Joseph kam, schrieb einen Song und verschwand wieder. Und zwar, ohne eine Adresse oder Kontonummer zu hinterlassen. So benannte Tricky eben jenes Lied, dass der Straßenkünstler aus Los Angeles für ihn verfasste, nach dem Autor. In der Hoffnung, er möge sich melden und seinen verdienten Lohn einfordern. Ob Joseph mitbekam, dass der britische Künstler ihn auf dem Album "Knowle West Boy" (2008) verewigte, ist zu bezweifeln. Obwohl die Platte dem ehemaligen TripHop-Wunderkind seit Langem mal wieder annehmbare Kritiken einbrachte, wurde sie ansonsten allgemein ignoriert. Nun jedoch bekommt Joseph eine zweite Chance - dank des Remix-Albums "Tricky Meets South Rakkas Crew". ~ Annekatrin Liebisch (teleschau) aufklappen »
Wie der Titel bereits verrät, tat sich Adrian "Tricky" Thaws mit der South Rakkas Crew zusammen, die sich in der Dancehall-Szene bereits als Produzenten von Beenie Man, Bounty Killer und Lady Saw einen Namen machten. Die Grobrichtung Tanzfläche ist also definiert. Die im Opener "Bacative" ausgegebene Parole "We come in peace and leave you in pieces" scheint dabei das Arbeitsmotto gewesen zu sein: Zimperlich gingen die jamaikanisch-stämmigen DJs jedenfalls nicht mit den Tracks des Briten um.
So lässt sich nur noch am zarten Frauengesang im Refrain erkennen, dass der aggressiv dröhnende Ragga-Elektro-Mix, der das Album eröffnet, im ruhigen, streicherlastigen Tricky-Track verwurzelt ist. Für "C'mon Baby" hingegen tauschte man E-Gitarren gegen donnernde Marschtrommeln, der sanft gezupfte Offbeat von "Cross To Bear" weicht einem verzerrten Dancehall-Rhythmus. Lediglich mit "Joseph" geht man behutsamer um - womöglich, damit der gesuchte Texter sein Werk auch noch wieder erkennen kann. Denn die Remixe an sich formieren eine Platte, die mit dem Original nicht mehr viel gemein hat.
So wird den Tracks zwar die Schwere genommen, die "Knowle West Boy" definierte, diese jedoch in eine schwer greifbare Wut transformiert, die sich wohl nur durch gedankenloses Dauertanzen besänftigen lässt. Dazu nämlich eignen sich die Songs hervorragend - das reine Anhören wird auf Dauer jedoch recht anstrengend.