Kilians

"Wir nehmen lieber die Treppe"


Solide Arbeit, solider Charakter: Die Kilians sind die vermutlich beste junge deutsche Indie-Band

Aktueller Artikel im akuma.de Magazin zu Kilians
» Übersicht von Kilians anzeigen

"Wir nehmen lieber die Treppe"

Solide Arbeit, solider Charakter: Die Kilians sind die vermutlich beste junge deutsche Indie-Band

17.04.2009 Sie sind jung und werden sich später nicht entschuldigen müssen, dass sie das Geld brauchten. Denn die Kilians sind sich bewusst, dass morgen schon alles vorbei sein kann. Bislang können die fünf Musiker aus Dinslaken, die bereits als Schüler die Band gründeten, aber schon auf eine durchaus beachtliche Karriere zurückblicken. Von Tomte-Sänger Thees Ullmann entdeckt und gefördert, spielte die junge Rockband bei Rock Am Ring, im Vorprogramm der Beatsteaks und von Wir sind Helden, war für die "Eins Live Krone" als bester Newcomer nominiert. Mit ihrem zweiten Album "They Are Calling Your Name" soll diese Erfolgsgeschichte jetzt weitergehen. Und dieses überzeugt mit eingängig rundem Indie-Rock - und die Band mit einer gesunden Haltung zum Geschäft. Im Interview sprechen Frontmann Simon den Hartog und Gitarrist Arne Schult über Mädchen bei Konzerten und ihr Leben nach der Band.

Euer Album heißt "They Are Calling Your Name". Könnt Ihr Euch an das Gefühl erinnern, als das erste Mal Euer Name vom Publikum gerufen wurde?

Kilians - W

Arne Schult: Ich war da schon geschmeichelt. Das ist schon besser, als auf der Bühne zu stehen und keiner sagt was.

Sind Mädchen bei Auftritten unkritischer?

Simon den Hartog: Ja, das ist schon eine Tendenz. Viele Mädchen stehen beim Gig mit der Digitalkamera und sehen das Konzert nur durch die Linse.

Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Jungs die ernst zu nehmenderen Fans sind?

Kilians - E

Schult: Das kann man nicht so pauschal sagen. Die ersten Reihen mögen aus 16-jährigen Mädchen bestehen, danach kommen die Jungs, und hinten stehen die Älteren. Wenn Jungs ankommen und sagen "War geil!" freut mich das genauso wie die Mädels, die ein Foto machen wollen. Das schmeichelt beides auf seine Weise.

Es mag auch schmeicheln, dass man beim Hören Eurer Songs wieder den Eindruck hat, dass Dir, Simon, das Schreiben nicht schwer fällt.

den Hartog: Nein, Ideen gibt es genug. Wir vertonen unsere Eindrücke. Dabei verwerfen wir viele Songs, die zwar gut sind, aber nicht in den Kontext passen, fernab jeder Realität sind. Ich konzentriere mich auf Qualität statt Quantität und das, was zueinander passt.

Tendiert Ihr zur Unzufriedenheit?

den Hartog: Klar gibt es die Schwierigkeit, den Abstand zu wahren. Besonders, wenn du dich über lange Zeit mit deiner Musik beschäftigst, kommst du an den Punkt, an dem du fragst: "Was ist das denn?". Aber es ist auch das Credo dieser Band, unseren eigenen Songs mit einer gewissen Skepsis zu begegnen.

Schult: Wir erleben keinen Zeitpunkt in blinder Euphorie, wissen, dass es um Momente geht, die wir erleben und die gut sind.

Kilians - \"

den Hartog: Wenn es diese Phasen nicht geben würde, ich weiß nicht, dann kann man auch zu Hause bleiben. Es gibt mehrere Parteien mit unterschiedlichen Meinungen, wenn man ein Album aufnimmt. Dann versucht man die Späne, die gefallen sind, wieder zu einem Knubbel zusammenzupacken. So dass alle zufrieden sind.

Vor anderthalb Jahren war Dein Plan, mit dem Studieren anzufangen. Obwohl es mit den Kilians weitergeht, hast Du das getan, bist ausgezogen und wohnst seit fünf Monaten in Köln.

den Hartog: Es gab den Versuch, zu studieren. Ich war schon lange nicht mehr dort, und Sozialwissenschaften sind auch nicht das Richtige. Aber ich habe einen Einstieg gefunden und werde es weiter versuchen. Ich hatte für mich den Anspruch, das zu machen, aber ich habe wenig gemeinsam mit den anderen Kommilitonen, die das Studium an Platz eins setzen, während ich die Band an diesen Platz stelle. Ich sitze in der Vorlesung und finde es interessant, mich mal mit diesen anderen Thematiken auseinanderzusetzen. Aber wenn ich auf Tour gehe, gehe ich auf Tour. Trotzdem war der Schritt wichtig.

Fühlst Du Dich in Köln manchmal allein?

den Hartog: Mir war klar, dass ein soziales Netz nicht von jetzt auf gleich entsteht. Ich wollte eigentlich nach Berlin, aber von Köln aus ist es mit dem Zug ja nur eine Stunde nach Dinslaken. Aber es ist nicht so einfach, ich weiß manchmal auch nichts mit mir anzufangen.

Schult: Der Schritt rauszugehen, in einer eigenen Bude in einer anderen Stadt steht bei uns allen gerade an. Auf eigenen Füßen stehen, die Wäsche nicht mehr bei Mutti waschen. Man tut sich aber auch schwer, diesen Schritt zu gehen, denn wenn man mal zu Hause ist, freut man sich schon, umsorgt zu sein. Gleichzeitig habe ich die Sehnsucht nach den eigenen vier Wänden. Keiner von uns ist aber so fest zu Hause verankert, dass da keine Veränderung anstehen könnte.

Überlegst Du auch zu studieren?

Schult: Ich bin in Duisburg eingeschrieben für BWL und werde mich auch in Köln wieder einschreiben, wenn die Zeit da ist. Es ist nur schwierig mit den Bachelor-Studiengängen - aber ich habe definitiv Lust, mich geistig weiterzubilden.

den Hartog: Das was wir jetzt erleben mit der Band, diese Einblicke, das ist ja irgendwie auch eine Lehrzeit.

Dennoch bekommt man bei Euch den Eindruck, dass Ihr denkt, die Band ist etwas Temporäres.

Schult: Wir würden uns doch selbst belügen, wenn wir sagen würden, dass das ewig dauert. Es bringt nichts, weiter als ein halbes Jahr zu planen.

Den Hartog: Musik ist kurzlebig, Bands tauchen auf, verschwinden wieder. Songs tauchen auf, verschwinden, so ist das auch mit dieser Band. Wir wollen nicht verschwinden, aber wir werden auch verschwinden, die wenigsten bleiben für die Ewigkeit. Dann bin ich Simon den Hartog, studiere und war mal Sänger in einer Band, die keiner mehr kennt.

Schult: Es ist gefährlich, anders zu denken. Wir haben die Fähigkeit, alles realistisch einzuschätzen und verfallen nicht in Tagträumereien.

Worum geht es Euch dann?

den Hartog: Es geht darum, sich nicht allein über die Musik zu definieren, es gibt tausend andere Facetten. Wenn ich unterwegs bin und nicht wenigstens einmal am Tag an meine Mama denke, an die Leute, die mich mein Leben lang begleitet haben, dann kann ich gleich aus dem achten Stock springen. Wegen dieser Leute fällt es leicht, unten zu bleiben. Weil wir ja gar nicht oben sind. Wir haben doch nichts erreicht, schöne Konzerte gespielt - aber die Welt verändert haben wir nicht. Das tun die wenigsten. Wer das glaubt, ist für mich verblendet. So was passiert Schauspielern oder Fußballern. Ich habe immer gesagt, wir nehmen lieber die Treppe statt den Aufzug.

Was war denn die größte Enttäuschung der letzten Zeit?

den Hartog: Menschlich gesehen war das ich selbst. Ich habe mich zum ersten Mal verliebt, hatte eine Freundin, und es hat nicht funktioniert. Ich wurde bitter enttäuscht - wie auch ich sie bitter enttäuscht habe. Deswegen ist die Single "Said And Done" so gut, sie handelt von diesen Enttäuschungen. Du hast Gefühle für jemanden, und der andere hat sie nicht, Gefühle sind ja auch sehr kurzweilig. So ist das. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


Interviews, Stories, Meldungen und CD-Kritiken zu Kilians

"Wir nehmen lieber die Treppe"

Solide Arbeit, solider Charakter: Die Kilians sind die vermutlich beste junge deutsche...
"Wir nehmen lieber die Treppe"

Sie sind jung und werden sich später nicht entschuldigen müssen, dass sie das Geld brauchten. Denn die Kilians sind sich bewusst, dass morgen schon alles vorbei sein kann. Bislang können die fünf Musiker aus Dinslaken, die bereits als Schüler die Band gründeten, aber schon auf eine durchaus beachtliche Karriere zurückblicken. Von Tomte-Sänger Thees Ullmann entdeckt und gefördert, spielte die junge Rockband bei Rock Am Ring, im Vorprogramm der Beatsteaks und von Wir sind Helden, war... mehr »


Weitere Meldungen zu Kilians


CD-Kritiken zu Kilians-Alben