Radio Retaliation

Nicht nur politische, sondern auch gute musikalische Ideen bringt die Thievery Corporation seit 1995 hervor. Die beiden intelligenten und so verschiedenartigen Köpfe Rob Garza und Eric Hilton verquickten Jazz und Downbeats, packten Bossa, Dub und Reggae dazu und ließen das Ganze dann durch den Lounge-Mixer laufen. Inzwischen ist der frühere Zweierpakt zu einer 15-köpfigen Live-Band angewachsen, die auch viele verschiedenartige Gastsänger wie Sleepy Wonder, Lou Lou oder Verny Varela auf die Bühne und ins Studio einlädt.

Die vokale Stärke ist also neu. Auch ist das Anliegen der Thievery Corporation, das Verquicken der Kulturen nicht nur politisch, sonder auch musikalisch zu betreiben, noch stärker gelungen. Indische Instrumente und Impressionen wie hier auf "The Forgotten People", "Mandala" oder "Hare Krsna" faszinieren die Thieverys ja bereits länger. Nun sind aber noch mehr multikulturelle Zutaten hinzugekommen: Dubreggae ("Radio Retaliation", "Blasting Through The City") oder auch Süd-Americana mit Mariachibläsern, Bongos ("Vampires") und Salsaklavier ("El pueblo unido") etwa. Auch hervorragende Jazzpartien ("Retaliation Suite") fügen sich in den entspannten Mix.

Trotzdem machen sich immer wieder strukturelle und vor allem rhythmische Schwächen breit, beispielsweise in unendlich langsamen Tracks à la "La Femme Parallel", "Sweet Tides" oder "Beautiful Drug". Diese Rhythmen kennt man einfach im Schlaf. Auch in der soulig angehauchten Nummer "The Numbers Game" oder im meditativ dahinblubbernden "Shining Path" sind ganz offensichtlich keine kompositorischen Neuigkeiten zu vermelden. Trotzdem zeigen sich die Thieverys von ihrer gewohnt besten Seite. Denn wie schön ist es doch, zu wissen, dass mitten in Washington, im Zentrum der Macht, ein paar unkorrumpierbare Musiker den Herrschenden auf die Finger schauen und alles, was geschieht, auch noch schön verpackt in die Welt hinaus singen.