Scissor Sisters

Bloß nicht häuslich werden!


Scissor Sisters veröffentlichen "Night Work"

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Bloß nicht häuslich werden!

Scissor Sisters veröffentlichen "Night Work"

28.06.2010 "Ich bin froh, dass ich doch nicht häuslich geworden bin. Mit meinem Freund und meinem Hund daheimzusitzen, das kann's doch nicht sein. Ich gehe gerne aus. Es ist schon sehr gut, dass ich das wiederentdeckt habe", sagt Jake Shears. Natürlich ist Berlin ein guter Ort für diese Erkenntnis. Die Bundeshauptstadt, so fügt der Scissor-Sisters-Chef an, habe "Attitude". "Schon aus einem einfachen Grund: Alles geht so lange. Die besten Dinge passieren morgens." Und anschließend heimzugehen, vielleicht mit 'Tusk' von Fleetwood Mac im Ohr, das sei schlicht und ergreifend herrlich. Zur Veröffentlichung des dritten Scissor-Sisters-Albums "Night Work" ist also festzustellen: Jake Shears hat seinen Seelenfrieden wiedergefunden. Beruhigend, denn in den letzten Jahren lief's nicht immer so toll.

Irgendwann Anfang 2009, nach gut eineinhalb Jahren wenig befriedigender Studioarbeit, taten die Scissor Sisters etwas, das auf den ersten Blick recht radikal klingt: Die New Yorker warfen alles weg, Aufnahmen für ein fast komplettes Album. Frontmann Jake Shears erinnert sich nicht unbedingt gerne an jenen Zeitraum, an die verzweifelten Versuche, dem Millionenseller "Ta-Dah" mit seinem Nummer-Eins-Hit "I Don't Feel Like Dancing" ein ebenbürtiges Album folgen zu lassen. "Das war schwierig für uns. Und glaube mir: Etwas, das Du bereits fertig geglaubt hast, eben mal wegzuwerfen, das ist überhaupt kein gutes Gefühl. Aber ich wusste, dass es keinen Sinn machen würde, irgendetwas Halbfertiges zu veröffentlichen. Wir müssen die Songs schließlich eine Weile lang spielen - und das macht nur Spaß, wenn wir wirklich steil darauf gehen."

Scissor Sisters - B

Die Lösung kam unverhofft und lag in der Disco, genauer gesagt in Berlin, wo Shears im vergangenen Sommer zwei, drei Monate lebte. Nicht unbedingt, um zu arbeiten, sondern um herunterzukommen, um Freunde zu treffen - etwa das schwedische Elektro-Pop-Duo The Knife oder das schwul-lesbische Indie-Pop-Kollektiv Hidden Cameras, das in der Bundeshauptstadt zeitgleich an neuem Material arbeiteten. Aber auch um zu feiern - denn das habe er lange nicht mehr gemacht.

"Ich wachte eines Morgens zu Hause in New York auf und merkte: Ich habe seit drei Jahren nicht mehr eine Nacht durchgetanzt. Ich habe seit drei Jahren keine Drogen mehr genommen. Da dachte ich mir: 'Das kann doch nicht wahr sein!'", erzählt er. An einem Abend im legendären Berliner Club Berghain verlor Jake Shears schließlich seine Blockade - und hatte plötzlich das dritte Scissor-Sisters-Album genau vor Augen: "Ein guter Freund von mir legt dort auf - das ist für mich immer sehr inspirierend. Es ist ein großartiger Ort, um einfach den Reset-Knopf zu drücken. Ich war vorher ein paar Jahre lang kaum aus. Es war befreiend, wieder am Nachtleben teilzunehmen. Plötzlich spürte ich wieder, wer ich war, und was ich mit der Band wollte."

Nach jenem Abend bestellte Shears den Produzenten Stuart Price an die Spree - ein alter Bekannter der Scissor Sisters, aber auch einer, dessen Produktionsfähigkeiten Superstars wie Madonna, Britney Spears oder die Killers vertrauen. "Er sagte, um mit uns zusammenzuarbeiten, würde er alles absagen. Ab dem Moment wusste ich, dass das funktionieren würde."

"Night Work" entstand schließlich recht rasch - in New York, London und auf den Bahamas. Und auch, wenn die Ankündigungen der Plattenfirma sich ein wenig so lesen, legt Shears Wert darauf, dass es keinesfalls ein Album über die Disco ist. "Die Platte hat viele Facetten. Ich glaube, es ist vor allem ein Album über Sexualität. Über Begierde und Spannung. Das wiederum passiert natürlich vor allem nachts", erklärt er. "Deshalb wollte ich, dass der Sound etwas düsterer klingt. Keine großen Balladen, weniger Klavier. Stuart hatte daran großen Einfluss - er war während dieser Wochen fast Mitglied der Band."

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Auch ein weiterer Pop-Prominenter hatte gehörigen Anteil am Werdegang des Albums: Pet Shop Boy Neil Tennant war derjenige, der Shears vorschlug, doch Stuart Price anzurufen - und der Erste, der das fertige Album hören durfte: "Er ist echt ein guter Freund. Er sagte uns: 'Hey, die Platte klingt wie die, die ich erwartet habe, als ich damals Euer Debüt in den Player schob.'"

Shears selbst beschäftigte sich auch theoretisch mit der Disco: "Im Studio lief die ganze Zeit "The Underground" von Celeda - ein 90er-Eurodance-Hit. Und auch privat habe ich während der letzten Monate fast nur Dance-Musik gehört. Rory Phillips etwa. Ich war bei einer Party in Barcelona, wo ich den das erste Mal hörte. Mann, war das super." Dazu kamen der trippige Pop von Little Dragon und die Klangexplosionen von Caribou. "Eigentlich ganz witzig", sagt Shears. "Vor der Entstehung des letzten Albums habe ich nur Classic Rock gehört. Nichts anderes. Das hat sich in den letzten eineinhalb Jahren schon sehr geändert." Man hört's.

Scissor Sisters auf Deutschland-Tournee

09.07, Berlin, Huxley's

13.07., Köln, Live Music Hall

20.07., München, Muffathalle ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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