Das darf dem Hörer bekannt vorkommen: Rock, dem eine klassische Melodie zugrunde liegt. Da dürfen einem Queen, Procul Harum, The Exception, Rick Wakeman, Jon Anderson, The Nice und Jean Michel Jarre einfallen. In den tiefsten Sechzigern und Siebzigern war das mal eine gute Idee. Nun aber bemächtigen sich My Excellence dieser Idee, um sie auf "Pomp's Not Dead" zu präsentieren. Das Wörtchen "Pomp" im Titel trifft es ganz gut. Denn nicht nur die Zirkus- und Seventies-Kostüme des Quartetts aus Wien atmen den Odem der schlimmen Prunk- und Satinzeiten auf den Rockbühnen, sondern auch ihr äußerst fett produzierter Breitwandrock. ~ Nini Michel (teleschau) aufklappen »
Mit einem Armeeröcklein, das exakt dem von My-Chemical-Romance-Sänger Gerard Way gleicht, wirft sich der deutsche Vorsänger Richie Ulmer medienträchtig vor seinen eigentlich sehr souveränen österreichischen Musikanten Chris, Michael und Paul in fürchterliche Posen. Mit dieser Aufmachung könnten My Excellence sicher wenigstens ein erfolgreiches Teenieprojekt werden. Das Problem ist aber: In jedem, wirklich jedem Song ist eine bekannte klassische Melodie verpackt, die das Ganze unerträglich macht.
"Es gibt ja sehr verschiedene Stile, nicht nur Barock oder Wiener Klassik", meint Richie und freut sich sichtlich über diese Erkenntnis. Und er findet das Unternehmen Klassik meets Rock sehr, sehr schwierig. Für den Hörer gilt das auf jeden Fall. So zwängt sich das Wiener Blut in den Song "Does Anyone Know", "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach in "For Good's Sake" und die "Kleine Nachtmusik" in "Sorry". Die "Bilder einer Ausstellung" (ganz neue Idee) in "Ghosts", "Fooled Again" zitiert ein Chopin-Nocturne. Und so weiter. Selten mal werden Melodien dezent verarbeitet. Und meist hört man, dass My Excellence eigentlich einen schön dick-bretternden Rocksong hinbekommen würden. Wenn - ja wenn - sie nur auf diese Klassik-Idee verzichtet hätten.
Denn wer will wirklich noch "Für Elise" hören, ein Klavierschüler-Folterstück, mit dem uns auch "Swallow" anfangs schockiert - um dann in einen recht schönen dunklen Rocksong einzutauchen. Muss man echt noch mal das abgenudelte Tschaikowski-b-moll-Klavierkonzert bemühen ("The End Of Days")? Oder auch die "Mondscheinsonate"? Die Bach-"Toccata & Fuge in d-moll"? "Freude schöner Götter Funken"? Vivaldis "Winter"?
Die Antwort lautet: Nein. Das Zeug ist so abgedroschen, das sogar Sarah Brightman einen Bogen drum macht, und das will was heißen. Und wenn einem schon keine eigenen Melodien einfallen wollen, dann sollte man doch wenigstens unbekanntere Stücke aus der Klassik klauen. Oder eben gleich weglassen. Dann gingen My Excellence womöglich als eine recht ordentliche Kapelle durch. Aber so nicht.