Peter Heppner

"Bei Bohlen hätte ich nicht gut abgeschnitten"


Wolfsheim-Sänger Peter Heppner feiert mit "Solo" die Einsamkeit

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"Bei Bohlen hätte ich nicht gut abgeschnitten"

Wolfsheim-Sänger Peter Heppner feiert mit "Solo" die Einsamkeit

12.09.2008 Auch wenn eine Band nur aus zwei Personen besteht, kann es passieren, dass man sich auf übelste Art zerstreitet. So geschehen bei den deutschen Vorzeige-Elektroveteranen Wolfsheim, die derzeit nur über ihre Anwälte kommunizieren. Sänger Peter Heppner, auch bekannt als die Stimme von Joachim Witts "Die Flut" oder Paul van Dyks "Wir sind wir", nutzte die Zeit, um mit gut 40 Jahren sein Solodebüt zu veröffentlichen. Im Gespräch äußert sich Peter "The Voice" Heppner über die verfahrene Situation bei Wolfsheim, das Geheimnis seiner viel gefeierten Stimme und theoretische Chancen bei Bohlens "Deutschland sucht den Superstar".

Sie machen seit 20 Jahren Musik und sind einer der erfolgreichsten Sänger Deutschlands. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie ein Album unter eigenem Namen veröffentlicht haben?

Peter Heppner - M

Peter Heppner: Ich war eben immer beschäftigt mit anderen Sachen. Es gab meine Band Wolfsheim und dazwischen immer wieder viele Nebenprojekte. Trotzdem wurde die Idee eines Soloalbums immer wieder von außen an mich herangetragen. Alle haben mich gefragt: Wann machst Du denn endlich mal was? So lange, bis ich's selber wollte.

Was können Sie als Peter Heppner tun, das andernorts nicht möglich war?

Heppner: Gar nichts. Ich habe mir immer schon die Freiheit genommen, das zu tun, was ich möchte. Und das fand immer guten Anklang. Ich war nie künstlerisch beschränkt, weder bei Wolfsheim noch bei anderen Projekten. Was ich für richtig hielt, wurde immer genommen und für gut befunden.

Ihre Band Wolfsheim ist aufgelöst?

Peter Heppner - W

Heppner: Jetzt ist erst mal Pause. Ich kann nicht sagen, ob es weitergeht. Eigentlich wollte ich mit Wolfsheim direkt nach der letzten Platte weiterarbeiten. Dass dies nicht der Fall war, liegt an meinem Bandkollegen. Deshalb kann ich nicht mehr dazu sagen.

Markus Reinhardt, die andere Hälfte von Wolfsheim, hat also keine Lust mehr auf eine Zusammenarbeit?

Heppner: Er sagt, dass ich nicht für Wolfsheim arbeiten will. Das sehe ich nicht so. Daran merkt man schon, dass wir offensichtlich in einigen grundlegenden Fragen anderer Meinung sind. Auf dieser Basis kann man keine Musik machen. Ich habe zu Markus zurzeit keinen persönlichen Kontakt. Ich kann auch nur staunen, was von seiner Seite kommt.

Kann man da nicht einfach mal telefonieren?

Heppner: Nein, es gab ja sogar ein Gerichtsverfahren, in dem ich aus der Band ausgeschlossen werden sollte und so einen Scheiß. Dieses Verfahren ist allerdings positiv für mich ausgegangen. Wir sind jetzt laut Gericht wieder eine Band und können gucken, was wir mit der in den nächsten Jahren noch anfangen. Es ist wirklich unglaublich. Es ist das erste Mal, dass mir so etwas in meinem Leben passiert.

Sie könnten sich also vorstellen, dass die Band trotz der Gerichtsverhandlung eine Zukunft hat?

Peter Heppner - P

Heppner: Dass Markus diesen Prozess anstrebte, macht die Sache sicher nicht leichter. Dennoch hat mich Wolfsheim 20 Jahre meines Lebens begleitet. Das würde ich niemals für irgendetwas in die Tonne treten. Es gibt wenige Dinge in meinem Leben, die sich als so konstant und wichtig erwiesen haben wie Wolfsheim. Ich sehe die Band als ganz wichtigen Teil meines Lebens, meines Lebenswerkes. Das schmeißt man nicht einfach so hin, auch wenn ich derzeit keine Lösung für die Probleme weiß. Aber man hat ja schon ganz andere Band-Reunions gesehen ...

Inwieweit unterscheidet sich Ihre Soloplatte vom Wolfsheim-Sound?

Heppner: Ich bin nicht an die Sache rangegangen mit der Idee, alles anders zu machen. Ich habe mich einfach mit Leuten zusammengesetzt, die ich mag, die ich gut kenne. Wir schrieben Lieder zusammen, ich machte Texte dazu - so ist ein Album entstanden. Erst jetzt, da wir mit der Arbeit fertig sind, kann ich mir das Ergebnis mit etwas Abstand anhören, so wie ein Konsument.

Und wie findet der Konsument Peter Heppner das Soloalbum von Peter Heppner?

Peter Heppner - K

Heppner: Ich finde, ich bin weiter gekommen. Was meinen Gesang und auch meine Texte betrifft. Seit meiner letzten Veröffentlichung sind fünf Jahre vergangen. Da ist so ein Fazit schon mal okay.

Können Sie die Weiterentwicklung etwas konkreter beschreiben?

Heppner: Man sieht sie zum Beispiel an der Art, wie ich texte. Das mag mit meiner Lebenssituation zusammenhängen und mit meinem Alter. Ich finde, dass man nicht mehr um den heißen Brei herumreden sollte, sondern sich gerader ausdrücken und die Dinge beim Namen nennen sollte. Das ist mir bei einigen Liedern gut gelungen.

Ihre Stimme ist unverwechselbar, ein echtes Markenzeichen. Manche Pop-Sänger schulen ihre Stimme, andere versuchen das Geheimnis dieser Stimme erst gar nicht zu ergründen, um es nicht zu zerstören. Zu welcher Fraktion gehören Sie?

Heppner: Ich versuche schon, meine Stimme zu schulen und sie weiterzuentwickeln. Ich finde es nicht gut, zu sagen: Das ist meine Stimme, das habe ich mit ihr erreicht, so soll es weitergehen. Das finde ich tödlich langweilig. Stillstand ist Rückschritt. So kommt man künstlerisch nicht weiter und bleibt auch nicht interessant. Nicht für andere, aber vor allem auch nicht für sich selbst.

Wie trainieren Sie Ihre Stimme: mit Lehrern oder alleine?

Heppner: Ich habe relativ früh beschlossen, dass eine Ausbildung für mich nicht in Frage kommt. Der klassische Belcanto-Gesang war ohnehin nie mein Ding. Aber auch eine Popausbildung mit Gesangslehrer wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ich bin ja auch kein Sänger, der dadurch brilliert, dass er eine ausgefeilte Gesangstechnik hat. Technisch gesehen bin ich ein schlechter Sänger. Meine Stärke liegt darin, bestimmt Inhalte, also Texte, mit bestimmten Melodien zu verschmelzen. Ein Gefühl so zu übertragen, dass es bei den Leuten einen entsprechenden Nerv trifft.

Dabei würde Gesangstechnik stören?

Heppner: Es hat mit Gesangstechnik einfach wenig zu tun. Deshalb habe ich mir zugetraut, es auch selbst hinzukriegen. Dazu kommt, dass ich in meinem Leben immer wieder mit ausgebildeten Sängern zusammengetroffen bin, die das, was ich mache, komisch fanden. Die sagten dann: "Also, das war jetzt seltsam, so macht man das eigentlich nicht." Was interessiert mich, wie man etwas macht, wenn es am Ende gut klingt und genau das transportiert, was man eigentlich will. Mich interessiert nicht, ob man das jetzt darf. Im Gegenteil: je unüblicher, desto besser.

Was hätte Dieter Bohlen zu Ihnen gesagt, wenn Sie in einer 20 Jahre jüngeren Version in seiner Show vorgesungen hätten?

Heppner: Wahrscheinlich hätte ich nicht gut abgeschnitten, weil ich ihm zu schwach auf der Brust gewesen wäre. Diese ganze "Superstar"-Geschichte bedient ein Segment, aus dem ich mich ein Leben lang rausgehalten habe. Das ist pure Unterhaltung, und ich sehe mich schon als Künstler. Aus dieser Richtung stamme ich ja, bildender Künstler. Bildhauer war mein ursprüngliches Berufsziel. Zur Musik kam ich wie die Jungfrau zum Kinde. Vielleicht sehe ich das Ganze auch deshalb ein bisschen anders.

Sie sprachen von größerer textlicher Klarheit aufgrund Ihres Alters. Ist das ein zwangsläufiger Prozess: Je reifer man wird, desto klarer benennt man die Dinge?

Heppner: Das Alter spielt eine Rolle, aber auch die Zeit, in der ich aufgewachsen bin. In den 80er-Jahren, als ich anfing, mich intensiv mit Musik auseinanderzusetzen, hat man einfach anders getextet als heute: viel verspielter, man hat über Andeutungen und Bilder gesprochen. Oft waren das sehr bunte Bilder. Fantasievolles Reden war ein Zeichen der Zeit. Man war der Meinung, dass man die Dinge nicht einfach so aussprechen kann. Jetzt merke ich, dass dieser Zug bei mir von Jahr zu Jahr zurückgeht. Heute wird mehr geradeaus getextet, auch geredet. Mittlerweile finde ich diese Entwicklung auch recht gut.

Können Sie diesen Zeitgeist erklären?

Heppner: Man nimmt heute einfach kein Blatt mehr vor dem Mund. Wenn ich bedenke, wie oft selbst die Laudatoren der letzten Echo-Verleihung das Wort "Scheiße" in den Mund nahmen - bestimmt an die zehnmal. Das hätte es vor 20 Jahren nicht gegeben. In den Sechziger Jahren gab es die sexuelle Befreiung, und in den letzten 20 Jahren so etwas wie eine sprachliche Befreiung. Man spricht die Dinge immer direkter an, man mutet den Leuten dadurch aber auch immer mehr zu. Dies empfinde ich sicher nicht nur positiv, aber es hat auch seine guten Effekte.

Die Songs Ihres Albums "Solo" hören auf Namen wie "Alleinesein", "I Hate You" oder "Vorbei". Klingt wie das Album eines Menschen, der verlassen wurde ...

Heppner: Das wäre ein falscher Eindruck. Ich übertrage keine persönlichen Dinge in Lieder. Allein deshalb, weil ich nicht will, dass irgendjemand dann solche Dinge über mich weiß. Wenn man sich auf eines verlassen kann: Die Situationen, die ich in meinen Liedern schildere, hat es auf keinen Fall so oder so ähnlich in meinem Leben gegeben. Natürlich spiegeln die Themen der Lieder meine Gefühle und Ängste wider. Natürlich habe auch ich manchmal Angst davor, alleine gelassen zu werden. Die Geschichten der Songs sind jedoch frei erfunden. Trotzdem muss man sehen: Dies ist mein erstes Soloalbum, da liegt es nahe, sich über das Alleinsein Gedanken zu machen.

Über das Stück "No Matter What It Takes" auf Ihrem Album sagen Sie, dass dies ihr bisher einziges Liebeslied sei. Warum fällt es Ihnen so schwer, Liebeslieder zu schreiben?

Heppner: Es fällt mir überhaupt nicht schwer, und das ist der Grund, warum ich es normalerweise nicht tue. Liebeslieder sind einfach, und es gibt viele Künstler, die sich in diesem Segment bewegen. Für mich ist der Reiz viel größer, dieses Genre in meiner Arbeit weitgehend außen vor zu lassen. ~ Eric Leimann (teleschau)


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