Bobby McFerrin

60 Jahre im Glück


Bobby McFerrin veröffentlicht mit "Vocabularies" sein erstes Album seit acht Jahren

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60 Jahre im Glück

Bobby McFerrin veröffentlicht mit "Vocabularies" sein erstes Album seit acht Jahren

08.04.2010 Er ist wohl der einzige MTV-Star, der die weltweit besten Symphonieorchester zu dirigieren versteht. Bobby McFerrin, New Yorker Stimmartist, der 1988 mit "Don't Worry, Be Happy" einen der erfolgreichsten Hits aller Zeiten landete, ist der vielleicht seltsamste Popstar des 20. Jahrhunderts. Erst mit 27 Jahren begann der Sohn des ersten schwarzen Opernsängers an der Metropolitan Opera in New York mit dem Singen. Während auf den Straßen New Yorks Rap erfunden wurde, feilte McFerrin im stillen Kämmerlein jahrelang an seiner einzigartigen Sologesangstechnik. Sein Welthit von 1988 blieb ein Zwischenspiel. Der studierte Pianist arbeitete fortan mit Jazzgiganten wie Chick Corea und dirigierte 1990 zu seinem 40. Geburtstag sein erstes Symphonieorchester. Am 11. März wurde der zehnfache Grammy-Gewinner 60 Jahre alt. Seine staunende Fangemeinde beschenkt er nach acht Jahren Pause wieder mit einem neuen Album. Für "Vocabularies" arbeitete das Multitalent mit dem Komponisten Roger Treece und vielen einzeln aufgenommenen Stimmen, die erst im Studio zu einem virtuellen Chor zusammengesetzt wurden.

Vor wenigen Wochen haben Sie Ihren 60. Geburtstag gefeiert. Worüber haben Sie an diesem Tag nachgedacht?

Bobby McFerrin - E

Bobby McFerrin: Darüber, dass ich froh bin, am Leben zu sein. Ich bin gesund und schaffe es seit 40 Jahren, als Musiker mein Geld zu verdienen. Das macht mich ungemein glücklich und sehr dankbar.

Sie haben - soweit behauptet - niemals den Kontakt zur HipHop-Welt gesucht. Dabei stehen sich ihre Gesangstechniken und das Human Beat Boxing doch sehr nahe. Beides ist zudem in der zweiten Hälfte der Siebziger in New York geboren. Waren Sie nie von der Rap-Kultur beeinflusst?

McFerrin: Nein, ich hatte damit nie etwas zu tun. Man hat mir gesagt, dass einige HipHop-Künstler angeben, von mir beeinflusst zu sein, aber das habe ich nicht mitbekommen. Ich bewege mich nicht in diesen Zirkeln und weiß nicht viel über HipHop.

Es ist geradezu unglaublich, dass sie als schwarzer Musiker im New York der späten Siebziger nichts davon mitbekommen haben. Von wem fühlen Sie sich stattdessen beeinflusst?

Bobby McFerrin - P

McFerrin: Meine Einflüsse als Sänger, hm? Das ist schwer zu beantworten. Ich entdeckte erst 1977, da war ich 27 Jahre alt, dass ich ein Sänger bin. Die ersten zwei Jahre danach, in denen ich meinen Stil entwickelte, hörte ich mir keinen einzigen Sänger an. Ich hielt mich ganz bewusst fern von Sängern und dem, was sie tun. Ich wollte nicht beeinflusst werden.

Irgendwo muss die Idee doch herkommen, Ihren Körper als Perkussions-Instrument zu nutzen ...

McFerrin: Es ist alles aus mir heraus entstanden. Ich habe sechs Jahre lang geprobt und an meiner Gesangstechnik gefeilt, bevor ich auf die Bühne ging und mein erstes Solo-Konzert gab. Sechs lange Jahre!

Woran haben Sie die sechs Jahre gearbeitet?

McFerrin: Ich sang sehr viele Tonleitern, ich entdeckte Skalen für mich. Ich schrieb oder hörte Soli von Jazzplatten heraus und sang sie nach. Soli von ganz unterschiedlichen Instrumenten. Eines Tages sang ich ein solches Solo nach, führte instinktiv meine Hände zur Brust und benutzte meinen Körper als Trommel. Es war spontan, ich habe nie darüber nachgedacht. Auch nicht darüber, ob das noch jemand außer mir so macht. Mit der Zeit wurde das Trommeln auf dem Körper eine Art Begleitmusiker für meine Gesangsproben.

1988 sangen Sie "Don't Worry, Be Happy" - einen der bekanntesten Hits der Menschheitsgeschichte. Anstatt danach eine Karriere als Popstar zu forcieren, zogen Sie sich schnell in den Bereich der ernsthafteren Musik zurück. Konsequenter als jemals zuvor. Hatten Sie Angst vor dem Leben als Popstar?

McFerrin: Es hat mich einfach nicht besonders interessiert. Ich war damals 38 Jahre alt. Kurze Zeit später entdeckte ich das Dirigieren für mich. Ich arbeitete viel auf dem Gebiet der klassischen Musik. An meinem 40. Geburtstag dirigierte ich zum ersten Mal ein Orchester. Ich gründete ein Vokal-Improvisationsensemble namens "Voicestra" - das waren meine Ziele und Projekte in der Zeit danach.

Es gab also nie einen Plan B - Bobby McFerrin als Popstar?

McFerrin: Nein, den gab es nicht. Aber schauen Sie - alle meine Alben haben ein völlig unterschiedliches Konzept. Wie will man mit einer solchen Strategie ein Popstar sein. Das schließt sich einfach aus. Ich wollte keine Fortsetzung von "Don't Worry, Be Happy" singen.

Welches Verhältnis haben Sie zu dem Stück heute?

McFerrin: Ein Verhältnis, wie ich es zu meinen Kindern habe. Das Stück besitzt einen hohen Wert für mich. Ich singe es nicht mehr live ...

Seit wann?

McFerrin: Seit 1988 schon nicht mehr. Wissen Sie, ich habe das Stück etwa 500 Millionen Mal geprobt und gespielt, bevor es zum Hit wurde. Kurz danach wurde ich einfach müde es zu singen. Wenn heute das Publikum danach ruft, erkläre ich Ihnen einfach, warum ich es nicht mehr singen will. Ich wollte nie in eine Schublade geraten, deshalb war klar, dass ich den "Don't Worry, Be Happy"-Typen möglichst schnell hinter mir lassen musste.

1984 schafften Sie den Durchbruch mit dem Album "The Voice" - ein sehr puristisches Werk: nur ein Mann, seine Stimme, keine Overdubs. Ihr neues Album scheint das genaue Gegenteil zu sein. Haben Sie es satt, nur Ihrer Stimme zuzuhören?

McFerrin: "Vocabularies" ist in der Tat das genaue Gegenteil. Ein Album, das komplett durchkomponiert ist und auf dem 60 Sänger zu hören sind. Ich habe mein Leben damit verbracht, alleine zu singen. Dies war eine sehr interessante, neue Erfahrung für mich. Ich mochte es.

Was hat Sie an diesem Konzept besonders gereizt?

McFerrin: Ich wollte mit einem Komponisten arbeiten. Ich selbst kreiere zwar Songs, aber ich würde mich nicht als Komponisten bezeichnen. Das Konzept bestand darin, dass ein Komponist wie Roger Treece mein Material durchhört und es bewertet, zitiert, erweitert und für ein Ensemble von Sängern aufbereitet. Ich wollte sehen, ob das funktioniert.

Sie haben acht Jahre lang kein Album mehr gemacht. Kann es sein, dass Sie andere Dinge mehr interessieren?

McFerrin: Platten aufzunehmen gehörte nie zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Es macht mir heute sogar mehr Spaß als zu Beginn meiner Arbeit als Musiker. Mein erstes Album "Bobby McFerrin" von 1982 war für mich ein extremer Kraftakt. Ich hasste die trockene und kalte Studioatmosphäre. Ich mag es sehr viel lieber, vor einem Publikum zu singen. Feedback zu erhalten, ist für mich von zentraler Bedeutung beim Musikmachen. Studios waren immer feindlicher Ort für mich. Ich kann nicht sagen, dass ich Studioaufnahmen heute liebe. Aber ich habe mich daran gewöhnt.

Interessieren Sie sich heute mehr als früher für ein Genre namens Weltmusik? Auf Ihrem neuen Album sind Stimmen aus Afrika, Brasilien oder dem Nahen Osten zu hören...

McFerrin: Ich habe mich schon immer für alle Arten von Musik interessiert. Wenn ich auf Tour bin, lade ich immer Musiker aus den entsprechenden Ländern ein, um mit ihnen zu spielen. Das ist für mich eine fantastische Möglichkeit, etwas zu lernen. Es ist immer eine Herausforderung, an solch mitunter fremder Musik teilzunehmen. Ich versuche das, so gut ich kann.

Wenn Sie heute die weltweit bekanntesten Orchester dirigieren, tun Sie das auf eine bestimmte Weise, die sich von rein klassisch ausgebildeten Musikern unterscheidet. Für die meisten Menschen ist die Kunst des Dirigierens ja ein unergründliches Geheimnis ...

McFerrin: Ich dirigiere ein Orchester nicht viel anders, als das ein rein klassisch ausgebildeter Musiker tun würde. Ich habe Musik studiert, hatte auch Unterricht bei Dirigenten wie Leonard Bernstein. Das Geheimnis des Dirigierens besteht darin, dass du dir treu bleibst. Man muss vor allem aufrichtig sein. Am Anfang hatte ich keine Ahnung davon, wie ich mit einem Orchester proben soll, wie ich mit den Musikern reden oder sie inspirieren sollte. Aber letztendlich ist das die Frage, die sich alle Dirigenten stellen: Wie schaffe ich es, ein Orchester zu inspirieren?

Haben Sie noch Ziele als Musiker?

McFerrin: Ja, ich würde gern mit Eric Clapton singen. Auch mit James Taylor würde ich gerne einmal zusammenarbeiten.

Ist das ein Live-Projekt oder planen Sie, mit diesen Künstlern eine Platte aufzunehmen?

McFerrin: Es gibt kein Projekt. Ich habe Ihnen nur meinen Traum geschildert. Aber es könnte sein, dass dieser Traum wahr wird.

Bobby McFerrin auf Tour

05.06., Gelsenkirchen, Veltins Arena

15.07., Lörrach, Burghof

18.07., Straubing, Jazz an der Donau

19.07., München, Gasteig ~ Eric Leimann (teleschau)


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