Dass eine Band wie Yo La Tengo mit der Generation iPod nicht allzu viel am Hut hat, das war eigentlich schon vorher klar. Um das zu begreifen, hätte es der rostigen Musikkassette auf dem Cover ihrer "Popular Songs" zur Unterstreichung nicht unbedingt bedurft. Das traumwandlerische Trio aus Hoboken, New Jersey, hat seine Fans in einer Zeit gewonnen, in denen die Alben von Lieblingsbands quasi aus Gewohnheit gekauft wurden. Yo La Tengo gehörten zu denen, die eigentlich nie enttäuschten und die ihr musikalisches Repertoire nur auf die behutsamste Weise entwickelten: vom frühen Noise Pop aus dem Geiste der Velvets über die schwerelose Entschleunigung ihrer mittleren Meisterwerke zur prismenhaften Spiellaune des kenntnisreichen Spätwerks. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
"Popular Songs" - auch in der Lesart macht das Covermotiv Sinn - ist im Grunde ausgestaltet wie ein liebevoll angefertigtes Mixtape. Georgia Hubley und Ira Kaplan, das sind vor allem große Popverständige, die imstande sind, ihr diskografisches Wissen in geschmackvolle Formen zu gießen. Der Opener "Here To Fall" etwa hantiert sphärisch über einem Soundteppich, gewoben aus einem Stoff wie Serge Gainsbourgs meisterhaftes "Histoire de Melody Nelson". Derweil entspinnt sich das zauberhafte Duett "If It's True" über Motive aus dem Motown-Schlager "I Can't Help Myself". Nicht minder überzeugend gibt Kaplan in "I'm On My Way" den schmachtenden 70er-Jahre-Crooner.
Hubley gehört mit dem Lullaby "When It's Dark" der zarteste Moment einer Platte, die zum Ende gehörig ausfranst. Zehn, elf und 15 Minuten nehmen die drei Schlussstücke in Anspruch, in denen sich das Trio (James McNew bedient seit 1992 den Bass) traumverlorenen Feedback-Improvisationen hingibt, wie sich das sonst nur noch Sonic Youth erlauben. Das alles ist ebenso kennerhaft wie herzerwärmend nostalgisch. Und wenn der eine oder andere der betörenden "Popular Songs" dann doch den Weg auf eine iPod-Playlist finden sollte, dann wäre das natürlich beileibe kein Wunder.