Francis Rossi

"Es geht um mich, mich, mich, mich, mich!"


Status-Quo-Frontmann Francis Rossi veröffentlicht "One Step At A Time"

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"Es geht um mich, mich, mich, mich, mich!"

Status-Quo-Frontmann Francis Rossi veröffentlicht "One Step At A Time"

06.05.2010 "Rockin' All Over The World": Ein Schlachtruf, der immer noch durch die Stadien und Hallen der gesamten Welt hallt. Seit Francis Rossi (60) vor 48 Jahren die Band gründete, aus der schließlich Status Quo wurde, hat jene fast jedes Jahr ein Album veröffentlicht, darauf Hitsingles wie "Whatever You Want" und "In The Army Now". Und tourt unermüdlich über den Globus, im Oktober kommen Status Quo dann auch wieder nach Deutschland. Dennoch hat der Brite zwischendurch Zeit gefunden mit "One Step At A Time" (VÖ: 07.05.) sein zweites Soloalbum einzuspielen. Ein Egozentriker? Auf jeden Fall. Im Telefoninterview bemüht er sich trotzdem um bescheidenes Auftreten.

Francis Rossi: Hallo? Dagmar? Bist du das?

Francis Rossi - F

Äh, nein. Habe ich ein laufendes Interview unterbrochen? Soll ich später nochmal anrufen?

Rossi: Ach was, nein. Ich rede eh die ganze Zeit nur Müll, das kann ich auch mit Ihnen. Also, lassen Sie mich nur schnell die Füße hochlegen, so, fertig. Worüber sollen wir sprechen?

Über Ihr Soloalbum. Es heißt immer wieder, Sie und Ihr Status-Quo-Kollege Rick Parfitt seien wie ein altes Ehepaar ...

Rossi: Oh ja, sogar sehr!

Francis Rossi - F

Haben Sie sich dann ein bisschen so gefühlt, als würden Sie ihn mit einem Soloprojekt betrügen?

Rossi: Das kann man so sagen, ja. Und es ist sogar schon das zweite Mal. Aber letztendlich geht es mir bei der Musik meistens um mein Ego. Es ist traurig, das zuzugeben, aber allein schon bei der Tatsache, dass ich überhaupt in einer Rockband bin, geht es um mein Ego.

Haben Sie trotzdem Angst, dem Publikum alleine gegenüberzutreten? Das wird schließlich Ihr erster Soloauftritt.

Rossi: Ja, und wie. Das ist ein kleiner Widerspruch. Warum mache ich es, wenn ich eigentlich Angst davor habe? Das war schon immer so: Wenn Sie mich eine Stunde vor Konzertbeginn erwischen, sage ich "Nein, nein, nein, ich will das nicht machen, ich will's nicht!" Dann gehen wir auf die Bühne und ich habe Spaß, freue mich auf die nächste Show - und wenn ich am nächsten Morgen aufwache, geht es wieder von vorne los.

In Ihrer Karriere haben Sie schon über 6.000 Konzerte gegeben. Wie kann das eigentlich immer noch so aufregend sein?

Rossi: Das ist wie beim Sex: Man schläft immer wieder mit der gleichen Person und tut immer wieder die gleichen Dinge, aber manchmal ist es einfach nicht so spannend. Dann wiederum gibt es Momente, die fantastisch sind. Beim Spielen ist das genauso. Ich muss es wieder und wieder versuchen, und wenn es dann richtig schön ist, frage ich mich, warum es nicht immer so sein kann. Ich bin eigentlich immer auf der Suche nach diesem wunderbaren Gefühl.

Francis Rossi - K

Die Auftritte haben auch Schattenseiten: Zusammengerechnet haben Sie rund 23 Jahre Ihres Lebens auf Tour verbracht. Das hat sicher Folgen für Ihr Familienleben ...

Rossi: Ach, ich habe nie eine Riesensache daraus gemacht. Wenn ich auf Tour ging, sagte ich immer ganz knapp "Tschüss"; meine Kinder waren es gewohnt, dass das eben so läuft. Status Quo war immer das Wichtigste. Die Band kam vor Ehefrauen, vor Kindern, vor allem. Eigentlich traurig. Ich muss von Zuhause weggehen, um Lust zu bekommen, dorthin zurückzukehren. Wenn ich die ganze Zeit hier verbrächte, würde ich sehr unruhig.

Welche Folgen hatte das Leben auf Tour für Ihre Gesundheit?

Rossi: Vor ein paar Jahren war es ganz schön anstrengend. Ich hatte Glück, dass wir erst mit den harten Drogen anfingen, als wir schon über 30 waren. Ich habe nicht mal viel getrunken, bis ich 30 war. Der Alkohol hat mich dann zum Kokain geführt. Wenn ich mit dem, was ich jetzt weiß, nochmal in diese Zeit könnte ... ich hätte sicher kein Kokain genommen, ich wäre auf keinen Fall zum Trinker geworden. Ich mag mein Verhalten nicht, wenn ich getrunken habe. Ich mag das Verhalten andere Leute nicht, wenn sie getrunken haben. Das ist ein wichtiges Thema für mich.

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Deshalb haben Sie sich auch schon zum Drogenkonsum von Amy Winehouse und Pete Doherty geäußert ...

Rossi: An dem bin ich überhaupt nicht interessiert. Aber sie fand ich großartig, bis sie dieses furchtbare Wrack wurde, weil sie allen geglaubt hatte, die ihr erzählten, wie toll sie sei. Wir haben das Mädchen ruiniert! Und so toll ist sie auch wieder nicht. Sie ist gut, aber sie klingt wie viele andere Sängerinnen auch. Man darf nie denken, dass man etwas ganz Besonderes sei. Wenn man bedenkt, dass Michael Jackson mit "Thriller" 45 Millionen Alben weltweit verkauft hat - hätte er die alleine in den USA verkauft, hieße das immer noch, dass rund 220 Millionen Menschen dort es nicht gekauft haben. Aber die PR bläst das ganz gewaltig auf. Entschuldigung.

Wofür?

Rossi: Manche hören das nicht gerne. Ich kenne einige Menschen, die das wirklich glauben, die daran glauben wollen. Aber wir sind im Showbusiness. Wir haben Glück, dass ein paar Leute mögen, was wir tun. Status Quo geht mindestens 98 Prozent der Weltbevölkerung total am Arsch vorbei.

Die restlichen zwei Prozent interessieren sich umso mehr. Als Sie letztes Jahr Ihren Pferdeschwanz abschneiden ließen, war das Medienecho riesig.

Rossi: Ich dachte, ich täte etwas wirklich Wildes: "Wow! Seht her! Ich bin besonders!" Dabei haben viele Menschen kurze Haare. Ich hatte es nur eben erst für mich entdeckt; immerhin hatte ich einen Pferdeschwanz, seit ich 16 war. Wobei, Pferdeschwanz ist nicht das richtige Wort. Am Ende war es nur noch ein Rattenschnurrhaar.

Ebenfalls im letzten Jahr wurden Sie von der Queen zum Officer Of The British Empire ausgezeichnet. Sind Sie jetzt endgültig im Bürgertum angekommen?

Rossi: Es ist schon seltsam, dass wir rebellisch begonnen haben und am Ende das personifizierte Establishment sind. Als man uns Bescheid gab, dachte ich erst einmal: "Oh nein, dessen sind wir nicht würdig, das passt auch gar nicht zu uns." Aber wenn Menschen wie wir die Auszeichnung nicht bekämen, würde sie nicht die gleiche Aufmerksamkeit erregen. Insofern bin ich zufrieden, weil wir eine Werbefunktion erfüllt haben. Wirklich verdient haben wir diese Ehre nicht. Niemand aus unserer Branche.

Vor ein paar Jahren sagten Sie, Sie kämpfen immer noch gegen die Maschinerie des Musikgeschäfts. Denken Sie auch mal daran, einfach aufzugeben und zu tun, was die wollen?

Rossi: Ich glaube, das habe ich schon längst. Die Tatsache, dass wir so viele Hits in so vielen Jahren hatten, heißt, dass wir Dinge getan haben, die gut ins System passten. Es ist nicht mehr wie damals zwischen 16 und 25, da steckte ein richtig zorniger junger Mann in mir.

Inzwischen haben Sie acht Kinder, Ihr Sohn Nicholas steuerte einen Song zu Ihrem Album bei.

Rossi: Ja, ein toller Song. Ich hätte ihn mit Quo machen können, aber da anzukommen und zu sagen: "Hey, wir müssen einen Song von meinem Sohn machen" - das stinkt doch. Also ist er auf dem Soloalbum. Und Nicholas wird auf den Konzerten Gitarre spielen, genauso wie Johns (Bassist John Edwards) Sohn.

Heißt das, dass Sie jetzt die Bühne der jüngeren Generation überlassen?

Rossi: Netter Versuch. Nein, nein, nein. Ich mag es zu sehr. Da geht es um mich, mich, mich, mich, mich!

Ein wenig Rampenlicht geben Sie aber trotzdem ab, auch an Ihre Tochter.

Rossi: Als Nicholas gerade erst geboren wurde, habe ich mir manchmal vorgestellt, wie es wäre, später einmal mit meinen Kindern über Musik zu sprechen oder mit ihnen Musik zu machen. Jetzt habe ich das. Nicholas wird auf der Bühne stehen, meine ältere Tochter wird uns unterstützen. Das genieße ich sehr. Auch meine jüngere Tochter hat erst vor Kurzem Taylor Swift gesehen - und auf einmal hat es sie gepackt. Jetzt spielt sie Gitarre und singt. Nur nicht vor mir.

Wieso das?

Rossi: Sie hat wohl ihre Schüchternheit von ihrem Vater geerbt. Aber meine Kinder sehen das nicht. Sie denken, ihr Vater geht ganz locker raus auf die Bühne, dabei schreit er gerade innerlich: "Ach du Scheiße!" Da geht es uns allen gleich. Auch mein 20-jähriger Sohn ist sehr schüchtern, obwohl er ein wirklich guter Drummer ist. Meine Töchter sind auch sehr gute Drummer! Ich hätte nie gedacht, dass ich so vernarrt in die beiden sein könnte. Aber manchmal sehe ich sie mir an und denke: "Wie wundervoll!" - und dann sofort "Natürlich findest du sie toll, sie ist deine Tochter!" Am Ende läuft also alles wieder auf mein Ego hinaus.

Als Sie noch ein Kind waren, wurden Sie wegen Ihrer italienischen Herkunft oft von anderen gehänselt. Haben Sie Ihre Musikkarriere also nur gestartet, um es denen zu zeigen?

Rossi: Deshalb, und um gemocht zu werden. Aber etwas in mir hat die Musik schon immer geliebt. Ganz egal, ob Pavarotti Puccini singt oder Stephan Remmler "Du bist meine Heimat". Das Schlimmste, was einem passieren kann, ist elitär zu werden und alles zu intellektualisieren. Zu glauben, man sei zu cool und zu klug für bestimmte Musik.

Gibt es momentan "uncoole" Musik, die Ihnen gefällt?

Rossi: Letztes Jahr musste ich den Pet Shop Boys eine E-Mail schicken, in der stand: "Leute, ich will's eigentlich nicht zugeben, aber ich liebe eure neue Platte!" Und neulich eine an Meat Loaf, weil ich seine neue Platte gehört habe. Ich liebe sie, obwohl ich's nicht will. Das ist das Wunderbare an der Musik.

Wie läuft es eigentlich bei Ihrer Musik? Muss man sich nach einer so langen Karriere motivieren, um neue Songs zu schreiben?

Rossi: Gerade neulich habe ich zu meinem Manager gesagt: "Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich bin blockiert. Ich fange immer wieder an, etwas zu schreiben, und dann fällt mir auf, dass ich etwas ganz Ähnliches schon mal gemacht habe." Da antwortete er: "Aber genau das wollen die Leute von dir!" Das hat mich irgendwie befreit, in letzter Zeit habe ich wieder mehr geschrieben. Und sobald ich das tue, macht es richtig Spaß. Ich spüre Musik körperlich, und das Schreiben fühlt sich ein bisschen so an, als würde mir einer da unten rumspielen, großartig!

Brauchen Sie dieses Gefühl?

Rossi: Als wir das Cover-Album "Don't Stop" aufnahmen, war ich richtig deprimiert. Ich saß den ganzen Tag herum, starrte aus dem Fenster und dachte: "Es hat alles keinen Sinn mehr." Nur, weil man mich nicht zum Schreiben brauchte. Ich betrachte mich nicht als Songwriter, ich schreibe Sachen für Status Quo. Aber das muss ich tun.

Die Rente haben Sie also noch nicht im Blick?

Rossi: Nein, noch lange nicht. Ich kann einfach nicht genug davon bekommen.

Status Quo auf Deutschland-Tournee

21.10., Mannheim, Mozartsaal

22.10., Zwickau, Stadthalle

23.10., Stuttgart, Porsche Arena

25.10., Erfurt, Messehalle

26.10., Berlin, Tempodrom

27.10., München, Olympiahalle

29.10., Hannover, AWD-Halle

30.10., Emden, Nordseehalle

01.11., Essen, Grugahalle ~ Sabine Metzger (teleschau)


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