Tired Pony

Fluchtreflexe gibt es überall


Tired Pony sind eine Allstarband mit leisen Tönen

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Fluchtreflexe gibt es überall

Tired Pony sind eine Allstarband mit leisen Tönen

28.07.2010 Eine neue Supergroup? Oder einfach nur befreundete Künstler, die aus reiner Spielfreude gemeinsam musizieren? Tired Pony sind in vorderster Front Gary Lightbody (34), Sänger von Snow Patrol, und Peter Buck (53), seines Zeichens R.E.M.-Gitarrist. Zusammen mit Kollegen unter anderem von Belle And Sebastian haben sie in einer guten Woche ein leises Album aufgenommen: "The Place We Ran From". Im gemeinsamen Gespräch geben sich die beiden, nur im Alter recht unterschiedlichen Herren höchst bescheiden, aber dennoch redselig. "Redest du schon wieder über Fußball?", fragt Buck, als er mit Blumenhemd und Sakko den Raum betritt. Lightbody, der zappelige, schlaksige Frontmannn, ist Ire. Und zu einem Interviewzeitpunkt, an dem WM noch in aller Munde ist, kann man darüber auch einmal ein Wort verlieren. Bevor man sich dem Lieblingsthema von Buck und Lightbody zuwendet - der Musik.

Irland ist ein ziemlich kleiner Fisch im Weltfußball, hat aber viele Sympathien. Liegt das nur an den Franzosen, die sich mit Thierry Henrys Handspiel unter die WM-Teilnehmer gemogelt haben?

Tired Pony - E

Gary Lightbody: Henry ist jetzt sicher nicht der gerne gesehene Gast bei uns. Aber die Mannschaft hat so extreme Anhänger. Es geht immer um die Party, egal, ob man verliert oder gewinnt, und das ist ja auch der Geist einer Weltmeisterschaft. Fußball ist das einzige Feld, wo Nationalstolz in Ordnung geht. Wenn ich halbwegs dazu in der Lage wäre, würde ich mir auch ein Trikot überziehen und losrennen ...

Stattdessen baust Du Dir einen Privatzoo. Snow Patrol hießen zunächst Polarbear. Jetzt kommt Tired Pony. Vermutlich hast Du in ein paar Jahren einen privaten Tiergarten aus Bands.

Lightbody (grinst): Das ist meine Mission. Ich bastle mir meinen eigenen Fantasiezoo. Aber eigentlich hat der Ausdruck Tired Pony nichts zu bedeuten, ich habe ein bisschen in meinem Notizbuch herumgekritzelt, den Namen hingeschrieben und weiß nicht mehr warum.

Wieso hast Du nach der langen Snow-Patrol-Tour nicht auch eine Pause gemacht wie Deine Bandkollegen?

Tired Pony - L

Lightbody: Die anderen haben sich Anfang des Jahres freigenommen, und ich wollte nicht aufhören, Musik zu machen.

Weil Du so schlecht stillhalten kannst?

Lightbody: Doch, kann ich, aber ich wollte nicht. Wenn da was wäre, wofür ich gerne eine Pause machen würde, würde ich das ja tun. Aber da ist nichts, ich habe kein Kind, zu dem ich möchte - also mache ich so viel Musik, wie nur möglich ist. Deshalb war das der perfekte Zeitpunkt für die Tired-Pony-Aufnahmen.

Ist das Projekt ein großer Spielplatz für Euch alle?

Lightbody: Es ist vor allem kein Projekt mehr. Das war es nur, solange ich darüber nachgedacht habe. Als wir gemeinsam ins Studio gingen, wurde Tired Pony sofort am ersten Tag zur Band.

Peter Buck: Mit Leuten, die improvisieren können ... da hatte ich wirklich Lust drauf. Für mich war es reizvoll, nur acht Tage Zeit zu haben für ein Album. Diese Art zu arbeiten, kenne ich bei R.E.M. nicht. Es musste nichts dazugefügt werden, auch keine zweite Single - herrlich!

Tired Pony - B

Es war also schön, mal nicht ganz so perfekt sein zu müssen?

Buck: Perfektionismus war nie ein Ziel bei mir. Ich finde es albern, als Band danach zu streben. Musik bedeutet für mich immer eine Freiheit zu haben, die man im wirklichen Leben privat nicht hat. Also, ich lass nicht alles stehen und liegen und hau mal eben für eine Woche nach Tahiti ab. Ich habe einen Alltag. Auch bei R.E.M. bin ich der, der alles locker hält. Ich bin ein schneller Arbeiter, und ich schätze mal, deswegen wurde ich auch hier angeheuert.

Stimmt das, Gary?

Lightbody: Naja, wenn ich Musik machen will, steht Peter Buck zu jedem Zeitpunkt ganz oben auf der Liste. Die ganze Tired-Pony-Geschichte war so, als könnte ich mir meine Traumfußballmannschaft zusammenstellen. Peter erschien mir besonders unrealistisch. Das hätte auch schiefgehen können, aber es ist fantastisch, dass es ab dem Moment geklappt hat, als wir gemeinsam in Portland saßen. Wir wussten, wir wollen nur ein paar Gigs spielen, und so war das eine entspannte, sehr befreiende Angelegenheit.

Das heißt, es gibt bei Snow Patrol Einschränkungen, die Dir nicht so schmecken.

Lightbody: Ach, Einschränkungen würde ich es gar nicht nennen. Ich nehme den Job als Musiker einfach sehr ernst, im Fall von Snow Patrol zu ernst. Und ich denke, durch Tired Pony habe ich mich daran erinnert, dass eine Band dir keine schlaflosen Nächte bereiten sollte, sondern dich gut schlafen lassen kann. Das bezieht sich jetzt nicht nur auf meine Unruhe. Peter hat auch Schlafschwierigkeiten, was wohl diesem ganzen unregelmäßigen Rhythmus zuzuschreiben ist. Während des Lebens auf Tour kommst du nie zur Ruhe, ich kann meinen Schlafrhythmus nicht einhalten, und deswegen liegen meine Nerven manchmal blank.

Aber wäre es nicht wichtiger, einen entspannteren Zugang zu Deinem Hauptjob zu finden?

Lightbody: Das wäre es ganz sicher, aber ich habe ihn noch nicht gefunden. Ich bin auch wirklich nicht besonders gut darin, mich zu entspannen.

Okay, Peter, zum Ausgleich: Worin bist Du nicht gut?

Buck: Ich bin keiner, der viel unter Leute will. Ich habe drei Freunde und mit denen treffe ich mich, mehr ist nicht.

Was passiert, wenn Tired Pony unerwartet erfolgreich wird und durch die Decke geht?

Lightbody: Dann kauf ich mir einen Swimming-Pool. Aber ich halte das nicht für realistisch. Und das soll ja auch gar nicht passieren.

Buck: Der Erfolg ist, dieses Album gemacht zu haben - so war es auch bei R.E.M. Wir haben klein angefangen, uns überlegt, dass wir keine Bikinimädchen in unseren Videos brauchen. Ich war von Anfang an ehrlich davon überzeugt, dass wir großartige Musik machen. Und so haben wir uns langsam gesteigert, mit jedem Album ein bisschen mehr verkauft. Jetzt bin ich zwar ein bisschen älter, aber ich kann mir vorstellen, dass das mit Tired Pony genauso sein wird. Jedes Album wird ein bisschen größer. So stelle ich mir das im Idealfall vor.

Inhaltlich geht es diesmal um die dunklen Seiten der USA.

Lightbody: Ja, vor allem um die Vorurteile. Die Sachen, die man als Kind über die USA denkt. Das ist jetzt nur der erste Schritt, sicher gibt es tausend Dinge mehr über dieses Land zu sagen. Ich finde es jedenfalls faszinierend, mal nicht um mich selbst zu kreisen.

Was hast Du denn früher über das Land gedacht?

Lightbody: Mit 20 willst du wegrennen von der Vergangenheit und eine neue Zukunft kreieren. Die irische Idylle von Bangor hat mich nicht inspiriert, als ich aufgewachsen bin. Die USA waren damals wirklich wichtig für mich, zumindest in meinem Kopf. Damals wäre ich gerne dorthin abgehauen. Jetzt aber bin ich wieder in meinem alten Kaff, weil ich gerne bei meiner Familie sein möchte. Als ich weg konnte, wollte ich zurück.

Peter, was sagst Du zu Garys Meinung?

Buck: Das, was ich in diesem Land miterlebt habe, Vietnam, Irak, ist fürchterlich, aber wir sprechen ja jetzt von Musik. Vieles, von Rock'n'Roll über Jazz bis HipHop, kommt aus den USA. Das Zusammenfügen von verschiedenen Traditionen ist es, was Amerika für mich ausmacht - nicht der neue Film von Miley Cyrus. Es gibt so ein paar Verdienste. Dass dank der USA an jeder Ecke ein McDonald's steht, ist sicher keiner.

Du bist in Kalifornien geboren. Bekommt man da das sonnige Gemüt gleich in die Wiege gelegt?

Buck: Ich bin da geboren, aber danach sehr viel umgezogen, habe die meiste Zeit in Georgia und Seattle verbracht. Der Wunsch abzuhauen, ist - glaube ich - überall derselbe. Ich habe in einem Kaff in Georgia gelebt und von New York geträumt. New Orleans stand auch auf der Liste, wo ich dann auch mal kurz war. Aber (lacht) ...

Was?

Buck: Das ist, wofür die Amerikaner bekannt sind: Abhauen, immer noch woanders hin, etwas Neues entdecken. Vielleicht einfach nur weg von dem Ort, an dem deine Eltern leben. Soweit ich das zurückverfolgen kann in unserer Familie, haben die Kinder immer das Weite gesucht. Ich wohne auch 3.000 Meilen weg von meinem Clan - ganz der Tradition entsprechend. Und ich gehe davon aus, dass meine Kinder - sie sind jetzt 16 - dasselbe tun werden. Wenn es auf dem Mars schon klappen würde, würden sie den nehmen und das geht in Ordnung. Ich liebe meine Kinder, um das klarzustellen, aber ich habe gesagt: Sucht euch keine Uni in der Nähe! Und sie meinten: Mach dir da mal keine Sorgen! (grinst) ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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