Eine gewisse Kampfbereitschaft konnte man aus den Songs von Melissa Etheridge schon immer herauslesen. Es mag an der überstandenen schweren Krankheit liegen - in den Jahren 2004 und 2005 musste sie sich einer Chemotherapie wegen Brustkrebs unterziehen. Aber schon zuletzt, auf "The Awakening" (2007), wurde aus dieser Kampfbereitschaft eine sehr feste und überhaupt nicht aggressive Stärke. "Fearless Love" schließt hier an. Selbst Manifeste des Zweifelns ("Company") wirken auf eine seltsame Art und Weise herzlich und warm. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Gleichzeitig wirken sie immer auch ein bisschen altmodisch - auf eine Weise, die gar nicht mal so unangenehm ist. Auch wenn mit John Shanks ein recht kontemporärer Grammy-Gewinner "Fearless Love" produzierte - er arbeitete in der Vergangenheit mit Sheryl Crow und Alanis Morissette - bleiben die Bezugspunkte, die man von ihr kennt. Etheridge macht Rockmusik, die ohne jede Präfixe auskommt, die eher in der Tradition eines John Mellencamp oder eines Bob Seger zu sehen ist. Und die mit den eben genannten weiblichen Radiorock-Größen eher wenig am Hut hat.
Bedeutet: Es darf, etwa in "Miss California", schon auch einmal ordentlich gegniedelt werden. Die Stimme, diese raue, immer etwas angesoffen klingende Stimme, darf ihre Nuancen stets ausnutzen. Gemeinsam mit den immer authentisch wirkenden Texten, diesen kleinen Manifesten über den Kampf für das gute, wilde Leben, klingt das aber gut, weil keinen Moment lang hinkonstruiert, weil wie aus einer vergangenen Zeit. Etheridge als Dinosaurierin abzuheften, als letzte Überlebende der glorreichen Zeit ohne iPod mit Shuffle-Funktion, ohne Lounge-Musik und ohne Klingeltonterror, wäre aber zu kurz gegriffen. Denn gerade der Titeltrack, aber auch "Indiana", eine zarte Klavierballade über das Aufwachsen in prekärsten Verhältnissen und die daraus resultierende Kampfbereitschaft, transportieren Inhalte, die es verdienen, Gehör zu finden.