Wäre man ein übereifriger Rechtschreib- und Grammatikpapst wie Bastian Sick, könnte man sich fast schon wieder aufregen. Nach Stefan Gwildis' 2005er Album "Nur wegen dir" (korrekt ja eigentlich: Deinetwegen) jetzt also "Wünscht du wärst hier" (müsste schon "wünschte" heißen). Aber schließlich ist es genau diese leichte Schnodderigkeit, die den Hamburger Sänger schließlich auszeichnet. Und die Tatsache, dass er bei seinen Interpretationen von Soul-, und dieses Mal auch Pop-Evergreens eben nicht unbedingt wortwörtlich übersetzt, sondern versucht, dem zugrunde liegenden Gefühl der Originale nahezukommen. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Wobei es sich natürlich für den bekennenden Soul-Liebhaber Gwildis anbietet, Sam & Daves "Soul Man" in ein das naheliegende "Ich bin Soulfan" zu verwandeln und dort mit reichlich Bläser-Emphase seinen Vorbildern Bill Withers, James Brown, Gladys Knight und Stevie Wonder zu huldigen. Der nostalgische Spaziergang in Marc Cohns Gospel-Piano-Pophit "Walking In Memphis" hingegen wird in "Gestern war gestern" zum aufbauenden Mutmachsong: "Ich weiß du hängst grad tiefer drin / Suchst nach dem Sinn in der Vergangenheit / Aber gestern war gestern / Dreh dich nicht mit um und schau nach vorn." Wenn man so will, sind diese (Neu-)Interpretationen, aber auch auf "Wünscht du wärst hier" wieder nur die Hälfte der Wahrheit.
Denn neben insgesamt sechs Covers stellt Gwildis genau so viele zusammen mit seinem Weggefährten Michy Reincke geschriebene Eigenkompositionen. Dabei zeigt sich der Hamburger Soul-Man von seiner persönlichsten Seite: "Wünscht du wärst hier" ist seinem verstorbenen Vater gewidmet, in "Muhammad Ali" erinnert er sich an dessen tänzelnde Bewegungen. Der letzte Song "Wundervolles Wunder" schließlich beschreibt liebevoll die Geburt seines Sohnes, weitet aber dann den Blick auf das Wunder der Schöpfung allgemein.
So abgehoben, fast spirituell das auch klingt, musikalisch bleibt Gwildis bodenständig. Man merkt, dass sein leichtfüßiger Soul-Pop eben nicht nur ins Radio, sondern vor allem in voller Besetzung auf Live-Bühnen passen muss. So sucht man übertriebene Spielereien in Sachen Produktion auch auf "Wünscht du wärst hier" weiterhin vergebens. Aber zu viel Schliff würde sich auch nicht mit seiner Schnodderschnauze und seiner Stimme vertragen.