Vampire sind in, man beißt sich im Morgengrauen und Abendrot, gründet Vampirinternate und kommt ohne die bleichgesichtigen Blutsauger gar nicht mehr aus. Wie erfrischend, dass mit dem Independent-Film "Rosencrantz And Guildenstern Are Undead" von Jordan Galland auch mal ein witzig-intelligentes Spiel im Spiel um die langzahnigen Untoten verfilmt wurde. Eine der Attraktionen dabei: der Instrumentalsoundtrack von Sean Lennon - der seine Hausaufgaben perfekt gemacht hat. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Die Mini-Familie Lennon ist derzeit sehr aktiv: Erst kürzlich brachte Seans Mama Yoko eine kunstfertige Scheibe auf den Markt, nun überrascht Sohn Sean mit seinem zweiten Soundtrack, der sämtliche schönen Filmmusiken der letzten 40 Jahre als Vorbilder nutzt. Lennon beginnt mit dem Hauptthema, das ein minimalistisches Klavierthema anspielt, das vorgeblich harmlos à la "Rosemary's Baby" ins Thema einführt. Dieses mündet in ein witziges Nino-Rota-artiges Thema mit humpelndem Zirkusclown-Rhythmus, das sich auch auf die Stummfilmscores der 20-er stützt. "Elsinore" weckt den Kinobesucher mit einer treibenden, mitreißenden und emotionalen Melodie mit vollem (Computer-) Orchester.
Der Track wird als Reprise in diversen Variationen, mal elektronisch-Seventies-artig, mal in einer Art Spieluhrenmelodie durch den das kompletten Score gezogen. Lennon spielt mit Tom Waits' Vorliebe, aus Mülltonnen und Küchengeräten Beats zu generieren ("Feed"), bemüht die Seventies-Ära à la "Die Zwei" ("Finale"), den Weichzeichner-Film "Bilitis" ("S'Bood"), erinnert an Papa Johns Beatles ("Bobby's Bedroom"), zitiert alte Schwarzweiß-Krimi-Scores ("Fortenbras") und Gruselfilme ("Yoriek's Skull"), Seventies-Vampirfilmchen ("Charlotte's Theme") oder erinnert an Yann Tiersen ("Hamlet's Theme").
Der Rausschmeißer "Desire" mit Kool Keith und Miho Hatori beschließt das Album mit einem psychedelischen (Vokal-)Trip, der Lennons Bandbreite zeigt. Lennon scheint auch ein Fan von Beiruts Zach Condon zu sein, dessen leiernde, nostalgisch wirkende, dezent östliche Stilmixtur er hin und wieder ins elektronisch Generierte übersetzt (auch "Final"). Alles extrem vielseitig - und tatsächlich hörbar. Außer für Klangerotiker vielleicht nicht: Dieser Score ist eine Low-Budget-Wohnzimmer-Computer-Produktion, die High-End-Hörspezialisten in den Wahnsinn treiben dürfte.