Ben Kweller

Ein gutes Stück Texas


Ben Kweller veröffentlicht mit "Changing Horses" ein brillantes Stück Country Music

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Ein gutes Stück Texas

Ben Kweller veröffentlicht mit "Changing Horses" ein brillantes Stück Country Music

06.02.2009 Ben Kweller ist ein bescheidener Star im Musiksegment Indierock. Die melodischen Songs des 27-jährigen Texaners werden von Kritikern gelobt und über die Download-Börse iTunes erfährt man, dass Menschen, die Ben Kweller kaufen, auch Maximo Park, The Hives oder The Kooks zu ihren Lieblingen zählen. Mehr Indierock geht nicht. Doch wie reagiert diese Fangemeinde, wenn das wuschelköpfige Indie-Kid auf seinem neuen Album plötzlich reinrassige Country Music zum Besten gibt? Hoffentlich mit offenen Ohren, denn Ben Kwellers viertes Solowerk "Changing Horses" ist sein bisher größter Wurf.

Wie jeder musikliebende Texaner aus Austin, der freigeistigen Kapitale im Land der Rednecks, muss Ben Kweller erst einmal den Unterschied zwischen guter und schlechter Country Music erklären. Schlechter Country kommt aus Nashville und ist eigentlich Mainstream-Rock mit Cowboyhut. Wenn Avril Lavigne unter dem Stetson mit geschüttelter Stimme ein bisschen ländliches Feeling zu verbreiten sucht, findet das die Verachtung von Menschen wie Ben Kweller. Der gebürtige Texaner, nach neun Jahren in New York ist er in seine Heimat zurückgekehrt, singt statt dessen ein Loblied auf die Punkrocker des Country. "Meine Idole waren schon immer Leute wie Merle Haggard, Johnny Cash, Waylon Jennings oder Willie Nelson. Songwriter, die wie ich ihren rebellischen Charakter in die Kunst mitgebracht haben. Künstler, die Autoritäten und Macht grundsätzlich kritisch gegenüberstehen."

Ben Kweller - D

Nun ist "Changing Horses" nicht unbedingt ein explizit politisches Album. Wie jede gute Songsammlung des Country berichtet es aus sehr persönlicher Perspektive von den schönen und bitteren Momenten menschlichen Lebens. "Wobei die bitteren Geschichten überwiegen", meint der Vater eines zweijährigen Sohnes über seine neuen Lieder. "Gypsy Rose" beispielsweise handelt von einem Mann, der so einsam ist, dass er seine gesamte Zeit und Liebe, all seine Pläne einer Prostituierten widmet. "Der Song erzählt von einer leidenschaftlichen einseitigen Beziehung, die ins Nichts führt". "Homeward Bound" ist dagegen ein Lied über einen jungen Junkie aus Colorado, der unter einer Brücke lebt und auf Erlösung wartet. Ob sie von Gott, Menschen oder den Drogen kommen soll, lassen die Worte offen.

"The Ballad Of Wendy Baker" schließlich hat Ben bereits im Alter von 16 Jahren geschrieben. "Sie war ein Mädchen, mit dem ich zur Highschool ging. Sie ist durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Ich habe den Song nie veröffentlicht, weil er zu persönlich war. Ich wartete auf die richtige Zeit." Das Warten auf die richtige Zeit haben fast alle Songs auf "Changing Horses" gemeinsam. Ben Kweller, der als Texaner Country Music quasi mit der Mutermilch aufgesogen hat, gibt zu, dass er alle Songs der letzten elf Jahre, die "ein bisschen zu sehr Country waren", für diesen Moment, dieses Album aufgespart hat: "Ich liebe diese Lieder so sehr, dass ich sie an der Seite der richtigen anderen Songs wissen wollte. Präsentation ist sehr wichtig für mich. Es ist Kunst, Mann. Ich nehme das sehr ernst."

In der Tat schillern die Lieder auf "Changing Horses" ganz besonders hell. Das in Kwellers neuer Heimatstadt Austin aufgenommene Album "handelt von Leuten, die im Schatten leben. Von den dunklen Straßen der Gesellschaft. Ich fühlte mich immer verbunden mit diesen Leuten. They keep on rolling with the punches." Dieser letzte Satz lässt sich nur schwer übersetzen. Da geht es um das typische amerikanische Weitermachen in Zeiten der Krise. Um den Optimismus der Gebeutelten, die von den Schlägen des Lebens nach vorne getrieben werden.

Sein "überaus authentisches Countryalbum" (O-Ton Kweller) war der Grund, warum es den jungen Familienvater auch privat wieder nach Texas verschlagen hat. "Etwa vier Monate nach den Aufnahmen schlug meine Frau Liz vor, dass wir doch einfach nach Austin ziehen könnten. Wir waren schon länger etwas unglücklich in New York, weil es ein schwieriger Ort ist, um als Familie ein gutes Leben zu führen. Ich war sofort begeistert, da ich schon immer vorhatte, irgendwann zurückzugehen. Aber Austin ist auch der einzige Ort in Texas, an dem wir leben könnten. Ich glaube fast jeder dort hat bei der letzten Wahl für Barack Obama gestimmt."

Ben Kweller - B

In der Tat ist Austin mit seiner Universität, dem "South By Southwest"-Festival, der bedeutenden Kunstszene sowie den vielen Spuren von Hippiekultur so etwas wie die liberale Insel im konservativen Texas. "Houston und seine Ölindustrie sind zwei Stunden entfernt". Ben Kweller fügt dieser Information ein Augenrollen und ein "thank God" hinzu. Den "Spirit of Austin", macht der Indie-Songschreiber und Country-Meisterschüler schließlich am Colorado River fest, der mitten durch die Stadt verläuft. "Das ist ein magischer Fluss, der eine Menge Inspiration nach Austin trägt. Man lernt vom Colorado, mit der Strömung des Lebens zu gehen. Die ist immer voller Wendungen. Du kannst vieles planen, aber die Dinge kommen doch anders als du denkst. Es ist vor allem wichtig, eine gute Einstellung dem Leben gegenüber zu haben."

Ben Kwellers nächstes Album soll übrigens wieder ganz "Indierock" sein. Mal sehen, ob der Colorado dann trotzdem neue Ingredienzien in die Songs des ehemaligen Indie-Wunderkindes Ben Kweller gespült hat. Denn zweimal in denselben Fluss zu steigen, wäre dem immer noch unterschätzten Texaner dann wohl doch ein wenig zu billig. ~ Eric Leimann (teleschau)


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