Gäbe es in der wunderbaren Welt der Popmusik eine Regierung und würde ein Niedlichkeitsministerium Teil eben jener sein, wäre die Besetzung dieses Postens mal so was von klar. Jason Lytle hätte hier das Sagen. Denn der Typ ist einfach mal nett. Was Nettigkeit für Extreme ansteuern kann, wenn man sie denn lässt, zeigte die letzte Single von Lytles Ex-Band Grandaddy. "I wanna walk up the side of a mountain / I wanna walk down the other side of the mountain / I wanna swim in the river and lie in the sun / I wanna try to be nice to everyone" hieß es in "Nature Anthem", im unbedingt empfehlenswerten Video tanzten dazu Kinder in Stofftierkostümen durch die Natur. Jetzt folgt Lytles Solo-Debüt: "Yours Truly, The Commuter" ist eine nicht ganz so fluffige, aber immer noch hinreichend sonnige Indiepopplatte. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Dass der schönste Song "It's The Weekend" heißt und zu hübsch euphorisierten Stromgitarren und einer feinen Melodie aus dem Keyboard nichts weiter tut, als das Wochenende abzufeiern, sagt eigentlich schon alles über die Platte. Lytle ist immer noch der Typ, der vermutlich nicht so gerne durch die Clubs zieht, sondern lieber mit irgendeinem Kaffeegetränk auf dem Sofa sitzt und in den blauen Himmel schaut. Das kann man in Kalifornien ja ganz gut. So ist auch die durchaus vorhandene Wehmut nie eine, die in existenzielle emotionale Schieflagen abzudriften droht. Dem Heartbreak folgt hier immer die Hoffnung, und in "Fürget It" (sic) wird das Vergessen mit weiten, fast ambienten Strukturen einfach gemacht.
Für den Songwriter Lytle sprechen indes die gleichen Gründe wie schon zu Grandaddy-Zeiten: Nach wie vor vereint er vieles, stellt Laut und Leise, Schnell und Langsam gleichberechtigt nebeneinander, erlaubt eben auch dem vermeintlich Einfältigen, sich ab und an in drei Minuten auszubreiten. Sicher auch Zeichen dafür, dass er sich nicht zu ernst nimmt - dass er die Sache mit der Musik zwar hauptberuflich betreibt, aber seine Konzertreisen mittlerweile so plant, dass er nebenher massig Zeit zum Wandern, Fahrrad fahren und Skateboarden hat. Ein Spitzentyp und einer der besten Gründe, sich auch mit den Rändern der Popmusik zu beschäftigen.