Privat hatte Toni Braxton in den letzten Jahren schwer zu kämpfen: Bei ihrem Sohn wurde Autismus diagnostiziert, ihre Ehe ging in die Brüche, sie selbst musste wegen einer Gefäßerkrankung ihre Show in Las Vegas vorzeitig beenden. Die Musik musste erst einmal hinten anstehen, jetzt aber meldet sich die Sängerin mit "Pulse" zurück. Es wird deutlich: Toni Braxton ist ganz die Alte geblieben - zur Freude ihrer Fans und zum Ärger all jener, denen softe R'n'B-Balladen schon seit Ende der 90er-Jahre zu den Ohren rausquillen. ~ Sabine Metzger (teleschau) aufklappen »
Nun ja, ein paar neue Ideen gibt es schon auf ihrem Album - oder vielleicht sollte man besser sagen: ein paar neue Einflüsse. Denn was da an moderneren Elementen präsentiert wird, hat man so oder ähnlich auch schon bei Beyoncé gehört. "My Ring" etwa, in dem Braxton den Ring besingt, mit dem sich ihr Mann ewige Treue verdient hat (das Ganze wirkt noch seltsamer, wenn man es im Lichte der bevorstehenden Scheidung betrachtet), hätte noch vor einigen Jahren durchaus zu Ms. Knowles gepasst. Auch "Lookin' At Me" klingt mit geklatschtem Rhythmus und den ständigen "Whoo!"-Rufen im Hintergrund nach Beyoncés "Put A Ring On It", wenn auch etwas softer. Es scheint, als bemühe Braxton sich zu sehr, mit den Zeiten Schritt zu halten. Im tanztauglichen "Make My Heart", das gleich zu Anfang mit einem funkigen Bläsersample überrascht, findet sie leichter zu einem frischen Sound und bleibt dabei auch noch sie selbst.
Die restliche Platte verlässt sich im Grunde ganz auf Braxtons Stimme - und muss das auch tun, denn die Songs selbst bieten wahrlich wenig Neues. Manchmal geht das Konzept auf: Die Sängerin verleiht etwa dem Titeltrack "Pulse" durchaus das gewisse Etwas - es kann eben kaum jemand so melodiös seufzen und stöhnen, flüstern und schmachten wie Braxton. Auch die Trennungsballade "Yesterday" profitiert von ihrer kraftvollen Stimme (obwohl die Drums wieder einmal aus Beyoncés Fundus stammen, diesmal stand "Halo" Pate). Doch viele andere Songs können auch von ihr nicht gerettet werden, seien es Balladen wie das kitschige "I Hate Love" und das vorhersehbare "It's You" oder schnellere Tracks wie "Wardrobe", das reichlich ideenlos rüberkommt. Letztendlich also eine durchwachsene Leistung, aber immerhin beweist Braxton mit "Pulse", dass sie sich trotz aller Widrigkeiten noch lange nicht abschreiben lässt.