Dis Wo Ich Herkomm

In Zahlen hieß das: über 100.000 verkaufte Einheiten. Für die Musikfachblätter war er Deutschlands bester Rapper, tatsächlich war er der erste nationale Superstar, den das Genre hervorbrachte. Obgleich die Hamburger HipHop-Schule bis Mitte der 2000-er verschwunden schien, wurde es nie still um den groß gewachsenen Halbsudanesen. Er gründete ein Label (Deluxe Records, natürlich), nahm Talente unter Vertrag - übrig geblieben sind nur der Münchner Ali A$ und Tua -, kollaborierte mit anderen Genregrößen (Afrob, Savas, Illo) auf diversen Mixtapes und gestaltete Turnschuhe.

Mit "Dis wo ich herkomm" präsentiert Samy Deluxe nun ein 16-Track starkes, thematisch wie musikalisch vielschichtiges Album. Im Laufe der Zeit mauserte sich der Mann zu einem ordentlichen Beatbastler - die Instrumentals hier stammen fast allesamt von ihm selbst. Der gereifte Rapper bietet neben der Single-Auskopplung "Dis wo ich herkomm", in der er sein Verhältnis zu Deutschland erklärt, einen rührenden Einblick in die nicht stattfindende Beziehung zu seinem Vater ("Vatertag"). Auf "Oma Song", mit Max Herre an den Reglern, lobpreist er seine verstorbene Großmutter, während er auf dem Reggae-Song "Bis die Sonne rauskommt" tatsächlich singt. Gebattelt wird kaum bis gar nicht. Lediglich auf "Erster" werden einige großspurige Ansagen gestreut, die dennoch reflektiert wirken.

Da in diesen Zeiten kein Rap- oder Popkünstler vor der Verwendung von Auto-Tune gefeit ist, setzt auch Samy den inflationär gebrauchten Stimmverzerrer nicht nur auf dem rührseligen "Superheld" ein. Das Resultat ist mehr als hörenswert. Vielleicht ist die Musikalität hier ein Zugeständnis an das Alter. Womöglich funktionieren die sehr persönlichen Themen auch nur mit einer melodiösen Instrumentierung. Wie dem auch sei: Samy Deluxe macht einen gewaltigen Schritt nach vorne. Als Rapper, als Musiker und vielleicht sogar als Mensch.