London Undersound

Die Stadt, die er Heimat nennt, heißt London. Eine Keimzelle der Kreativität. Doch kann ein solcher Ort nicht auch besonders traurig sein, werden Erwartungen nicht ebendort so hochgeschraubt, dass man sich überfordert fühlt? Leerer und einsamer als anderswo? Der Künstler bezieht sich in seinem achten Album auf den 11. September, und wie dieser aus Sicht des Musikers die Welt veränderte. Einen aktuellen Anlass gibt es nicht unbedingt, doch einer wie Sawhney ist so wach, hat so viele Theorien im Kopf, dass er jederzeit zu jedem Thema Stellung nehmen kann.

Seine Compilation, seine Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Musikern, steht aber auch und vielleicht sogar in erster Linie mit den U-Bahn-Attentaten in London in Verbindung. Dinge, die das Klima einer Stadt, ihr multikulturelles Gesicht verändern. Die Statements, die der Musiker dem entgegensetzt, sind sanft und eindringlich, sei es, dass der Londoner Rapper Natty in "Days of Fire" über einen versehentlich erschossenen Brasilianer berichtet oder Paul McCartney tatsächlich mit Seele singt. Wie abwesend bebildert Tina Grace stoischen, trist-traurigen souligen TripHop. Der Charakter der Lieder ist ein privater, seine Kollaborateure stammen aus aller Herren Länder und ergeben sich gerne dem Geschick des klassisch ausgebildeten DJs.

Dieser Mann kann überall tanzen, jederzeit mitreden. Auf seinem Album wird Bollywood zur Neuentdeckung und Jazz passgenau neben Drum'n'Bass gestellt. Nitin Sawhney versteht viel von Noten und eine ganze Menge von Poesie, die ausdrückt, was in der Luft liegt. Jeder dieser Texte ist es wert, sich eingängig mit ihm zu beschäftigen. Auch wenn einem dabei die gute (Tanz-)Laune vergeht, die die Songs zunächst auslösen.