Bitte Orca

Songwriter muss in diesem Kontext jedoch genauso vage aufgefasst werden, wie die orchestralen Zutaten. Der ehemalige Musikstudent Longstreth schreibt alle Songs und lässt sie anschließend von einem Dutzend Mistreitern mittels Gitarren, Kehlstimmen, Percussion, Loops, Streichern und Drums verwirren. Kaum ein gerader Rhythmus bleibt da bestehen, Melodien tummeln sich in der Grauzone aus Improvisation, Dirty Notes und bewusster Kakofonie, und ständig fiedelt irgendjemand dazwischen. Dabei bleibt das ganze verwirrende Konstrukt jedoch immer niedlich und streichzart, eben in einem kleinen Songwriter-Rahmen, in dessen Mitte Longstreth mit Gitarre und Taktstock verharrt.

Die Beatles kommen dabei manchmal um die Ecke, genauso wie Gesangs-Arrangements auf den afrikanischen Kontinent verweisen und "Bitte Orca" auch immer an hippen Kunstschaffende aus der Longstreths Heimat Brooklyn erinnert. Und so bleibt "Bitte Orca" zugänglich und sperrig zugleich, will verwirren und tummelt auf herrlich unschuldige Art mit der Wanderklampfe in die exzentrische Performance-Kunst-Premiere. Versöhnung bieten dabei vor allem die sanften-weiblichen Gesänge von Angel Deradoorian und Haley Dekle, die trotz Background-Orchestrierung mit Schlagseite heimelige Ruhepole in das Chaos betten. Trotzdem können die Dirty Projectors wohl eher bei Musikforschern und Free-Jazz-Fetischisten punkten, als das sie zur Nachmittagsbeschallung im CD-Player eines gemütlichen Cafés landen. Denn trotz aller versöhnlichen Ziele bleibt immer mindestens ein Stachel stecken, wenn die Projectors fertig sind.