Freiheit

Wenn es auch hierzulande bald HipHop-Hörer jenseits der Midlife-Crisis gibt, ist das zu großem Teil Curses Verdienst. In Übersee längst als ernst zu nehmendes Genre etabliert, fehlt es Deutschrap noch immer an Reife. "Freiheit" traut sich, über den Tellerrand zu schauen. Während die Single zur letzten LP noch gegen "Gangsta Rap" wetterte, sich aber stilistisch gerade jener Hörerschaft anbiederte, bleibt "Freiheit" seiner Linie treu.

Sicher, Curse ist eben Curse: alles andere als geizig mit Pathos und häufig ganz schön dick aufgetragen. Kitschiger als die Single wird es nicht, doch Gäste wie Xavier Naidoo, Chima, Silbermond und Patrice tragen ihre Portion Schmalz bei. Sei's drum, "Freiheit" schafft es, mit Geschichten aus dem Leben Emotionen zu wecken. Gekonnt bringt Curse in wenigen Minuten menschliche Schicksale auf die akustische Leinwand, porträtiert gescheiterte Existenzen, um ebensolchen mit dem nächsten Track wieder Mut zu machen. Gerappte Kurzgeschichten wie "100 Jahre" oder "Lila" mit dem abgegriffenen Term Storytelling zu beschreiben, wäre geradezu unverschämt.

Auch musikalisch wendet sich "Freiheit" vom Rap-Ethos ab: Echte Pianos, Streicher und Bläser hauchen Drumsamples Leben ein - orchestrale Arrangements statt Loop-basierter Beats. Für den Großteil der Instrumentals darf Hausproduzent SashliQ das Lob einheimsen, doch auch die Gäste, unter anderem Monroe, DJ Farhot und Patrick Ahrend, leisten ganze Arbeit.

Mit "Freiheit" erkämpft Curse ein Stück selbiger, vor allem für deutschen Rap. Ganz so cool wie die amerikanischen Vorbilder ist der hiesige Conscious-Rap-Guru zwar nicht, zu oft hört man dafür den erhobenen Zeigefinger raus, zu häufig fehlt es an der nötigen Gelassenheit. Aber nun, da bewiesen ist, dass Rapper nicht wie Fußballer mit Mitte dreißig in Rente müssen, kann das ja noch werden.