"Vicky Leandros hat sich neu erfunden" - es sind solche handelsüblichen Standardfloskeln, die jetzt über das "Comeback"-Album "Möge der Himmel" der Sängerin überall verbreitet werden. Klar, die musikalische Paarung Vicky Leandros - Xavier Naidoo / Söhne Mannheims ist auf den ersten Blick eine ungewöhnliche. Und die gebürtige Griechin selbst behauptet, sich "durch die Zusammenarbeit neu gefunden" zu haben. Aber wenn man es genau nimmt, dann müsste die Schlagzeile heißen: Xavier Naidoo hat Vicky Leandros neu erfunden. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Denn die Sängerin mag eine profilierte Schlager-, Pop- und Chansoninterpretin und mit einer unverwechselbaren Stimme gesegnet sein, aber "Möge der Himmel" trägt vor allem die Handschrift des berühmtesten Sohn Mannheims. Und der hochemotionale und dichte, stets extrem süffig produzierte Soul-Pop Naidoos steht Leandros in den meisten Fällen gut zu Gesicht. Selbst dessen immer gern leicht esoterisch angehauchten Texte wirken nie bloß ausgedacht oder gar aufgesetzt. Und so reflektieren Songs wie "Möge der Himmel" oder "Wenn du jetzt gehst" auf nachvollziehbare Weise, dass Leandros' Ehe 2005 nach 20 Jahren in die Brüche ging. Feiert "Schön" die Wichtigkeit von Freunden, Familie, Lebensmenschen, ist "Lauf" ein fast schon emanzipatorischer Aufruf an Frauen, Stärke zu beweisen.
Problematisch wird "Möge der Himmel" eigentlich nur dann, wenn sich die Sängerin allzu sehr den üppigen Arrangements aus Mannheim hingibt und wie etwa bei "Breite meine Flügel aus" die ureigene Phrasierung Naidoos nachahmt. Und so ist auch bezeichnenderweise "Und was wird nun" - ein Cover von Gilbert Bécauds Chanson-Klassiker "Et maintenant" - der Höhepunkt des Albums. Denn hier kann Leandros ihr Stimmvolumen voll ausspielen, merkt man, dass sie als klassische Songinterpretin immer noch am überzeugendsten ist. Insofern hätte es eine komplette "Neuerfindung" sowieso nicht gebraucht.