein Konzertmitschnitt aus der gleichnamigen Kampfsporthalle von Tokio, wurde 1979 als Live-LP veröffentlicht. Zum Jubiläum erscheint die Sternstunde des Quartetts aus Illinois in der "30th Anniversary Deluxe Collector's Edition" auf DVD mit drei Bonus-CDs. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
Über den Hardrock der 70-er kann man sich natürlich trefflich amüsieren. Doch hatten Cheap Trick erfreulicherweise immer schon selbst genügend Humor. In Tokio zappelt Gitarrist Rick Nielsen wie eine Mischung aus Otto Waalkes und Angus Young über die Bühne. Drummer Bun E. Carlos hat die Ausstrahlung eines Supermarktfilialleiters. Und der Rest der Band wirkt wie die Blaupause für Rob Reiners Heavy-Parodie Spinal Tap. Cheap Trick auf ihren Witzcharakter zu reduzieren, wäre aber ebenso verfehlt wie im Fall von Madness. Denn das Quartett hatte auch immer höchst solide Popsongs zu bieten.
Als Bindeglied zwischen Heavy Metal, Punk und britischem 60er-Jahre-Pop werden sie gelegentlich bezeichnet. Klammert man den Punk vorsichtshalber aus, dann kommt das auch ungefähr hin. "Elo Kiddies", "Surrender" und der Überhit "I Want You To Want Me" sind feinstes Earcandy, das ohne zähe Rockismen und Soloorgien auskommt. Am verwaschenen 4:3-Vollbild darf sich der Fan indes nicht stören. Drei Bonus-CDs mit dem vollständigen Konzertmaterial sollten versöhnen wie auch ein großformatiges Poster in vollendeter Grässlichkeit.