Plan B

Autodidakt des Soul


Als Plan B mischt das Londoner Bleichgesicht Ben Drew die Popwelt auf

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Autodidakt des Soul

Als Plan B mischt das Londoner Bleichgesicht Ben Drew die Popwelt auf

27.07.2010 The Streets, Dizzee Rascal und nun Plan B. Der 26-jährige Londoner Ben Drew steht in der Tradition erfolgreicher englischer Außenseiter-Kids, die sich aus Versatzstücken des Pop eine ungemein kreative musikalische Form zusammenzimmerten. Doch während seine Vorgänger für die Deutschen weitestgehend böhmische Dörfer blieben, könnte es Ben Drew schaffen, auch außerhalb der Insel erfolgreich zu sein. Vor allem dank der universellen Kraft der legendären Soul-Label Motown und Stax. In England schaffte es "The Defamation Of Strickland Banks", das ungemein soulige zweite Werk von Ben Drew, aus dem Stand auf Platz eins der Albumcharts.

Selbstverständlich hatte er eine schwere Kindheit. Ben Drew, ein englischer Star der Güteklasse "unverstandener Rebell aus widrigen Verhältnissen". Irgendwie gehört es zum runden Bild dazu, dass er an diesem Tag, da er sein so erfolgreiches zweites Album in Deutschlandland bewirbt, ungemein müde ist. Selbstreferenziell rührt der blasse Engländer mit kurz geschorenem Haar in seinem Tee und fischt ein paar Nudeln aus der sahnigen Soße, die ihm aufs Hamburger Hotelzimmer geliefert wurde. Vielleicht stellt sich Ben die Frage, ob es das hier überhaupt bringt, mit deutschen Journalisten über seine sehr englische Karriere zu reden.

Plan B - V

2006 kam diese in Gang, mit dem Debütalbum "Who Needs Actions When You Got Words". Plan B, wie Ben Drew sich als Musiker nennt, überraschte die Kritiker der Insel mit schnell gerappten Gossengeschichten über Drogen, minderjährigen Sex und Jugendgewalt. Der Clou war jedoch, dass er seinen Sprechgesang zur rhythmisch geschlagenen akustischen Gitarre vortrug. Die Briten, immer interessiert an neuen Ausdrucksformen des Pop, an kantigen Stars und originellen Geschichten im Straßendialekt, überschütteten Drew mit Lob. Das Debüt des Nobodys erreichte Platz 30 der Charts - immerhin.

Als Ben sechs Jahre alt war, verließ sein Vater, ein Punkmusiker, die Familie. Die Familie, das sind Bens Mutter und Schwester. "Ich bin mehrmals von der Schule geflogen und schließlich auf eine Schule für Schüler gegangen, die niemand sonst mehr will. Das war die positivste Erfahrung meines Lebens. Dort gab es Lehrer, die sich um mich bemühten, die mir viel Unterstützung gaben." Die Geschichte der gelungenen Integration eines Außenseiters beginnt mit kreativem Unterricht, mit dem Ausprobieren verschiedener Produktionsformen für Popmusik.

Drews musikalische Entwicklungsgeschichte ist dabei so unsortiert wie seine Vorbilder. "Erst war es Michael Jackson, dann Kurt Cobain. Später wurde ich zum Fan von Bands wie Radiohead, Prodigy oder Blur." An die Schule schloss Ben auf Rat der Familie ein College für Film und Media-Produktion an. Weil seine Mutter und Schwester sagten, dass er sein Leben nicht wegwerfen solle und weil Drew schon längst der Meinung war: "Musik ist wie Filmen, nur ohne Bilder." Drews neues Album ist in der Tat wie ein Film, der zunächst ohne Bilder auskommt, zu dem jedoch Bilder nachgereicht werden. Es gibt eine Reihe von Videos zum Album, die eine fortlaufende Geschichte forterzählen. Ein richtiger Film ist in Vorbereitung.

Bei der Kunstfigur Strickland Banks, um den es auf dem gleichnamigen Konzeptalbum geht, handelt es sich um einen sehr talentierten Popstar der übelsten Sorte: arrogant, rücksichtslos und ausbeuterisch. Irgendwann wird Banks eines Verbrechens beschuldigt, kommt ins Gefängnis und arbeitet da an seiner Läuterung. "Strickland Banks ist so, wie ich geworden wäre, wenn Plan A funktioniert hätte", charakterisiert Ben Drew sein Alter Ego aus der Pop-Oper. "Plan A sah vor, dass ich sehr jung schnell berühmt werde. Das ist nicht passiert. Mittlerweile bin ich als Persönlichkeit gereift, sehe viele Dinge anders."

Plan B - I

Strickland Banks ist ein Sänger der Gegenwart, der jedoch "besessen von den Sixties ist", lüftet Drew das Geheimnis um den "alten" Sound seines neuen Albums. Kluger Nebeneffekt der Erfindung des Retro-Sängers: Ben Drew darf die Gitarre zur Seite legen, sich die Raps aufsparen und ein sehr griffiges, geschmackvolles Soulalbum mit viel Ohrwurm-Potenzial unter die Leute bringen. "The Defamation Of Strickland Banks" erinnert in Melodie und Sound an Soulklassiker wie Marvin Gayes "What's Going On". Ein äußerst liebvoll geschriebenes und produziertes Retro-Soulalbum, wie es alle zehn, zwanzig Jahre mal exakt den Geschmack der Masse trifft. Man denke nur an Simply Reds "Picture Book" von 1985 mit Hits wie "Money's Too Tight To Mention" oder "Holding Back The Years".

Besonders erstaunlich am Strickland-Banks-Projekt ist allerdings, dass Ben Drew anders als Retrostar-Vorgänger Mick Hucknall niemals zuvor die Geschichte des Soul und anderer schwarzer Musik studiert hatte. "Keiner bei uns zu Hause hat je Soul gehört", gesteht Stimmwunder Ben Drew. "Das war die Herausforderung, was den Stil dieses Albums angeht. Man kann es aber auch so sehen - im Grunde habe ich mit Soul begonnen. Nur ich und meine Gitarre, mehr Soul geht nicht. Und irgendwann hat der Soul mich dann förmlich gezwungen, von mir gespielt zu werden." ~ Eric Leimann (teleschau)


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