Zuletzt arbeiteten Travis in einer Sackgasse. So sehr sie das letzte Album mit Bedeutung aufblasen wollten, so oft Fran Healy in Interviews ideologische Überbauten zimmerte: "The Boy With No Name" war nicht nur namen-, sondern auch eigentümlich zahnlos. Dass sie es kaum ein Jahr später mit einer Neupositionierung versuchen, ehrt die Band. Dass "Ode To J. Smith" tatsächlich eine sehr schöne Platte geworden ist, überrascht ein bisschen. Fran Healy und seine Mannen geben sich schnörkellos und bisweilen ruppig. Die große Geste als Stil prägendes Mittel, die wird erst am Ende ausgepackt. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Man vergisst gerne, dass Travis vor ihrem Konsenshit "Why Does It Always Rain On Me" schon ein paar Jahre Bandgeschichte hinter sich und mit "All I Wanna Do Is Rock" und "Tied To The 90's" zwei der besten Mittneunziger-Pophymnen auf ihrem Verdienstzettel hatten.
Auf "Ode To J. Smith" suchen Travis ihre Wurzeln und damit einen Ausweg aus dem Stillstand. Bedeutet: Sie setzen auf bisweilen verblüffend markige Rockismen, die dem neuen Material die Redundanz der letzten Platte austreiben sollen. Das ist natürlich gefährlich, denn harsche Gitarrenriffs und eine schnoddrige Produktion stehen der Jugend gemeinhin besser als ergrauten Senior-Stars. Aber Travis schaffen's, indem sie diese als Mittel zum Zweck benutzen und mit ihnen ihre klassischen Kernkompetenzen abarbeiten. So ist der Beinahe-Titeltrack "J. Smith" nach einigen heftigen Irritationen zu Beginn doch noch eine ziemlich großartige Popnummer - die von einem lateinischen Choral unterbrochen und am Ende dominiert wird.
Vielleicht so etwas wie ein Nebeneffekt: Die ruhigen Songs sind dafür nicht mehr sinister-verkniffen, sondern unbedingt eingängig und so breit wie Autobahnen: "Song To Self" etwa ist eine vielleicht etwas zu unchiffrierte Powerballade, die mangelnde Nachhaltigkeit aber durch eine gute Portion Euphorie ausgleicht, und "Before You Were Young" setzt sogar noch eins drauf. Die da transportierte Sentimentalität mag man übertrieben finden. Aber das System Travis basierte schon immer darauf, dass Healy sein Herz auf der Zunge trug. "Ode To J. Smith" zeigt vor allem, dass sich daran nicht viel geändert hat. Die Songs, die sind indes besser geworden.