Revolverheld

"Wir sind die Generation Flexibel"


Revolverheld verbreiten auf ihrem dritten Album "In Farbe" ungebremsten Optimismus

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"Wir sind die Generation Flexibel"

Revolverheld verbreiten auf ihrem dritten Album "In Farbe" ungebremsten Optimismus

18.03.2010 Revolverheld-Sänger Johannes Strate ist zum Zeitpunkt des Interviews noch 29 Jahre alt. Wenn die 30 an die Tür klopft - das tut sie bei ihm am 17. März - und der erste Song des neuen, dritten Albums "Ich werde nie erwachsen" heißt, muss man natürlich mal nachfragen, wie das so aussieht: Wird es Zeit, heranzureifen? Oder bleibt man doch lieber Kindskopf? Wobei: Seine erfolgreiche Deutschpop-Band aus Hamburg, verschließt sich dem Dazulernen nicht. Die fünf Musiker stemmen sich nur gegen schlechte Laune, verwehren der Depression den Einlass in ihr neues, buntes Album mit dem Titel "In Farbe". Johannes Strate erklärt im Gespräch die Gründe für den überschwänglichen Optimismus. Aber die gute Nachricht ist: Man kriegt auch ihn zum Jammern.

Johannes Strate: Servus!

Revolverheld - V

Hast Du "Servus" gesagt?

Strate: Ja, ich weiß auch nicht warum - ich muss das unbedingt wieder ändern, sonst werde ich in Hamburg nicht mehr ernst genommen.

Willst Du das denn? Schließlich wehrst Du Dich ja gegen das Erwachsenwerden, sagt zumindest Song eins auf Eurem neuen Album. Obwohl Du doch bald 30 wirst.

Strate: Schön, dass du mit der Tür direkt ins Haus fällst. Ich überleg mir durchaus, was anders wird. Denn der nächste große Geburtstag ist die 40 und das ist dann schon krass. Mir ist ja auch bewusst, dass sich in den letzten zehn Jahren mein Leben komplett verändert hat.

Revolverheld - \"

Was ist denn heute alles anders als im Jahr 2000?

Strate: Vor zehn Jahren habe ich in Bremen gewohnt und studiert. Ich wohne jetzt in Hamburg und bin auch nicht mehr mit meiner damaligen Freundin zusammen. Aber der Song soll eher in die Richtung abzielen, dass man nicht alles so ernst nimmt und Dinge auch mal locker sehen könnte ...

Das geht vielleicht nicht immer, und kommt auf die Situation an.

Strate: Stimmt schon - aber ich spiele da eher auf ängstliche Leute an, die keine Fehler, sondern alles richtig machen wollen. Die so weit gehen, dass sie dich in der Fußgängerzone vom Rad holen, und darauf hinweisen, dass man das nicht darf.

Ihr seid schwer am positiv Denken auf Eurem neuen Album.

Strate: Der Grund für unser Albumthema ist, dass wir letztes und vorletztes Jahr genervt waren von der ganzen Jammerei. Es sind schwierige Zeiten, viele verlieren ihr Geld und ihren Job, aber ich vertrete die Theorie, dass es keinen Sinn macht sich aufzuregen, wenn man nichts ändern kann. Im Zweifel werden die Uhren auf null gedreht und du fängst neu an.

Revolverheld - R

Was manchen schwer fällt ...

Strate: Aber wir sind doch die Generation Flexibel geworden und das müssen wir auch bleiben. Man stellt sich alle zwei, drei Jahre um. Es ist doch nicht mehr so, dass du studierst und dir dann deinen Job für die nächsten 40 Jahre aussuchst.

Da es ohnehin keine Sicherheit mehr gibt, eigentlich eine gute Zeit für die "Spinner", denen Ihr einen Song widmet.

Strate: Ja, es geht darum, aufzustehen, wenn du auf die Nase fällst. Wer eine Idee hat, ist heute so faul, dass er sie verwirft, wenn er damit einmal gegen die Wand gelaufen ist. Das regt mich auch an Castings auf. Sie wollen Musiker werden, aber auf dem Weg dorthin nicht diese Gigs spielen, zu denen keiner kommt. Das ist unbequem und im Zweifel sagt dir dann noch der Türsteher, wie scheiße du bist. Also überspringst du das lieber. Hat allerdings den Nachteil, dass sich in einem halben Jahr niemanden mehr für dich interessiert ...

Von außen betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, Ihr hattet es recht leicht, durftet gleich große Bands wie Silbermond supporten.

Strate: Das sieht so aus, aber wir hatten auch von jeder Plattenfirma eine Absage, haben 250 Festivals angefragt und zwei meldeten sich überhaupt nur zurück. Wir mussten uns endlos rechtfertigen, warum wir auf Deutsch singen und das ganze Programm. Klar argumentiert es sich leichter, wenn es gerade gut läuft. Aber wir haben auch auf die Fresse gekriegt. Wir sind für null Geld durch die Republik gefahren, aber das musst du halt machen.

Auch wenn "In Farbe" ein durchweg positives Album ist: Wann hast Du das letzte Mal gejammert?

Strate: Okay, gestern Abend. Ich bin in Hannover wegen einer Signalstörung zwei Stunden am Bahnhof hängen geblieben, alles machte zu, es wurde einsam und kalt.

Ist das nicht perfekt für den melancholischen Künstler, der daraus gleich seine nächsten Texte zimmert?

Strate: Prinzipiell ja, aber nicht in Hannover (lacht). Erst fand ich das gar nicht so schlimm, habe das neue, sehr empfehlenswerte Massive-Attack-Album gehört - dann wurde ich langsam müde, die Läden schlossen, und ich bekam ein zwölfseitiges Formular, das du ausfüllen sollst, um 30 Prozent deines Fahrpreises zurückerstattet zu bekommen. Mich ärgert das. Eigentlich sind wir aktiv im Bereich Umweltschutz und so was, im Grunde willst du die Bahn empfehlen, aber du kannst es nicht. Die ist zu langsam, die Flieger laufen ihr den Rang ab. Und sind auch noch billiger.

Du engagierst Dich auch für andere Musiker, kümmerst Dich um erste Auftrittsmöglichkeiten ...

Strate: Ich habe den Verein "Feels Like Home" mitgegründet, wir geben Musikern die Möglichkeit zum ersten Auftritt in Deutschland, kombinieren das mit Lesungen. Die Einnahmen gehen an ein soziales Projekt, das sich an dem Abend auch vorstellt. Für mich ist Transparenz wichtig. Wir werden oft für Galas angefragt, aber wenn ich nicht weiß, wo das Geld hinfließt, sage ich ab.

Wo hast Du zugesagt?

Strate: Wir unterstützen das Projekt "Nichtrauchen ist cool", da wird mit drastischen Mitteln und Bildern gearbeitet. Mittlerweile sind 40.000 Schüler gemeldet, es funktioniert, die Kinder reden danach da drüber.

Du hast schon vor dem Nichtrauchergesetz rauchfreie Konzerte gegeben.

Strate: Ja, das war mir immer schon wichtig, und es ärgert mich auch, dass das Nichtrauchergesetz so dermaßen aufgeweicht wird. Überall gibt es Eckkneipen und Raucherclubs. Im Ernst, wir reden hier von internationalem Standard und in öffentlichen Gebäuden wird nicht geraucht, ganz einfach. Ich bin da militant. Es geht um die Gesundheit, da kann man keine Kompromisse machen.

Revolverheld auf Deutschland-Tournee

13.04., Hannover, Musikzentrum

14.04., Dresden, Beatpol

18.04., München, Backstage

21.04., Stuttgart, Röhre

22.04., Köln, Live Music Hall

23.04., Berlin, Lido

25.04., Hamburg, Große Freiheit 36 ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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