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Sterben und Steuern zahlen


HIM-Sänger Ville Valo hat ein neues Leben angefangen

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Sterben und Steuern zahlen

HIM-Sänger Ville Valo hat ein neues Leben angefangen

19.02.2010 Ville Valo, der Sänger und Herrscher der finnischen Band HIM, galt einige Jahre zu Recht als extrovertiert. Weder war es einfach an ihn heran, noch - wenn man den Geschichten trauen darf - mit ihm auszukommen. Inzwischen scheint der Frontmann ein anderer zu sein. Musikalisch präsentieren er und seine Band auf dem siebten Studioalbum "Screamworks: Love In Theory And Practice" nach wie vor verlässlich sehnsüchtige Romantikhymnen. Menschlich zeigt sich der wirklich hagere Musiker von einer entspannten Seite, spricht über Lebenseinstellungen, Geld und Zigaretten, sein letztes verbliebenes Laster. Zudem erklärt der 33-Jährige, warum es so spannend ist, über die Liebe zu schreiben. Immer und immer wieder.

Draußen vor dem Hotel steht ein fliegender Händler mit Berlin-Souvenirs im Schneesturm. Was geht Dir durch den Kopf, wenn Du ihn beobachtest?

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Ville Valo: Naja, der verdient seinen Lebensunterhalt. Ich denke, man darf sich da nicht täuschen lassen. Es gibt viele Leute, denen das liegt, die das gerne machen. In Finnland gibt es Fischmärkte, und ich kenne Menschen, die da verkaufen. Es ist egal was. Sie verkaufen, weil sie keinen Bürojob wollen. Das ist eine Frage des Lebensstils - auch wenn es auf den ersten Blick nicht nach einem angenehmen Job aussieht. Aber es gibt unterschiedliche Menschen. Wobei es nichts daran ändert, dass es heute ausgesprochen kalt ist.

Kälter als in Finnland?

Valo: Wir haben minus 20 Grad. Es ist zwar schön, dass es schneit, aber ich mag die Kälte nach wie vor nicht, obwohl wir dieses Jahr sogar weiße Weihnachten statt des üblichen Glatteises hatten. In Finnland liegt diesen Winter so viel Schnee, dass es aussieht wie eine Postkarte aus der Schweiz.

Und wie hast Du Weihnachten verbracht?

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Valo: Das ist immer dasselbe, ich treffe meine Eltern und meinen kleinen Bruder, wir essen, unterhalten uns und schauen ein bisschen fern. Es ist der einzige wirklich freie Tag, niemand spielt einen Gig am 24. Dezember. Gearbeitet habe ich trotzdem nach unserer Familienfeier.

Mancher hasst diese Treffen ...

Valo: Aber keiner muss da hin. Sterben und Steuern zahlen sind die einzigen Dinge, die du musst, sagt meine Mutter immer. Und ich finde, sie hat recht. Aber ich habe auch schon gehört, dass es bei größeren Familien durchaus stressig sein soll. Ist es okay, wenn ich rauche?

Die Frage, ob Du das Kettenrauchen aufgehört hast, hat sich damit dann erledigt.

Valo: (lacht) Ja, aber ich habe es deutlich reduziert. Ich rauche die Zigaretten nur noch zur Hälfte. Aber an Tagen wie diesen steigt der Konsum, denn von Stadt zu Stadt zu reisen und zehn Stunden am Stück über sich zu sprechen, das fühlt sich einfach nicht an, als wäre es richtig.

Zigaretten zur Hälfte zu rauchen, ist eigentlich schon Luxus. Gehört das zu den angenehmen Umständen, wenn man Geld hat?

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Valo: Ich bin jetzt nicht wirklich reich, es ist aber angenehm, nicht über Geld nachdenken zu müssen. Ich trinke seit zweieinhalb Jahren nicht mehr, nehme auch keine Drogen. Ich war ein Partytier, jetzt gebe ich mein Geld nur noch für Zigaretten und Instrumente aus.

Wodurch kam es zu dieser Wandlung?

Valo: Ich machte einen Entzug, weil ich Blut im Stuhl hatte und Blut spuckte. Es war genug. Während des Reisens ist der Suff eine einfache Flucht, es gibt so viel Auswahl und irgendwo ist immer eine Party, oft genug welche, bei denen alles umsonst ist. Und wenn man dann darüber depressiv wird, trinkt man mehr, was genau der falsche Weg ist. Wenn es dir auch noch privat schlecht geht, kommst du nicht mehr raus aus dem Kreis. Ich sag nicht, dass ich nie mehr in meinem Leben trinke, aber ich lasse es derzeit.

Fehler zu begreifen und abzustellen, ist die Königsdisziplin im Leben.

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Valo: Klar, Fehler sind schon in Ordnung, denn ich lerne ja daraus. Auch sonst bin ich ein Verfechter der ausgleichenden Gerechtigkeit: Nur wenn du unten warst, kannst du es oben genießen. Musikalisch bereue ich zum Beispiel gar nichts.

Worauf beziehst Du Dich denn bei Deinem achten Albumtitel "Liebe in Theorie und Praxis"?

Valo: Auf den Engländer Aleister Crowley und sein Buch "Magick In Theory and Practice". Er war eine schillernde Persönlichkeit, ich kann nur jedem ans Herz legen, sich einmal mit ihm zu befassen. Für mich ist die Liebe diese Magie, denn sie gehört zu den letzten Dingen im Leben, die ich mir nicht erklären kann. Von daher ist es ein Widerspruch in sich, von Liebe in Theorie und Praxis zu sprechen. Man kann sie nicht definieren, höchstens über eine Ehe sprechen ...

... oder über die Mädchen in der ersten Reihe, die Dich anhimmeln. Haben die Dir früher mehr bedeutet als heute?

Valo: Ich schätze sie alle, was auch immer ihre Motivation ist. Vielleicht mögen sie die Finger des Bassisten. Ich fand an Iron Maiden und Type O Negative auch alles gut. Was glaubst Du, wie klein ich mich gefühlt habe, als ich Iggy Pop treffen durfte?

Bist Du auf der Bühne ein anderer als sonst?

Valo: Da bin ich auf Adrenalin - wie ein Sportler, der sich fordert. Ich rutsche in die Magie des Moments, wenn der Rauch über die Bühne wabert. Meine Auftritte sind nicht vergleichbar mit Slipknot oder Kiss. Ich bin auf der puren Schiene, unverkleidet. Ich glaube auch, dass darin Kurt Cobains Ruhm begründet ist: Weil er nicht erfunden war, wurde er unsterblich. Er war kein Kunstobjekt, dadurch wurde er zu so einer Art Che Guevara.

Ist die entspannte Situation in Finnland dafür verantwortlich, dass Deine Lieder nicht rebellieren, die Politik außen vor ist?

Valo: Es gibt in unserer Geschichte schon auch heftige Dinge. Aber es geht uns in Finnland vergleichsweise gut. Musik zu machen, bildet meine Parallelwelt, in der ich Gefühle ausdrücken kann, wozu ich in der Realität nicht fähig bin. Warum sollte ich mich mit - sagen wir mal - der Kirche beschäftigen? Welche Rolle spielt die in meinem Leben?

Keine Ahnung.

Valo: Du sollst dafür bezahlen, und wenn du heiratest, dann gehst du rein. Würde ich in Südamerika leben, wäre mein Verhältnis zur Religion ein ganz anderes. Aber ich spreche lieber über das, was mich bewegt, mich verrückt und glücklich macht: Frauen. Du sagst, "Ich liebe dich", und auch wenn es mehrere Menschen sind, meinst du es so. Da kommt jemand durch die Tür, und dein Leben ändert sich. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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