Bryan Ferry

"Ein Roxy-Music-Album hätte mir Limitierungen auferlegt"


Bryan Ferry über Bassisten, Walfischgesänge und Kate Moss

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"Ein Roxy-Music-Album hätte mir Limitierungen auferlegt"

Bryan Ferry über Bassisten, Walfischgesänge und Kate Moss

29.10.2010 Einmal steht Bryan Ferry während des Interviews auf und blickt aus dem Fenster. "Es muss großartig sein, hier zu leben. All die weiten Flächen, all der Platz", sagt er und macht mit seiner Hand eine Bewegung, als würde er tiefe Täler vor sich haben. Dann muss er selbst ein bisschen lachen, denn der Raum, in dem das Gespräch stattfindet, liegt im dritten oder vierten Stock eines Hotelzimmers in Berlin. Man sieht also vor allem Wände, Schornsteine und Hinterhöfe. Aber: Selbst, wenn Ferry lacht, wirkt das nicht albern. Der ehemalige Vorsteher der legendären Roxy Music bewahrt in allen Lebenslagen Stil. Ein Dandy? Unbedingt. Das zeigt auch der Videoclip zu "You Can Dance", der ersten Singleauskopplung aus seinem neuen Album "Olympia" (VÖ: 22.10.).

Herr Ferry, das Video zu "You Can Dance" stellt eine Nachtclub-Szene dar. Die Band spielt, sie singen. Junge Menschen tanzen. Gehen Sie noch aus?

Bryan Ferry - F

Bryan Ferry: Um Gottes willen, diese Zeiten sind endgültig vorbei. Ich bin 65 Jahre alt. Mein Rücken würde das im Übrigen nicht mehr mitmachen.

Ihr letztes Album bestand ausschließlich aus Dylan-Songs, auch sonst coverten Sie bemerkenswert viel. Eine Reaktion auf Ihr langsames Songwriting?

Ferry: Vielleicht. Ich schreibe nun einmal nicht die ganze Zeit. In den frühen 70er-Jahren mag das anders gewesen sein, weil ich jeden Tag arbeitete. Das tue ich heute einfach nicht mehr.

Aber wie alt ist dann ein Song wie "You Can Dance"?

Bryan Ferry - D

Ferry: Ich fing vor etwa sieben Jahren damit an. Damals arbeitete ich mit Dave Stewart von den Eurythmics in einem Studio in der Nähe von Covent Garden. Später zog er sozusagen mit in ein Studio nach Frankreich um. Manchmal brauchen die Songs eben eine Weile. Und auf dem Album haben viele Musiker mitgemacht. Wahnsinnig viele. Das dauerte.

Mit Flea von den Red Hot Chilli Peppers, Primal-Scream-Mann Mani und Jazz-Legende Marcus Miller hatten sie gleich drei Bassisten ...

Ferry: Warum auch nicht? Denken sie doch einmal an ein Orchester. In einem Orchester spielen auch vier, fünf Bässe. Für eine junge Band, für vier Typen in einem Proberaum, ist das natürlich nichts. Aber mir gefällt die Vorstellung sehr viele Musiker auf meiner Platte zu haben, die jeweils ein bisschen was spielen, sehr gut. Ich bin eben der, der am Ende alles zusammenbringt. Und auch wenn ich mir manchmal denke, dass ich es gerne simpel halten würde, gefällt mir die so entstehende Extravaganz immer sehr gut.

Apropos Extravaganz: Wie kam denn die Zusammenarbeit den Scissor Sisters zustande?

Ferry: Die fragten ganz klassisch an. Als ich dann ohnehin in New York war, fuhr ich rüber nach Brooklyn und besuchte sie. Ihr Studio war echt verrückt. Im Prinzip schien das ein ganz normaler Wohnraum zu sein. Vielleicht sogar ein Schlafzimmer. Und so klein! Wenn wir jetzt sprechen, lachen sie immer noch über das Gesicht, das ich wohl machte, als ich das erste Mal hineinging.

Es gibt seit Jahren Gerüchte um ein Roxy-Music-Album. Sind die Lieder, die jetzt auf "Olympia" zu finden sind diejenigen, über die man munkelte?

Ferry: Ja, ich spielte mit der Idee, und einige dieser Stücke wären da draufgekommen. Sogar die beiden Coverversionen hatte ich schon als Roxy-Stücke im Kopf. Aber ich entschied mich dann dagegen. Ich wollte, dass dieses Album ein offenes Buch würde. Mit toller Rhythmusgitarre. Mit den Gästen, die ich mir vorstellte. Ein Roxy-Music-Album hätte mir Limitierungen auferlegt, mit denen ich nicht zurechtgekommen wäre. Ich liebe es, mit Roxy Music zu touren. Und es ist großartig, dass Phil Manzanera, Andy Mackay und Brian Eno auf diesem Album zu hören sind. Aber es konnte vom Klang her kein Roxy-Music-Album werden.

Liegt das womöglich daran, dass ihre Band Walfischgesänge ablehnen würde, wie sie bei "Song To The Siren" zu hören sind? Wie kamen Sie darauf?

Ferry: Nun, das war eine Heidenarbeit. Aber wissen Sie, ich forsche gerne. Wenn ich einen Klang gefunden habe, der mir gefällt, dann möchte ich, dass dieser den Weg auf meine Platte nur in seiner allerbesten Variante findet. Ich habe also viele, viele Bänder mit Walfischgesang angehört.

Mal ehrlich: Lässt sich so eine opulente Platte live umsetzen?

Ferry: Es ist schwierig. Es ist so wahnsinnig schwierig, die Band zusammenzustellen, weil man dabei zur Maßlosigkeit neigt. Ich brauche auf jeden Fall einen guten Rhythmusgitarristen. Dann Keyboarder. Langt einer? Oder nehme ich zwei mit, um sicher zu gehen. Dann ist da die Frage nach den Mädchen. Zwei Backgroundsängerinnen? Oder vier? Ich höre einfach ihre Stimmen so gerne, außerdem lachen sie, haben Spaß. Männliche Musiker sind immer so verbissen.

Überhaupt nicht verbissen sieht dagegen Kate Moss als Covergirl aus...

Ferry: Ich wollte zunächst einmal jemanden auf dem Cover haben, der wahnsinnig hübsch ist. Vor allem aber heißt mein Album "Olympia". Das ist ein Stadtteil von London. Das ist aber auch ein Bild von Édouard Manet, Sie werden es kennen. Auf diesem Bild wiederum sieht man diese Dame, die auf weißem Tuch liegt. Ein sehr modernes Bild für seine Epoche, weil die Dame nackt ist. Und zwar nicht nackt in einem akademischen Sinne, sondern in einem sehr weltlichen, sehr provokanten. Sie trägt Schuhe und eine Halskette, da sind Blumen, die ihr ihr Lover oder Kunde schenkte. Das war der Ausgangspunkt. Das Bild ist also quasi eine Coverversion.

Sagte Sie sofort zu?

Ferry: Oh, ja. Sie sagte "Nichts lieber als das - Ich wollte schon immer ein Roxy-Covergirl sein. Tatsächlich ist "If There Is Something" von unserem ersten Album einer Ihrer Lieblingssongs. Meine Söhne sind gut mit ihr befreundet, neulich unterhielt ich mich lange mit ihr auf einem Primal-Scream-Konzert. Sie hat ein sehr ausgeprägtes Interesse an Popmusik. Sie ist cool. Und das Shooting mit ihr war herrlich. Vor allem, weil so viele Bodyguards und Security-Männer da waren.

Wegen Kate Moss?

Ferry: Nun, eher wegen des Schmucks. Die Halskette stammt von einem Juwelier in der Bond Street, der auf alte Stücke spezialisiert ist. Dieses hier stammt aus dem 19. Jahrhundert. Das hätte nicht geklaut werden dürfen. ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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