Emiliana Torrini

Raus aus der Björk-Falle


Emiliana Torrini gelingt eines der luftigsten Pop-Alben der Saison

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Raus aus der Björk-Falle

Emiliana Torrini gelingt eines der luftigsten Pop-Alben der Saison

05.09.2008 Emiliana Torrinis Stimme kennen sicher mehr als 100 Millionen Menschen. Das liegt daran, dass Regisseur Peter Jackson die isländische Sängerin 2002 für "Gollum's Song" verpflichtete, und der spielte im zweiten Teil seiner "Herr der Ringe"-Filmsaga eine wichtige Rolle. Böse Zungen behaupten, dass Emiliana Torrini den Job nur deshalb bekam, weil Björk abgesagt hatte und Emilianas Stimme der ihrer berühmten Landsfrau ähnelt. Womit wir beim Hauptproblem der Isländerin mit italienischen Wurzeln wären: Allzu oft wurde sie als Björk-Klon verunglimpft, was jedoch gänzlich unzutreffend ist - vor allem, wenn man sich die letzten beiden Alben der 31-Jährigen anhört.

Zugegeben: In "Herr der Ringe" klingt Emiliana Torrini schon ein bisschen wie Björk. Sicher auch deshalb, weil die Produzenten das so haben wollten. Segen und Fluch bringt derlei Bekanntheit, weshalb eine grundsätzlich liebreizende Sängerin aus Island Vergleiche mit Björk mittlerweile wie folgt kontert: "Ich bin an dem Punkt, an dem ich keinerlei Fragen mehr beantworte, die ihren Namen enthalten. Sonst fängt das alles wieder von vorne an. Ich kann das nicht ..."

Emiliana Torrini - M

Trotz dieser allergischen Situation im Interview zeigt Emilianas Beispiel, dass man junge Pop-Sängerinnen nicht zu früh abstempeln sollte. Sicher - ihr Debütalbum "Love In The Time Of Science" ist heute kaum noch hörbar. "Tears For Fears"-Mastermind Roland Orzabal produzierte es in den letzten Tagen des TripHop im allzu modischen Soundgewand. Dazu schaffte man es, dass Frau Torrini, Tochter eines italienischen Gastwirtes auf Island, wie Björk für den Discounter oder Enya auf Lounge-Beats klang. Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei. Heute singt die attraktive Wahl-Engländerin Neo-Folk und sparsam instrumentierten Gitarren-Pop, zu dem sich die Kunst Björks in angenehmer Distanz befindet.

"Me And Armini" ist das zweite Album Emilianas mit Produzent Dan Carey, der unter anderem für hippe Alben von Franz Ferdinand und Hot Chip verantwortlich zeichnet. Dan Carey ist für die Sängerin jedoch mehr als ein Produzent. Er ist bester Freund und musikalischer Partner: "Dan ist sehr populär geworden als Produzent. Wenn er mit mir arbeitet, ist das wie Urlaub für ihn. Dann kann er endlich wieder Musik schreiben. Unsere Arbeitsweise ist denkbar einfach: Er spielt Gitarre, und ich fange an zu singen." Ins Studio gehen die beiden mit einem für Popmusik gänzlich unüblichen Konzept, nämlich gar keinem.

"Manchmal passieren uns während dieser tranceartigen Sessions magische Momente, die man nicht erklären kann. Das Studio, die Musik, alles wird für mich zum durchsichtigen Raum. Ich verstehe plötzlich alles, was passiert. Nur hinterher, beim Anhören, frage ich mich oft: 'Wow, haben wir wirklich diese Musik gemacht?'"

Songwriter-Pop, der aus Improvisation und persönlicher Nähe entsteht. Vielleicht liegt darin das Geheimnis seiner seltsamen Präsenz. In einer Kritik zum wunderbaren Vorgängeralbum "Fisherman's Wife" von 2005 heißt es treffend: "Es ist sicher sehr schwer, so leicht zu klingen." Oft bestehen Emilianas und Dans Musik nur aus frei flottierenden Gitarren und einer wunderbar beseelten Stimme. Hier und da setzt Dan Carey später ein paar sparsame Effekte ein: Geräusche, Beats - ein Klasseproduzent, der verstanden hat, dass weniger in der Regel mehr ist.

Emiliana Torrini - K

Doch woher weiß Emiliana, dass die Magie im Studio tatsächlich stattfinden wird? Gibt es ein Rezept, wie man aus spontanen Improvisationen echte Popsongs werden lässt? "Man muss sich die Zeit nehmen", bringt es die schöne Sängerin auf eine einfache Formel. "Das Leben ist so hektisch. Dan und ich sind die allerbesten Freunde. Auch mit seiner Frau bin ich sehr eng befreundet. Unser Studio befindet sich bei ihnen im Haus, dort arbeiten wir am Tag und in der Nacht. Alles ist sehr familiär, wir essen alle zusammen, auch mit den Kindern."

Nur manchmal, wenn "Dans Arbeit sehr schwierig wird", wie Emiliana berichtet, gehen die Partner für ein paar Tage weg in Klausur, "weil wir dann nur noch Musik schreiben und essen. Ich verliere leicht die Konzentration, daher sind diese Tage wichtig. Manchmal werde ich ängstlich und renne weg vor den Sachen. Daher ist das eine gute Methode, um sich zu fokussieren."

Emiliana Torrini lebt heute an der englischen Küste. Ihre Heimat Island besucht sie nur noch etwa drei Mal im Jahr - zum Urlaub machen, wie sie sagt. Ihr italienischer Vater kam einst nach Island, um ein Restaurant zu eröffnen. Dort traf er Emilianas Mutter, was der Tochter bis heute in Sachen Genpool-Mix kreative Schübe verleiht, aber auch Probleme bereitet: "Ich habe eine isländische Mutter und einen italienischen Vater. Das ist schon ein Kulturschock. Es passt nicht und ich verkörpere diesen Gegensatz in mir. Ich gerate ständig mit mir selbst aneinander. Ich mag es nicht, wenn sich Leute in sich selbst zurückziehen. Ich will die Dinge lieber sofort klären - das habe ich von meinem Vater. Die Isländer sind davon ziemlich schockiert. Sie glaubten auch immer, dass mein Vater herumschreit, dabei war er einfach nur laut."

Und doch gibt es bei Emiliana Torrini natürlich auch isländische Eigenschaften. Eigenschaften, die dem wunderbar leichten und doch so auf den Punkt produzierten neuen Album "Me And Armini" sicher geholfen haben. Eine eigene Vision zu haben, spielte dabei eine entscheidende Rolle: "Persönliche Freiheit ist mir wichtig, das ist typisch isländisch. Der kindliche Glaube daran, dass alles möglich ist. Meine Generation ist sehr begünstigt. Sie wuchs in einer Zeit auf, als in Island unglaublich viel passierte - auch in der Kunst. Wenn du den Entschluss gefasst hattest, Fernsehmoderator zu werden, konntest du diese Idee vielleicht noch am gleichen Tag umsetzen. Man konnte sich aussuchen, was man machen wollte. Die Leute sind immer erstaunt, wenn sie hören, dass ich in Island berühmt bin. Aber es ist eher so, dass es sehr einfach ist, in Island berühmt zu werden." ~ Eric Leimann (teleschau)


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