Glasvegas

Der raue Charme der Arbeiterklasse


Die schottische Band Glasvegas schickt sich an, Oasis zu beerben

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Der raue Charme der Arbeiterklasse

Die schottische Band Glasvegas schickt sich an, Oasis zu beerben

23.01.2009 In Großbritannien gelten Glasvegas bereits als Superstars. Mit rauem Charme und hymnischen Melodien haben sich die vier Schotten in kürzester Zeit einen Platz unter den großen britischen Bands erspielt. Was durchaus erstaunlich ist, denn Glasvegas stammen nicht aus einer der Rock- und Popschaltzentralen wie Manchester, Liverpool oder Leeds, sondern aus Glasgows grimmigem Eastend. Und genau das macht es im Interview auch nicht leicht. Nicht, dass Sänger James Allan nicht freundlich wäre. Man versteht ihn nur einfach nicht. Der Kopf der neuen britischen Bandsensation spricht nämlich breitestes "Glaswegian", den gefürchteten Glasgower Dialekt, der für Ungeübte einigermaßen gewöhnungsbedürftig ist. Auch wenn er deshalb mal in große Augen gucken und Einzelheiten für sein Gegenüber wiederholen muss: Weder im Interview noch auf der Bühne legt er den Sound seiner Heimatstadt ab. Das ist schließlich eine Frage der Haltung. "Viele Bands aus Glasgow singen ihre Songs mit einer Art amerikanischem Dialekt", sagt er knapp. "Für uns ist das nichts."

Glasvegas tragen ihre Heimatstadt nicht nur im Namen, sie atmen sie aus jeder Pore. Und zwar nicht das angesagte Artschool-Glasgow, das Bands wie Franz Ferdinand und Belle & Sebastian vertreten. Glasvegas stehen für das echte Glasgow, für das Eastend, aus dem sie stammen, für graue Fassaden, rauchende Schlote und den rauen Stolz der Arbeiterklasse. "In Glasgow gibt es jede Menge Pubs und neben jedem steht ein Fish&Chips-Stand - und dann kommen gleich eine Apotheke und eine Anwaltskanzlei, für alle Fälle", sagt Rab Allan, James' Cousin und Gitarrist von Glasvegas, grinsend. Kein Zweifel, dass er und seine Mitstreiter dort jede dunkle Ecke kennen.

Glasvegas - O

Vielleicht ist es genau diese Prise Verwegenheit, die Glasvegas zur Band der Stunde macht und den einflussreichen "New Musical Express" dazu brachte, sie die "beste neue Rock'n'Roll-Band der Welt" zu nennen. Mit den vielen glattgesichtigen Nachwuchsbands im Abituralter, die in den letzten Jahren von der Insel kamen, haben sie jedenfalls wenig gemein mit ihren dunklen Haartollen, den stets schwarzen Klamotten und den Ray-Ban-Sonnenbrillen. Als einer der ersten hat das der schottische Musikmanager und Labelchef Alan McGee erkannt, der Mann, der ziemlich genau fünfzehn Jahre zuvor für eine junge britische Band namens Oasis entflammte und der bis heute als Entdecker der legendären Britpopper gilt. McGee gilt seither in Großbritannien als der Mann mit einer besonderen Spürnase für junge Talente. Seit er die noch völlig unbekannten Glasvegas bei einem Clubkonzert gesehen hat, wird er nicht müde, aller Welt zu erzählen, sie seien großartig, die beste schottische Band seit zwanzig Jahren. Mit Erfolg: Ihr Debütalbum "Glasvegas" stieg im Herbst aus dem Stand auf Platz 2 der britischen Charts ein.

"Natürlich ist das alles sehr schmeichelhaft", sagt Sänger und Songwriter James Allan. "Aber wichtig ist was anderes: Diese Songs sind jetzt draußen in der Welt. Sie sind Teil des Lebens von Leuten." Der Stolz auf diese Songs ist Allan deutlich anzumerken. Und tatsächlich schafft er mit Glasvegas einen Sound, der für etwas Neues steht: Bombastische Phil-Spector-inspirierte Wall-of-Sound-Arrangements und Feedback-Feste, die an The Jesus & Mary Chain erinnern, treffen auf unwiderstehlich harmonische Melodien und hymnische Hooklines. Seine klaren, unverschnörkelten Texte erzählen von den Problemen der Straße, von Vätern, die nicht da sind und dem Druck, dem man als Heranwachsender ausgesetzt ist. Die Songs von Glasvegas kann man im Plattenschrank zwischen The Smiths und Oasis einordnen - und sich in den größten Stadien vorstellen. Sie sind auf dem besten Weg dahin.

Angefangen hat dabei alles denkbar unspektakulär. James Allan hoffte ursprünglich auf eine Karriere als Fußballer und schlug sich auch ganz gut, bis sein Verein ihn etwas unfein rausschmiss. Mit einer Band wollte der langzeitarbeitslose Musikfan daraufhin sein Glück versuchen, und einen Namen hatte er schnell: Glasvegas sollte sie heißen, eine Mischung aus seiner eher düsteren Heimat Glasgow und der glitzernden Plastikstadt Las Vegas. Seinen Cousin Rab und dessen Schulfreund Paul Donoghue hatte er schnell überzeugt, als Schlagzeugerin engagierten die drei Caroline McKay, eine Verkäuferin aus dem Second-Hand-Shop um die Ecke. Die hatte zwar noch nie am Schlagzeug gesessen, war aber ebenso vernarrt in Musik wie die anderen und sah, sagt Allen, einfach aus wie ein Rockstar.

Zwei Jahre später sind Glasvegas beim Majorlabel Columbia Records unter Vertrag. Sie haben in Glastonbury gespielt, einen NME-Award gewonnen und gelten als einer der hoffnungsvollsten Newcomer des Jahres. In Transsylvanien haben sie eine Weihnachts-EP aufgenommen, in "schön gruseliger Atmosphäre", wie James erzählt. Und auf Tour begleiten sie jetzt Oasis, die großen Oasis, die auch einst von Manchesters Arbeitervierteln aus die Welt eroberten. Noel Gallagher sei begeistert von Glasvegas, heißt es.

Glasvegas - R

Ganz schön viele Lorbeeren für eine Band, die quasi aus dem Nichts nach oben geschossen ist. Hype hin oder her, die vier wirken ganz entspannt, scherzen über die wilde Tourbus-Party von letzter Nacht. Keine Angst davor, dass alles ganz schnell wieder vorbei sein kann? "Meine Mum wird mich dann immer noch lieben und mir sonntags Essen kochen", sagt James Allan. "Aber unsere Songs sind jetzt da. Die kann niemand mehr stoppen." Das Eastend von Glasgow ist jetzt vertreten auf der Rocklandkarte und zwar mit Stolz. Alles andere ist Kür. ~ Andrea Schmidt (teleschau)


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