Vom ersten Takt an schreit so ziemlich alles auf "To Lose My Life" nach Joy Division, wenigstens aber nach Echo & The Bunnymen. Was nichts daran ändert, dass die White Lies mit der Wave-Ära substanziell nicht viel zu schaffen haben. Dabei machen es die drei englischen Jungspunde auf ihrem Debüt im Grunde wie die meisten anderen Revival-Bands dieser Tage auch. Aus den rüden, nonkonformen Post-Punk-Tagen leihen sie sich eine Attitüde, einen Chic, einen Sound, den sie in eine zeitgemäße, hitverdächtige Form gießen. Immerhin: An die Spitze der UK-Charts haben es die White Lies für einen vergänglichen Moment aus dem Stand schon geschafft. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
Die Gitarren sind schwer, die Streicher pathetisch und Sänger Harry McVeigh bemüht sich nach Leibeskräften um ein Ian-Curtis-Gedächtnis-Timbre. Schicksalsschwanger und wildromantisch geben sich die Teenager in Songs wie "Death", "From The Stars" und "The Price Of Love". Doch Schwermut und Todessehnsucht sind hier so glaubwürdig, wie Gothic-Kids harte Jungs sind. Hymnisch, himmelstürmend, hoffnungslos unreif und manchmal auch unfreiwillig komisch, so lässt sich dieser ebenso süffige wie harmlose Reigen beschreiben. Die blutleere Anmaßung, zu der "To Lose My Life" bisweilen schon gestempelt wurde, ist die Platte aber auch nicht.
Die White Lies haben gewiss nicht die Schwere, die Finesse und die Glaubwürdigkeit einer vordergründig artverwandten Indie-Band wie Interpol. Eher schon streben sie nach der aufpolierten Glätte und der Stadiontauglichkeit von Depeche Mode oder U2. Eine Referenz, die das Marketing der Band schon zu hochfliegenden Träumen verleitet hat. "Die aufgebrachte, gleißende, mürrische, knallharte und eiskalte Zukunft des Rock" will einem die Presseinfo hier tatsächlich aufschwatzen. Man ziehe sich warm an.