White Lies

Das Prinzip Fleiß


White Lies arbeiten sich nach oben vor

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Das Prinzip Fleiß

White Lies arbeiten sich nach oben vor

03.04.2009 Es kann ein Kreuz sein mit diesen Inselbands. Denn der Hype, dieser so britische Wirbelsturm, der so manche Gruppe innerhalb eines halben Jahres aus dem Proberaum ganz nach oben ins öffentliche Bewusstsein schleudert, der hinterlässt Spuren und führt oft genug zu latentem Größenwahn. Verständlich, die 15 Minuten Ruhm wollen ausgenutzt werden. Nachhaltigkeit geht natürlich anders, und deshalb ist der Weg, den White Lies einschlagen, vielleicht der Richtige. Das Trio, dessen Debüt in England routiniert an die Spitze der Hitparaden schoss und dieser Tage auch hierzulande in die Läden kommt, gibt sich bescheiden und vor allem - fleißig.

Sänger Harry McVeigh und Bassist Charles Cave sehen nicht aus wie zwei Drittel einer Nummer-eins-Band. Sie sehen eher noch so aus wie die, die sie vor einem Jahr waren. Wie junge Engländer, knapp unter 20, die sich vielleicht ein bisschen zu wenig an der frischen Luft und ein bisschen zu viel im Proberaum bewegen, deren Leben in erster Linie mit Stromgitarren zu tun hat. Und als die freundliche Angestellte der Plattenfirma ihnen jeweils ein Metallica-Shirt - die sind jetzt ja Labelmates - in die Hand drückt, freuen sie sich ganz genau so, wie das eine Band ohne Plattenvertrag tun würde. Ja, sie wissen die Annehmlichkeiten der Branche noch zu schätzen.

White Lies - J

Vor allem aber wissen sie, was es braucht, um so hoch zu kommen. Disziplin - und davon jede Menge. Nicht nur eine, sondern drei, vier Schülerbands habe man in der Vergangenheit gehabt, erzählt Harry McVeigh, allein der unbedingte Wille zum Erfolg, der sei nie da gewesen - bis das Abenteuer White Lies begann. "Wir erkannten früh, dass die White-Lies-Songs Potenzial besaßen, dass wir damit das erreichen können würden, wovon wir immer träumten: von der Musik zu leben."

Was folgte, war die Umwandlung des kreativen Potenzials in so etwas wie tatsächliche Verfügungsmasse. Drei Monate lang gingen McVeigh, Cave und der Drummer Jack Lawrence-Brown Tag für Tag in den Proberaum. Oben genanntes Potenzial, erst einmal zwei Songs, posteten sie unterdessen auf einer Myspace-Seite, auf der sonst gar nichts stand. Die Strategie, alles ein bisschen schwammig zu lassen, erst einmal keine Gesichter zu den Songs zu präsentieren, ging auf: Natürlich sprach sich herum, dass diese White Lies mit ihrem eklektischen, Eighties-infiziertem Düster-Stadionrock ganz schön cool wären. Und natürlich klingelte ab da das Telefon - am dritten Tag schon stolze 35 Mal.

Was folgte, war das Übliche mit individuellen Erweiterungen. Das Trio, übrigens eher durch Heavy Metal als geschmackssicheren Inselpop sozialisiert, entschied sich für einen Manager, irgendwann wurde das hinreichend ausführlich einstudierte Material live vorgetragen und wieder ein bisschen später wurde der Band ein Major-Deal angeboten. Dass das Album zu diesem Zeitpunkt gerade mal zur Hälfte fertig war, störte niemanden. "Wir mussten eben in ein paar Wochen fünf neue Songs schreiben", erklärt Cave und fügt an, dass genau diese die besten der Platte wären. Ein Plädoyer für das Tempo als Prinzip? Unbedingt, sagt McVeigh. "Es sollte nicht länger als zwei Monate dauern, bis eine Platte im Kasten ist. Ich verstehe nicht, dass manche Bands dafür ein halbes Jahr brauchen oder so. Da verzettelt man sich doch total!" Cave nennt das Extrembeispiel: "Nimm Guns N'Roses. Die haben 15 Jahre für ein Album gebraucht! 15 Jahre! Das muss ich mir nicht einmal ganz anhören, schon an dieser Zahl erkennt man, dass das scheiße ist!"

Dass der Entstehungsprozess eines Albums und die damit verbundene Nähe untereinander eine Herausforderung für die Psyche sein kann, haben die White Lies dagegen am eigenen Leib erfahren. Sie verbrachten in den letzten zehn Monaten viel Zeit miteinander. Fast alle, die sie hatten. "Ich verstehe jetzt gut, um was es in dem Metallica-Film 'Some Kind Of Monster' geht", verrät McVeigh. "Eine Plattenaufnahme ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmesituation, die Freundschaften ganz nachhaltig beeinflussen kann." Wo Metallica seinerzeit einen Therapeuten ins Studio mitnahmen, funktionieren bei White Lies aber noch die Hausmachervarianten: "Diese Nähe ist bemerkenswert, aber auch lehrreich. Du erkennst, wie die anderen ticken - aber auch, dass Menschen wahnsinnig kompliziert sind. Es ist etwas, das sich auch auf dein Leben außerhalb der Band auswirkt", erzählt McVeigh.

White Lies - C

Jenes muss momentan freilich etwas kürzer treten. Die Drei sind ausgiebig unterwegs - nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, wo sie das bisher verstörendste Erlebnis ihrer Laufbahn hatten. Sie wurden eigens für einen Gig nach Chicago geflogen, wo sie in einem Plattenladen spielen sollten. "Das war total furchtbar", erzählt McVeigh. "Wir kamen da an, und die hatten nicht einmal unsere CDs. Nirgendwo hing Werbung für unseren Auftritt, und als wir die Verkäuferin fragten, was denn eigentlich los sei und ob denn überhaupt jemand kommen würde, sagte die nur: 'Hey, relax, dudes!'" Am Ende kam exakt ein Besucher, während des dritten Songs fiel auch noch der Strom aus, sodass die Gruppe ihren Auftritt verstört beendete. Vielleicht ein ganz gutes Regulativ, was oben erwähnte Gefahr des verfrühten Höhenflugs angeht. ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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