Münchener Freiheit

Mit Puls 200 in der Folterkammer


Die Münchener Freiheit feiert ihr 30-jähriges Bandbestehen mit dem neuen Album "Ohne Limit"

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Mit Puls 200 in der Folterkammer

Die Münchener Freiheit feiert ihr 30-jähriges Bandbestehen mit dem neuen Album "Ohne Limit"

22.10.2010 Wir schreiben den 04. Oktober 1980: In einem Münchener Studio treffen Sänger Stefan Zauner und Gitarrist Aron Strobel - der Legende nach - das erste Mal aufeinander. Der Gedanke einer gemeinsamen Band wird geboren. Der große Durchbruch gelingt der Münchener Freiheit mit "Ohne Dich" (1985), mit englischsprachigen Versionen ihrer Songs eroberten sie später sogar die britischen Charts. Heute, 30 Jahre nach der Gründung, darf die Münchener Freiheit als eine der dienstältesten und erfolgreichsten deutschen Popbands aller Zeiten gelten. Von großen Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bandjubiläum wollen Zauner (58) und Strobel (52) im Interview aber nichts wissen. Statt eines fast schon obligatorischen Best-Of-Albums veröffentlicht das Quintett lieber mit "Ohne Limit" ein neues Studioalbum. An Anekdoten aus ihrer langen Bandkarriere erinnern sich beide dennoch gerne.

Die Münchener Freiheit feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Werden Sie feiern?

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Stefan Zauner: Naja, vielleicht werden wir alle zusammen aufs Oktoberfest gehen. Aber wir planen nicht, das großartig zu feiern.

An was erinnern Sie sich spontan bei 30 Jahren Münchener Freiheit?

Zauner: Ich stelle vor allem fest, dass die Jahre doch sehr schnell vorübergegangen sind. Wenn man wieder eine Anekdote von früher hört oder mal wieder in einer alten "Bravo" liest, dann hat man wieder eine Relation zu der Zeit. Aber so ... Wann war "Ohne Dich"? Letztes oder vorletztes Jahr vielleicht? Man hat keinen richtigen Abstand mehr dazu.

Hatten Sie während all der Jahre eigentlich jemals Zweifel an der Karriere als Musiker?

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Aron Strobel: Natürlich! Der Zweifel nagt immer an einem Künstler. Kurz vor unserem ersten Hit "Ohne Dich" überlegten wir beide ja auch schon, ob wir nicht ein neues Projekt mit englischen Texten starten sollten. Wir hatten sogar schon einen Namen. Wir hatten uns ernsthaft überlegt hinzuschmeißen. Aber dann schlug das Lied plötzlich ein ...

Zauner: Die Neue Deutsche Welle ging ja zu dem Zeitpunkt den Bach runter. Und wir hatten schon Befürchtungen, dass wir da mit untergehen. Aber mit "Ohne Dich" wurden unsere Zweifel dann samt der Neuen Deutschen Welle runtergespült (lacht).

In diese Zeit fielen auch die ersten Auftritte in der ZDF-"Hitparade". Herrschte damals eigentlich starkes Konkurrenzdenken zwischen den Künstlern? Oder war das eher eine familiäre Angelegenheit?

Zauner: Sowohl als auch. Es gab natürlich Konkurrenz, aber man feierte eben auch gemeinsame Partys. Solche Abstürze wie damals im Steigenberger Hotelbar, mit sämtlichen Künstlern, die auch in der "Hitparade" auftraten ...

Strobel: Die Bar hieß nur "Todeszelle" ...

Zauner: Ja, das war eine kleine Bar, aus der niemand ungeschoren rauskam.

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Strobel: Insofern war die "Hitparade" schon sehr familiär. Aber man fieberte trotzdem extrem mit, ob man gewinnt.

Zauner: Also ich war damals immer auf Puls 200. Hinter den Kulissen, wo die Künstler alle saßen, den Raum nannten alle nur die "Folterkammer" ... (lacht)

Kamen mit dem Erfolg damals eigentlich auch Groupies?

Zauner: Die gab's natürlich. Zumindest jede Menge, die es probierten.

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Was war die schönste Fanaktion, an die Sie sich erinnern können?

Strobel: Es gab eine Frau, die uns einen Brief schrieb und darin erklärte, dass wir ihr mit unserer Musik über den Tod ihres Mannes hinweggeholfen haben. Das rührt einen natürlich schon.

Zauner: Ja, toll waren aber auch Fangeschenke aus Japan. Oder Begebenheiten, die wir inzwischen schon wieder verdrängt haben: Wir wohnten damals in Schwabing, Aron im dritten, ich im fünften Stock. Und manchmal standen dort schon viele Fans vor unserem Haus, die versuchten, uns mit Fotoapparat und Teleobjekt zu erwischen. Selbst im fünften Stock konnte ich eigentlich nicht unbekümmert auf den Balkon gehen.

Strobel: Mich hat ja mal eine ganze Schulklasse, so 50 Leute, am Chinesischen Turm im Biergarten entdeckt, wie ich gerade bei einer Maß Bier saß ... Aber das war alles noch im grünen Bereich. Und es hat ja auch Vorteile, wenn man erkannt wird: Man bekommt beim Bäcker größere Brezen! (lacht) Zumindest bildete ich mir das immer ein.

Haben Sie sich eigentlich gewundert, dass Ihr letztes Album nach vielen Jahren mit eher mittelmäßigen Platzierungen wieder in die Top Ten eingestiegen ist?

Strobel: Naja, wir überleben gerade zum dritten Mal. Zunächst kam das Ende der Neuen Deutschen Welle. In den 90er-Jahren dann die Umgestaltung der Radiolandschaft, als die dritten Programme auf einmal keine deutschsprachige Musik mehr spielten. Und jetzt eben der Rückgang der Verkaufszahlen bei Tonträgern. Es ist eben so, dass wir in Deutschland einen festen Stamm von Fans haben, das sind vielleicht 40.000, 50.000 Leute. Die kaufen sich unsere Platte, ohne sie anzuhören. Und davon profitieren wir, weil die Verkäufe insgesamt zurückgehen.

Die Verkaufszahlen heute sind ja auch kein Vergleich zu früher ...

Strobel: Eben. Ich erinnere mich noch an "Ohne Dich", da waren die Zahlen unfassbar hoch. Wir riefen jeden Tag bei der Plattenfirma an und fragten: Wie viele gingen heute raus? Und bei einer Zahl von 28.000 waren wir dann schon deprimiert ... (lacht)

Zauner: Aber nur weil wir am Tag zuvor 32.000 Exemplare der Single verkauft hatten ...

Gab es in all den Jahren eigentlich größere Streitigkeiten innerhalb der Band?

Strobel: Nein. Dadurch dass die Zeiträume zwischen Konzerten und Produktionen so groß sind, hängt man nicht so sehr aufeinander. Und wenn man sich sieht, dann freut man sich um so mehr.

Spielen Sie eigentlich noch gemeinsam Tischtennis, wenn Sie auf Tournee gehen?

Strobel: Heute nicht mehr. Aber früher hatten wir bei langen Tourneen tatsächlich eine Tischtennisplatte dabei. Die fuhr im Truck mit und wurde dann immer vor dem Soundcheck aufgebaut. Zur körperlichen Ertüchtigung.

Und wer gewann damals?

Zauner: Ich lag immer weit vorne, aber Aron hat auch ein paar Mal gewonnen. Die anderen haben wir auf jeden Fall geschlagen! (lacht)

Neben Tischtennis ist noch eine weitere Leidenschaft von Ihnen bekannt: Sie kochen gerne. Schauen Sie sich auch Kochshows im Fernsehen an?

Zauner: Naja, mittlerweile haben diese Shows ja überhandgenommen. Aber wenn irgendwo ein guter Koch zu Gast ist, dann schaue ich mir das schon gerne an.

Würden Sie bei einer Sendung wie "Das perfekte Promi-Dinner" mitmachen?

Zauner: Nein. Abgesehen davon hat das Promi-Dinner ja nichts mit Kochen zu tun. Aber letztens habe ich eine Folge gesehen, die ich sehr lustig fand. Meine Freundin nahm das sogar extra auf, das war ein Promi-Dinner mit dieser ... wie heißt sie noch ... Katzenbacher?

Daniela Katzenberger?

Zauner: Richtig, Katzenberger. Das habe ich mir von vorne bis hinten angesehen. Das war ... Naja, ich möchte die Dame jetzt nicht beleidigen. (lacht)

Sie lebten 18 Jahre auf Ibiza, sind inzwischen aber nach München zurückgezogen. Warum?

Zauner: Nun, das Leben ist so einfach ein bisschen überschaubarer. Denn die Fliegerei nahm mit der Zeit etwas überhand, vor allem dadurch, dass wir in den letzten Jahren sehr viel im Sommer gespielt haben, fast jedes Wochenende. Deswegen musste ich dann so 40 bis 50 Mal im Jahr fliegen. Live-Auftritte, komponieren, nebenbei produzieren und dann noch eine Finca mit einem großen Garten in Schuss halten ... Das war einfach zu viel.

Fühlen Sie sich eigentlich in München zu Hause? Das Interessante ist ja: Kein Mitglied der Münchener Freiheit ist gebürtiger Münchener ...

Zauner: Ich fühle mich hier auf jeden Fall zu Hause, ich bin ja hier aufgewachsen.

Strobel: Und der typische Münchner ist ja auch gar nicht unbedingt in München geboren. Gerade durch die Universität ist die Stadt ja eine Art Schmelztiegel. Und jeder würde gerne seinen Studienplatz tauschen, um nach München zu kommen.

Zauner: Wenn ich an einen typischen Münchner denke, dann denke ich an Monaco Franze. Dieses München, wie es damals in der Serie von Helmut Dietl dargestellt wurde, ein bisschen Schickeria, dazu auf der einen Seite Traditionsbewusstsein, auf der anderen Seite Internationalität, dieses München, das zwischen Minirock und Lodenmantel so ziemlich alles beinhaltet, das finde sehr sympathisch.

Der Umzug nach München hatte aber nichts mit Ihrer bevorstehenden Hochzeit zu tun, von der in einem Interview mal die Rede war?

Zauner: Nein. Und ich weiß auch nicht, wo das stand. Aber das ist wohl dem Sommerloch zuzuschreiben, in dem wieder jemand nicht wusste, was er schreiben soll. Davon abgesehen habe ich eine wunderbare Freundin, mit der ich mich sehr gut verstehe. Dass jetzt keine Hochzeit bevorsteht, soll nicht heißen, dass unsere Beziehung nicht funktioniert.

Auch ohne Hochzeit: Sind Sie denn generell ein Romantiker?

Zauner: Wenn Romantik auch einschließt, bei einem guten Glas Wein auf der Terrasse zu sitzen, dann bin ich der perfekte Romantiker.

Und in welcher Situation nicht?

Zauner: Wenn ich den Sternenhimmel anschaue. Denn ich weiß, dass ich dort oben nur lauter Sonnen sehe, die Milliarden von Lichtjahren entfernt sind.

Phil Collins sagte kürzlich, dass die zahlreichen Tourneen seine Ehen zerstört hätten. War Ihre Karriere jemals eine Belastung für Ihre Beziehungen?

Strobel: Ich glaube, dass es egal ist, ob ich nun Musiker, Bankkaufmann, Bauer oder Architekt bin. Meine Beziehung könnte ich gleichermaßen durch jede Tätigkeit belasten. Und die Frauen, die ich kennengelernt habe, wussten immer ganz genau, auf was sie sich einließen. Ich glaube, seine Beziehung kaputt machen kann man in jedem Beruf. Aber bei Phil Collins wollten die Frauen ja vielleicht auch nur an sein Geld ran und waren deshalb auf einmal weg ... (lacht)

Haben Sie denn in 30 Jahren auch schon mal ans Aufhören gedacht?

Strobel: Wie schon gesagt, in den 80er-Jahren mal kurz. Ansonsten ist das kein Thema für uns. Und wenn wir tatsächlich mal nicht mehr auftreten wollen, dann werden wir ohnehin nur darauf warten, dass uns jemand für ein Comeback-Konzert mehrere Millionen Euro bietet ...

So wie bei ABBA?

Zauner: Genau so machen wir das dann! Wie lange dauert das denn noch? (lacht)

Münchener Freiheit auf Deutschland-Tournee

21.10., Sinsheim/Eschelbach, Festplatz Eschelbach

02.11., Chemnitz, Stadthalle Chemnitz

03.11., Dresden, Kulturpalast

04.11., Halle, Steintor Varieté

05.11., Hamburg, Grosse Freiheit 36

06.11., Berlin, Tempodrom

07.11., Erfurt, Alte Oper

08.11., Düsseldorf, Savoy Theater

09.11., Köln, Gloria

11.11., Dortmund, Westfalenhalle

12.11., Naila, Frankenhalle

13.11., Stuttgart, Liederhalle

17.11., Augsburg, Spectrum

18.11., Kempten, Bigbox

19.11., München, Tonhalle

26.11., Ramstein-Miesenbach, Haus des Bürgers

27.11., Freiburg, Konzerthaus ~ Stefan Weber (teleschau)


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