Dido

Die Sehnsucht nach einem ruhigen Leben


Dido entschleunigt das Popbusiness

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Die Sehnsucht nach einem ruhigen Leben

Dido entschleunigt das Popbusiness

14.11.2008 Seit fast zehn Jahren ist die Londoner Sängerin und Songschreiberin Dido "dick im Geschäft", wie man so sagt. Doch trotz beeindruckender Plattenverkäufe, eine berechnende Geschäftsfrau ist die 37-Jährige nicht. "Safe Trip Home" ist erst ihr drittes Album nach der Durchbruchsplatte "No Angel" (1999) und dem noch einträglicheren Nachfolger "Life For Rent" (2003). Vom eigenen Erfolg unbeeindruckt hat Dido ihren melancholischen Wohlfühlpop einmal mehr behutsam über die Jahre reifen lassen - mit teils namhafter Unterstützung und im Wissen um die alten Meister der Popmusik.

"Safe Trip Home" ist Deine erste Veröffentlichung seit fünf Jahren. Warum brauchst Du immer so lange, um ein Album fertig zu stellen?

Dido - K

Dido: Ich denke, das liegt daran, dass ich keine Alben aufnehme, bloß um Alben aufzunehmen. Mir geht es darum, Musik zu machen. Und eine Platte ist das, was sich dabei nach und nach herausschält. Mir kommt es gar nicht so vor, als sei viel Zeit verstrichen. Das merke ich immer erst dann, wenn jemand kommt und sagt: "Na, Du hast uns ja ganz schön warten lassen!" Ich gebe zu, dieses Mal habe ich es massiv übertrieben und Material für zwei oder drei Platten angehäuft. Aber ich versuche eben, nicht in so eine Tretmühle zu geraten, in der man nur noch an die nächste Veröffentlichung denkt.

Deine ersten beiden Alben haben sich wahnsinnig oft verkauft. Normalerweise werden so erfolgreiche Acts doch gedrängt, möglichst rasch nachzulegen.

Dido: Ich weiß, und ich schätze mich sehr glücklich, dass die Plattenfirma das nicht getan hat. Die wissen halt, wie ich ticke, und warten geduldig, bis ich mit etwas ankomme, dass ich auf die Welt loslassen möchte. Das ist schon ein sehr großer Segen. Man respektiert, dass es mir um die Musik geht, nicht so sehr um den ganzen Rest.

Man gewinnt tatsächlich leicht den Eindruck, dass Dir das schrille Pop-Business nicht wirklich liegt.

Dido - K

Dido: Das ist so. Ich liebe einfach Musik und freue mich, jeden Tag etwas dazuzulernen. Natürlich macht es mir Spaß, durch die Welt zu reisen. Aber im Wesentlichen sehne ich mich nach einem ruhigen, friedlichen Leben.

Auf dem neuen Album hast Du viele der Instrumente selbst eingespielt. Sollte das die Platte zu einem persönlichen Statement machen?

Dido: Es war ursprünglich gar nicht meine Absicht, so viele Parts zu übernehmen. Aber während der Aufnahmen merkte ich: Je mehr ich selbst spielte, desto mehr konnte ich von mir persönlich rüberbringen. Desto mehr konnte ich von dem Gefühl retten, das ich beim Schreiben hatte. Wenn man die Dinge jemand anderem überlässt, entfernt man sich schon einen Schritt von der Vision, die man am Anfang hatte.

Die Arrangements und Harmonien bei "Northern Skies" erinnern ein wenig an den TripHop der 90er-Jahre, speziell an den von Massive Attack. Eine bewusste Referenz?

Dido: Das ist witzig. Bei "Northern Skies" haben wir eine alte Rhythmus-Maschine angeschlossen. Eigentlich waren programmierte Beats tabu. Aber hier haben wir auf "Play" gedrückt, und alles war perfekt. So ist der Song entstanden. Aber natürlich liebe ich Massive Attack und Tricky. Als ich anfing, zu schreiben, waren die unwahrscheinlich einflussreich - auch für mich.

Gab es andere konkrete Einflüsse? "Don't Believe In Love" etwa hat diesen Retro-Soul-Touch, den Amy Winehouse und Duffy populär gemacht haben.

Dido - A

Dido: Der Song war ursprünglich gar nicht als Soul-Nummer gedacht. Aber natürlich liebe ich Sänger wie Al Green oder Bill Withers. Insgesamt habe ich mich auf dem Album eher von einzelnen Songs inspirieren lassen als von Bands oder Stilen. Beispielsweise habe ich die Streicher bei "Louisiana 1927" von Randy Newman studiert ...

Allerdings ein fantastischer Song! Obwohl Randy Newman natürlich sehr viel gemeinere Lieder schreibt, als Du das tust.

Dido: (lacht) Tut er das? Vor allem ist er ein Genie. "Political Science" hat er beispielsweise in den 70-ern geschrieben, und das Stück ist heute total relevant. Er ist wahnsinnig witzig und absolut brillant. Seine Streicherarrangements zu hören, war eine Offenbarung für mich. Er hat da so viel von sich reingesteckt, es ist unglaublich.

Du hast noch mit einem anderen Genie zusammengearbeitet: Brian Eno. Wie kam es denn dazu?

Dido - \"

Dido: Nun, ich fuhr eines Tages mit dem Auto ziellos durch die Wüste und hörte "Another Green World" - mein Lieblingsalbum von Eno. Es ist aus den 70-ern und man fragt sich: Kann das wirklich vor so langer Zeit entstanden sein? Da steckt die Keimzelle für so viele Genres der Gegenwart drin. Die Musik ist so klar, man kann förmlich durch sie hindurchschauen. Ich dachte mir also, dieses Album ist schier unfassbar, ich liebe es, und so rief ich ihn an.

Langsam! Man ruft Brian Eno einfach so an und fragt, ob er Zeit hat?

Dido: (lacht) Ja, das ist erstaunlich simpel. Ich hatte ihn zuvor schon kennengelernt. Er ist wirklich ein Genie. Er interessiert sich für alles: Musik, Kunst, Atomphysik, Computer ... Er ist ein wirklich brillanter Mensch, außerdem sehr nett und ermutigend. Wir hatten viel Spaß zusammen. Eno arbeitet wie ich sehr instinktiv und schnell. Wir verfolgen die gleiche Philosophie: Das Songwriting, der emotionale Part, muss schnell gehen, aber für die Ausarbeitung der Sounds muss man sich Zeit nehmen.

"Grafton Street", der Song, den Du mit Eno geschrieben hast, scheint sehr persönlich eingefärbt. Worum geht es da genau?

Dido: Normalerweise enthülle ich nicht so gerne, worum es in meinen Songs geht. Aber hier kann man es schon sagen: "Grafton Street" handelt von meinem Vater, der kürzlich verstorben ist. Es ist komisch: Man schüttet sein Herz in einen Song aus und denkt gar nicht daran, dass andere Leute das zu Hören bekommen, ehe genau das passiert. Ich weiß nie, wie ich das dann einschätzen soll. Aber mit "Grafton Street" fühle ich mich sehr wohl. Der Song enthält meine Erinnerungen an diesen Menschen, von dessen Geschichten ich meine blühende Fantasie habe.

Hast Du manchmal Angst, dass Du Dich zu sehr öffnest, wenn Du so persönliche Dinge verarbeitest?

Dido: Manchmal schon. Ich schreibe halt zuerst für mich und denke nicht an die Hörer. Letztlich sind meine Lyrics aber meistens so unspezifisch, dass eh nur ich weiß, worum es genau geht. Ich versuche in meinen Songs nie, mein Leben wie in einem Tagebuch offen zu legen. ~ Jens Szameit (teleschau)


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