Die Violine als melodieführendes Instrument, das ist meistens tendenziell eher ungeil. Jenseits des Kammer- und Folkpops der Belle-And-Sebastian-Schule können da schon üble Rockismen entstehen, nachzuschlagen bei zahllosen Mittelalterbands, aber auch bei aktuelleren Bauarten der Populärmusik, etwa den Skatepunkern von Yellowcard. Ra Ra Riot schaffen es erstaunlicherweise, alle Rockismen zu umgehen, ergehen sich aber auch nicht in schöngeistigen Zärteleien. "The Rhumb Line" ist ein eigenartig bezauberndes Album, das nicht an Pathos spart, aber den Kitsch meidet. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
"When I look into your eyes, I tend to loose my thoughts", heißt es irgendwann. Das Kunststück: Was sich wie juvenile Betroffenheitslyrik liest, funktioniert im Song relativ lakonisch, vielleicht auch weil Frontman Wes Miles seinen Gesang sehr expressiv anlegt, eher an den Helden der Spätsiebziger als an der Jetztzeit andockt. Gerade in Zusammenklang mit den Streichern entsteht so ein Klangbild, dem man auch einen Songtitel namens "Dying Is Fine" nachsieht, mehr noch, abnickt, zumal da etwas ziemlich Schlimmes immer erklärend im Hintergrund steht: Der erste Drummer der Band kam vergangenes Jahr ums Leben, kurz bevor die Arbeiten an der Platte begannen.
Es ist ein Glücksfall, dass Ra Ra Riot, schon damals eine der am heißesten diskutierten Bands der US-Blogosphäre, weiter gemacht haben. Ihr polyphoner Pop verbindet oben genannten Wave-Approach mit modernem Indierock und einer Liebe zur ganz großen Melodie. Alle Songs klingen satt, die Violine bleibt immer bestimmendes Element, die Ruhe sucht die Band selten. Wie Prefab Sprout, die Arcade Fire covern, schrieb ein amerikanischer Kollege. Der Vergleich ist weniger absurd, als man meinen müsste, denn hier findet sich beides: Paddy McAloons pointierte Liebe zum Popsong an sich, aber eben auch die Wucht, mit der Arcade Fire zuletzt agierten. Gute Mischung, da könnte noch so einiges passieren.