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Barbra Streisand geht bei vielen Musikfreunden ja höchstens als "guilty pleasure" durch. Ihnen ist das Vergnügen - wenn überhaupt - also immer so ein bisschen peinlich. Aber mal ganz ehrlich: Hin und wieder braucht auch der geschmackssicherste Mensch eine Extraportion Gefühle, am besten gepaart mit zweifelhaften Persönlichkeiten und einer gehörigen Portion gesanglichen Könnens. Ganz zu schweigen von großem Orchester, dramatischen Gesten, weinenden Omis im Publikum und Tränen auch auf der Bühne. Und genau all das kann Streisand - bei Bedarf - in allerhöchster Perfektion liefern.

Auf Disc eins ist die Diva davon manchmal aber doch weit entfernt. Das 2006er-Konzert in Fort Lauderdale, Florida, beginnt mit der kraftvollen "Funny Girl Broadway Ouverture" und zeigt bereits beim zweiten Song, "Starting Here, Starting Now", dass Streisands Stimme mit den Jahren etwas rauer geworden ist - aber nicht unvirtuoser. Größtes "Problem" aber: Hier gibt's zusätzlichen Kitsch in Form von vier Tenören - genau, Il Divo - über deren Auftreten man mindestens geteilter Meinung sein kann. Ihr "My Way" überschreitet leider die Schmalzgrenze um ein Vielfaches. Auch ist der ganze Duktus der Arrangements etwas gefällig und Las-Vegas-kompatibel. Fast ein wenig ältlich.

Im Vergleich dazu siegt ganz klar das 1993er-Konzert, das auf Disc zwei erstmals auf DVD erscheint. Hier beginnt Streisands Auftritt - anfangs in nicht so prickelnder Klangqualität - mit einem Medley aus "I'm Still Here / Every Body Says Don't / Don't Rain On My Parade". Barbra erzählt, scherzt, zeigt Bilder aus ihrer Kindheit und Jugend (Und wer traut sich das schon?) und holt Marlon Brando - als Filmeinspielung - mit auf die Bühne. Sie erzählt Biografisches, ihre ganze musikalische und persönliche Geschichte, den Aufstieg vom Broadway-Mädchen zur gefeierten Hollywood-Ikone bis heute. Dazu spielt sie witzige Szenen mit ihrem imaginären Psychiater. Im lauschigen Wohnzimmerambiente, ganz alleine im schwarzen Kleid, rockt sie das Haus, bietet eine Mischung aus Konzert und Show, Musik, Autobiografischem und ihrem ureigenen Stil, der stets zwischen herrlich-nostalgischem Hollywood, Broadway und Kitsch oszilliert. Impressionen der Tournee, Filmausschnitte und -medleys und ihre echten Tränen bei "Not While I'm Around", das sie ihrem Sohn widmet, erhalten die Spannung. Und wer spätestens bei Akt zwei und "Memories - The Way We Were" nicht weint, hat kein Herz!

Auf der dritten DVD schließlich gibt's Bilder, alte TV-Aufzeichnungen, Snippets und vor allem die Tonstudioaufnahmen zum Broadway-Album aus dem Jahr 1985. Dazu weitere Lieder des "Funny Girl", etwa mit Ray Charles, und andere "Clips" aus den 60-ern.

Und danach steht - Peinlichkeiten und Geschmacksfragen hin oder her - fest: Barbra Streisand ist eine Ikone. Sie hat es geschafft, trotz ihres eigenwilligen Gesichts eine großartige Karriere in Hollywood hinzulegen. Diese hat sie zum großen Teil ihrer fantastischen Stimme zu verdanken. Aber auch der Gabe, sich niemals so ganz ernst zu nehmen.