Man würde es ihm ja wirklich gönnen: Einer der besten Songwriter seiner Generation, von der Muse geküsst und von den Massen missachtet, tritt mit seinem ersten Soloalbum seit vier Jahren an, endlich die Beachtung zu finden, die er schon so lang verdient. Die Vorzeichen stehen so gut wie nie für Brendan Benson: Mit den Raconteurs konnte er an der Seite seines Detroiter Kumpels Jack White, der mit den White Stripes zu beträchtlichem Ruhm gekommen ist, seinen Status als ewiger Kritikerliebling sprengen und zwei Alben und mehrere Tourneen lang als Co-Frontmann ungeahnte Erfolge feiern. ~ Michael Wopperer (teleschau) aufklappen »
Jetzt ist Brendan Benson, während Kollege White sich mit seinem neuen Projekt The Dead Weather beschäftigt, zum ersten Mal seit 2005 zum eigenen Kerngeschäft zurückgekehrt: dem schlauen, popgeschichtlich informierten, schmissigen Powerpop seiner Alben "One Mississippi", "Lapalco" und "The Alternative To Love". Und wie er gleich loslegt in "A Whole Lot Better", mit Schmackes, Charme und wilder Entschlossenheit, das macht eins gleich klar: Hier will es einer noch mal wirklich wissen - "Well, take a seat cause there's something I wanna say."
"My Old, Familiar Friend" ist muskulöser, wuchtiger und - ja tatsächlich - rockiger als der besinnliche Plattentitel und das Gerede von der "Rückkehr zum Singer/Songwritertum" vermuten ließen. Brendan Benson ist kein Freund dezenter Andeutungen, er schichtet verschwenderisch Unmengen melodiöser Refrains und eingängiger Gitarrenriffs übereinander, bis seine Songs zum Bersten gefüllt sind mit dem Stoff, aus dem großer Pop gemacht wird. Vom treibenden "Feel Like Taking You Home" bis zum mächtigen "Don't Wanna Talk", das so schamlos wie zuletzt nur die Fratellis in die Schunkelrock-Hochburg drängt wird hier alles getan, um bedingungslos mitzureißen, bis "Borrow" den Spaß zu einem stürmischen Finale bringt: "You won't have to borrow and you won't have to beg."
Brendan Benson ist auf "My Old, Familiar Friend" nach den archaischen Bluesrock-Eskapaden der Raconteurs wieder ganz in seiner Welt aus Costello-Spirit, Motown-Soul und McCartney-Pop (immer eher Wings als Beatles) angekommen und liefert einmal mehr den Radiopop für eine bessere Welt. Dass die Welt ihm diesmal folgt, ist nicht sehr wahrscheinlich, aber umso wünschenswerter.