Richard Swifts letztes Album trug den extrem aussagekräftigen Titel "Dressed Up For The Letdown". Zu schön herausgeputzten, intelligenten Popsongs, die an Randy Newman oder Paul McCartney erinnerten, sinnierte der US-Songwriter 2007 über die vielfältigen Enttäuschungen des Lebens. Und jammerte - zumindest ein wenig und sehr charmant - über die eigene Erfolglosigkeit. Seitdem konnte er einige kleinere Achtungserfolge verzeichnen. Vielleicht wirkt "The Atlantic Ocean" auch deshalb eine Spur luftiger und optimistischer. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Wobei es wohl auch mit diesem neuen Album fast als ausgemacht gilt, dass Swift und sein gewitzter Gentleman-Pop bis auf Weiteres ein ziemlicher Geheimtipp bleiben werden. Auch wenn es immer wieder berechtigte Lobeshymnen gibt und der Songwriter einen Auftritt bei der schon manche Karriere in Fahrt bringenden UK-Show "Later... With Jools Holland" hatte. Und er seit Längerem von Wilco-Sänger Jeff Tweedy protegiert wird, der Swift im Vorprogramm seiner Band auftreten ließ.
Der Grund dafür ist einfach: Swifts Songs sind weniger Ohrwürmer als viel mehr ausgefeilte kleine Kunstwerke, die von seiner hohen Musikalität zeugen. So spielt der Songwriter auf "The Atlantic Ocean" höchstpersönlich Schlagzeug, Bass, Piano, Synthesizer, Mellotron, Banjo, Xylofon und einige Instrumente mehr. Und erlaubt sich - auch wenn ein gewisser fröhlicher, musicalhafter Grundton das Album zusammenhält - Ausflüge in alle (Un-)Tiefen der Musikgeschichte. "Hallelujah, Goodnight!" ist ziemlich perfide ausgeklügelter 80er-Jahre-Bubblegum-Pop, "The First Time" ist ein Gute-Laune-Countrysong und "Lady Luck" schwärmerischer Soul, bei dem Swifts Stimme schön ins Falsett kippen darf.
Für Liebhaber und Popmusik-Connaisseure ist die auf "The Atlantic Ocean" gebotene Vielfalt und Musikalität sicherlich ein Fest. Wer von ihm oder artverwandten Musikern wie Rufus Wainwright, Andrew Bird oder King Creosote noch nie etwas gehört hat, wird es aber wohl auch in Zukunft nicht tun. Schade eigentlich.