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"Handwerk fordert mehr"


Motorpsycho veröffentlichen "Heavy Metal Fruit"

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"Handwerk fordert mehr"

Motorpsycho veröffentlichen "Heavy Metal Fruit"

25.01.2010 Eine ruhige buddhistische Art hat er. Viel Bart, viel Haar, so sehen Zweidrittel von Motorpsycho aus, die norwegische Band, die sich zum 20-jährigen Jubiläum ein schwelgerisches Rockalbum mit langen Tracks schenkt. Und mehr noch: Ihr neuestes Werk "Heavy Metal Fruit" ist eine Rückkehr zum Handwerk. So meint jedenfalls Hans Magnus Ryan. Zudem spricht der Motorpsycho-Gitarrist, der wie eine Kreuzung aus Wikinger und Hippie anmutet, im Interview über Orte, die die Kreativität fördern. Und vor allem darüber, wie man sich im anstrengenden Bandalltag und nach all den Jahren gesund erhält und motiviert. Den Rock'n'Roll-Lifestyle abzulegen, hilft dabei.

Zum Jubiläum darf es wohl etwas wirklich Überbordendes sein: Euer neues Album braucht eine große Bühne. Ihr ufert aus, brecht jede Regel, was Formeln für Songwriting angeht.

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Hans Magnus Ryan: Wir wollen nur improvisieren, im Hier und Jetzt spielen. Unser Schlagzeuger Kenneth Kapstad bietet uns neue Möglichkeiten, wenn wir denn in der Lage sind, sie zu erkennen. So rund bis 2002 liebten wir Studiospielereien, jetzt wollen wir wieder zurück zum Handwerk, das fordert dich viel mehr. Du musst ständig zuhören, am anderen dran und aufmerksam bleiben. Sobald du den digitalen Kram über Bord wirfst, ist nichts mehr mit vor sich hindämmern. Du kannst nicht alt und schläfrig werden oder schön alles nach hinten verschieben.

Diszipliniert Ihr Euch demnach mehr als in der Vergangenheit?

Ryan: Die eigene Motivation ist generell das Anstrengendste: aufstehen, weitermachen. Es ist so verdammt einfach, faul zu sein. Nach einer Tour schläfst du eine Woche, dann kommst du nach lächerlichen sieben Tagen wieder in den Übungsraum und schon stellst du fest, deine Flexibilität hat nachgelassen, das Buch klappt so schnell zu. Du musst die Basics gewährleisten, sonst funktioniert auch der Rest nicht.

Das heißt, weniger Alkohol und mehr gesundes Leben?

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Ryan: Wir waren nie die große Drogen- und Alkoholband. Zumindest wollten wir nicht, dass uns das Feiern beeinträchtigt. Aber bezahlen musst du natürlich. Mein Stoffwechsel verändert sich, und ich kann nicht davon ausgehen, dass ich, wenn ich rauche und trinke, dann auch am nächsten Tag einsatzbereit bin. Bin ich nicht. Ich finde es großartig, ab und zu betrunken zu sein, aber den archetypischen Rock'n'Roll-Lifestyle kann ich nicht mit unserer Band kombinieren. Da geh ich dann eher mal einen Spaziergang machen, bei dem ich frische Luft schnappe.

Wie läuft es an einem schlechten Tag?

Ryan: Das Schlimmste, was passieren kann, ist, wenn ich indifferent werde, also total gleichgültig. Es kann kein gutes Konzert werden, wenn ich nur an eine Dusche und eine Mütze Schlaf denken kann. Du fühlst dich ausgelaugt und bist dir sehr bewusst, dass du selbst dafür verantwortlich bist, wie schlecht du dich fühlst, allerdings kann ich auch sagen, dass es keine Richtlinie gibt, die belegt, dass ich nach zwölf Stunden Schlaf immer einen super Gig hinlege.

Lass uns über das Gegenteil reden, gibt es für Euch kreative Orte, an denen Ihr besonders gut arbeiten könnt?

Ryan: Ich bin jedes Jahr einige Monate in Island, meine Ex-Frau kommt von dort. Diese abgeschiedenen Plätze tun mir als Stadtmensch so gut. So gut wie mein ganzes Leben habe ich in Trondheim verbracht, das mag ein kleiner Ort inmitten von ausgedehnter Landschaft sein, doch weiß ich dort nichts mit der Umgebung anzufangen. Kolossal ist hingegen die Energie in der Begegnung mit der Natur, wenn du ohne i-Pod und Handy in den Bergen bist. Ich würde das gerne noch öfter machen, aber das passt mit meinem Leben nicht zusammen. Noch nicht.

Hast Du in der Natur nicht auch Angst? All die komischen Geräusche, hinter denen man Gefahr vermutet ...

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Ryan: Klar, ich habe ja außerdem keine Ahnung, wie ich in der Natur überlebe. Das ist die Herausforderung. Aber meine Unerfahrenheit erlaubt mir nicht, alleine da herumzuklettern, die Bergtouren mache ich mit Freunden, die wissen, was sie tun und welches Equipment ich brauche.

Das heißt, der Abstand zu den beiden anderen Bandmitgliedern gefällt Dir ab und zu.

Ryan: Ich habe nicht sehr viele beste Freunde, aber Bent und Kenneth sind dabei. Wir hängen sehr viel zusammen und sprechen auch immer noch viel miteinander. Wir haben auch unsere Mittel, einander zu ignorieren (lacht), also zumindest Bent und ich. Schließlich machen wir 20 Jahre zusammen Musik. Aber wir sind keine sentimentalen Erinnerer, keine Nostalgiker, die in früheren Zeiten schwelgen, sondern eher in der Gegenwart verwurzelt.

Eure Homebase ist nach wie vor Trondheim mit seinen 160.000 Einwohnern ...

Ryan: Ja, obwohl viele Freunde nach Oslo gezogen sind, um näher dran zu sein am Business. Trondheim ist unsere kleine Luftblase, in der wir unsere Fantasie pflegen und darauf achten, dass wir körperlich in der Lage bleiben, aufmerksam zu sein. Wir sind nicht talentierter als früher, aber vielleicht zufriedener, weil es so viel zu entdecken gibt. Musik ist ein großartiges Faß ohne Boden. Ich möchte da nie raus, immer weiter tauchen.

Wie glaubst Du ist Euer Image? Seid Ihr Freaks?

Ryan: Wahrscheinlich. Ich habe nie erwartet, mir als Musiker eine goldene Uhr kaufen zu können - ich habe es aber auch nie als Job gesehen.

Hast Du mal daran gedacht, Dir die Haare zu schneiden?

Ryan: Doch, ja, ich denke da mindestens einmal am Tag dran (lacht). Ich habe so einen elektrischen Rasierer und manchmal kommt er meinem Gesicht gefährlich nahe.

Warum tust Du es nicht?

Ryan: Irgendwann werde ich es tun. Meine Frau hat mich gerade verlassen, vielleicht sollte ich es jetzt tun. Aber ich weiß, es wird nichts ändern. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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