Bootleg Series, Vol. 8: Tell Tale Signs - Rare and Unreleased 1989-2006

"Tell Tale Signs" umfasst des Dichters Werk der Jahre 1989 bis 2006, mithin also jener einschneidenden Periode, in der Dylan aus seiner tiefen Krise der 80er-Jahre und zu kaum mehr erhoffter Brillanz fand. "Modern Times" nannte er sein bislang letztes Album 2006, doch die Modernität, die er hier beschwört, ist eine, die vor die eigenen Anfänge zurückverweist. Zu Woody Guthrie natürlich, zu Hank Williams, vor allem aber zu Robert Johnson, den er im "32-20-Blues" erstmals covert. "Mississippi", das 2001 auf "Love And Theft" erschien, ist gleich in zwei Alternativversionen aus den "Time Out Of Mind"-Sessions hinterlegt und dokumentiert Dylans spätes Faible für den Delta-Blues ebenso eindrücklich wie das sehnsüchtige "Miss The Mississippi".

Was Dylans Spätwerk so außergewöhnlich macht, ist vor allem auch die überragende Musikalität und Wärme seiner meisterlichen Produktion. Dylan leistet sich heute den Luxus, nur mit den allerbesten Sessionmusikern zusammenzuarbeiten, was sämtlichen Tracks der Compilation jeden beiläufigen Charakter nimmt. Wer glaubt, die "Bootleg Series" kompiliere wie in vielen vergleichbaren Fällen unmotivierte Ausschussware, die ebenso gut unter Verschluss hätte bleiben können, höre die siebeneinhalbminütige Großtat "Red River Shore", die es spielend mit "Idiot Wind" aufnimmt, oder bestaune die perlende Melancholie von "The Lonesome River". Der allerglücklichste Moment eröffnet sich indes ganz zum Schluss, in der majestätischen Erzählung "Cross The Green Mountain", die Dylan für das TV-Bürgerkriegsdrama "Gods And Generals" schrieb.

"Tell Tale Signs" ist wahlweise als Doppel-CD mit 60-seitigem Booklet, als Vierfach-Vinyl oder als limitierte Deluxe-Ausgabe mit Bonus-CD und Hardcover-Buch erhältlich. Natürlich ist das für den Teilzeit-Dylanologen alles viel zu viel, kaum noch zu überblicken, geschweige denn angemessen zu verarbeiten. Doch wo man auch sucht im erweiterten Oeuvre des Meisters, man findet keinen Makel.