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Die Fackeln im Sturm


Klez.e, eine kleine Berliner Band mit einem opulenten Album

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Die Fackeln im Sturm

Klez.e, eine kleine Berliner Band mit einem opulenten Album

30.01.2009 Glaube, Kunst und Kriege. Drei ernste Themen im Gespräch mit Klez.e-Sänger Tobias Siebert. Aber Religion spielt eine wichtige Rolle auf dem neuen Album der philosophischen Berliner Band. Und "Vom Feuer der Gaben", dieser erklärungsbedürftige Titel, führt im Interview direkt zum Thema Krieg. Auf dem Rückweg geht es zu Thom Yorke, denn mit Radiohead werden die Band und ihre "Kunst" seit fünf Jahren immer wieder verglichen. Ein weiter Bogen für einen verschlafenen Berliner Vormittag. Den Abend zuvor hat Siebert mit Produzieren verbracht, wie fast alle seine Abende. Gestern Phillip Boa, morgen Juli. Das Klez.e-Label und sein Studio liegen in der gleichen Etage im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Das spart Wege. Eigentlich ist er jeden Tag da, sagt Tobias Siebert, und zeigt den schalldichten, selbst isolierten Raum her, der aussieht wie eine Puppenstube für Tontechniker. Ein bisschen antik, ein bisschen Flohmarkt, und aus jedem Kleinteil spricht die Liebe zum Detail, die sich auch in Klez.es Musik wiederfindet.

Ihr seid eine Band, die gerne philosophiert. Würde es Dich ärgern, wenn ich den Begriff "verkopft" verwende?

Klez.E - H

Tobias Siebert: Nein. Ich begreife das Wort positiv, unter dem Aspekt "nachgedacht". Über das, was man tut, nachzudenken, finde ich wichtig. Auch derjenige, der unsere Songs anhört, darf entsprechend dazu angeregt werden. Kunst sollte - oder sagen wir darf - verkopft sein.

Hat Kunst in Deinen Augen ein Eigenleben?

Siebert: Ganz klar. Als wir an diesen Stücken arbeiteten, traten die Lieder immer wieder an uns heran: "Macht mal noch weiter!". Das Album hat anderthalb Jahre von uns gefordert. Das Schreiben ging flink, dauerte einen Monat. Dann hörten wir hin, um festzustellen, die Songs verlangen nach mehr. Wir wussten nicht, wo das hinführt, aber als wir da noch eine Orgel und dort einen Chor zufügten, ließen sie uns in Ruhe.

Was habt Ihr gemacht, wenn Ihr nicht mehr wusstet, wie Ihr die Forderungen erfüllen sollt?

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Siebert: Wir gingen an der Spree spazieren, kauften auf dem Rückweg ein paar gute Weine und tranken sie im "Blauen Kabinett", das ist ein unvermieteter, mit blauem Teppich ausgelegter Raum, dort wo wir proben. Wenn wir nicht weiter wussten, haben wir uns dorthin zurückgezogen, um zu philosophieren. Dadurch entdeckten wir, obwohl wir uns schon recht lange kennen, auch Neues aneinander. Danach sind wir eigentlich immer mit Ideen in unseren Proberaum zurück, die wir ausprobieren wollten.

"Vom Feuer der Gaben" ist ein Titel, der einer Erklärung bedarf.

Siebert: In dem Text geht es um das Feuer von Opfergaben, ich beschreibe den plötzlichen Ausbruch eines Krieges und die einhergehenden Veränderungen, wenn verlangt wird, dass man kämpft.

Dabei spielt das Thema Religion für Dich eine Rolle.

Siebert: Komischerweise werden Kriege oft religiös unterstützt. Die USA hat wirtschaftliche Interessen, behauptet aber "Gott ist mit uns", um ihr Handeln zu legitimieren. Warum aber ist es plötzlich erlaubt, für eine Sache zu morden, wenn doch die Zehn Gebote "Du sollst nicht töten" besagen?

Hat Dich der Glaube in den vergangenen zwei Jahren stärker beschäftigt als früher?

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Siebert: Ja, es gibt in unserer Familie ein Paar, das sehr kirchlich geworden ist und versucht, die Familie zu bekehren. Sie schicken beispielsweise nur noch Geschenke mit religiösem Hintergrund. Ich möchte dem Glauben gar nichts absprechen, in Zeiten der Trauer ist er sicher ein Halt. Aber es hat seine Grenzen und kann auch gefährlich werden. Ich bin kein sehr religiöser Mensch, glaube aber an gebündelte Kräfte, die Dinge verändern oder manifestieren können.

Auch ein Album ist eine Manifestation. Diesmal habt Ihr Eure Songs von Künstlern illustrieren lassen. Habt Ihr dadurch die Lieder "sichtbar" gemacht?

Siebert: Das kann man so sehen. Das Album hinterließ uns ja zunächst ratlos. Als wir die ersten Bilder von den Künstlern geschickt bekamen, überkam uns eine Klarheit, wir begriffen, dass Gefühle, auch unsere Gefühle, festgehalten wurden. Zum Beispiel das Feuergefühl, das wir hatten, wenn wir an dieses Album dachten. Durch die Bilder, die wir auch im Inlay des Albums abdrucken, ergibt sich eine weitere Ebene.

Ihr habt die Texte ins Englische übersetzt. Ist das ein Hinweis darauf, dass Ihr Lust aufs Ausland habt?

Siebert: Das war in erster Linie für die internationalen Künstler, damit sie verstehen, worum es in den Songs geht. Aber im Hinterkopf haben wir das schon, auch woanders aufzutreten. Es ist aber schwer als deutschsprachige Band.

Dabei werdet Ihr ja eher mit internationalen denn mit nationalen Bands verglichen. Seit Anbeginn zitiert man Radiohead ...

Siebert: ... was den Umgang mit Musik und die Vielfalt angeht; musikalisch spielen eher The Cure und Dead Can Dance eine Rolle. Unsere Wurzeln sind weit weg von deutscher Musik.

Eure Vielfalt zeigt Ihr schon durch Euer Instrumentarium, als da wären eine Thüringer Waldzither und eine Heidelberger Schnelldruckpresse.

Siebert (lacht): Wir haben sogar ganz bewusst so uncoole Instrumente wie ein Didgeridoo dazugenommen. Ich habe meinen Beruf als Drucker - übrigens in der dritten Generation hier in Berlin - vor zehn Jahren an den Nagel gehängt. Die Presse gehört meinem Vater. Ich erinnere mich an diese Maschine, weil sie schnauft und pustet, es hört sich an, als würde sie zählen und wenn sie klackert, klingt das wie Worte - vielleicht habe ich auch nur viel Fantasie.

Was der Grund sein könnte, weswegen Du so häufig als Produzent gebucht wirst. Auch jetzt, kurz vor der Veröffentlichung, arbeitest Du schon wieder an fremden Songs. Ist das willkommene Ablenkung - oder bist Du gar nicht nervös?

Siebert: Doch, diese Aufregung gibt es noch. Schließlich habe ich mir für das Album ein Jahr freigenommen. Das Studio organisiere ich um Klez.e herum. Wir proben ohnehin nur abends, da einige aus der Band arbeiten. Ich bin eigentlich jeden Tag hier. Aber das will ich auch. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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