Nun ist es keine Neuigkeit, dass Pavement, eine der wichtigsten amerikanischen Indierock-Formationen der 90er-Jahre, ausgesprochen produktive Gesellen waren. Was da an EP- und Single-B-Seiten veröffentlicht wurde, war in Sachen Qualität und Quantität bemerkenswert, und offenbar noch nicht alles: Domino Records geht in Sachen Nachlassverwaltung erneut in die Vollen und veröffentlicht "Brighten The Corners", das vierte Album der Gruppe um Stephen Malkmus, als bemerkenswerte und stolze 44 Titel umfassende Doppel-CD. Natürlich, das ist etwas für Forscher, vielleicht sogar für Freaks - aber so ganz nebenher gibt das flankierende Zusatzmaterial dem eher stringent inszenierten Album ein bisschen Pfeffer. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Die Überschwänge und Feedback-Orgien der Vorgänger hatten Pavement seinerzeit etwas zurückgefahren und durch einfacher zugängliche Stilmittel ersetzt, nachzuhören in "Shady Lane", einer der wohl besten Pavement-Singles überhaupt. Frontmann Malkmus nölt sich leicht verzückt Richtung supereinprägsamen Poprefrain, die Band folgt willig - die Basslinie ist ziemlich weit vorne im Genre. Auch an anderen Stellen bleibt die Band brav: So flirrt das folgende "Transport Is Arranged" relativ entspannt und zitiert sogar Americana, "Date w/ Ikea" ist überschwänglicher und nett verzerrter Powerpop. In "Blue Hawaiian" klingen Malkmus und sein Sprechgesang ein bisschen wie Beck, und in "Starlings Of The Slipstream" erlauben sich Pavement gegen Ende auch die einzige Lärmexplosion des kompletten Albums.
Stolze 30 Bonustracks komplettieren das Album - sie konsequent und aus Gründen der eigenen Unterhaltung in Gänze durchzuhören, ist freilich Unsinn, weil nicht zur Veröffentlichung geplantes Material naturgemäß oft genug nah an der Grenze zur Redundanz stattfindet. Empfehlenswert sind freilich genügend Songs, etwa "Cataracts", ein unveröffentlichter Track aus einer BBC-Session, oder die B-Seite "Slowly Typed", deren Melodieführung sich ziemlich genau in die Mitte zwischen Iggy Pops "Lust For Life" und den Lee-Hazlewood- / Nancy-Sinatra-Klassiker "Jackson" setzt. Desweiteren hübsch weit vorne: "Oddity", im Original von den neuseeländischen Punk-Heroen The Clean und die im August 1997 aufgenommenen Peel-Session-Songs, unter denen sich mit "The Classical" immerhin ein The-Fall-Cover verbirgt. Hörenswert, erwerbenswert, zudem hübsch und gewitzt aufgemacht.