One Eye to Morocco

Auch andere, breitbeinige und langhaarige Hard-Rock- und Metal-Posen lässt Gillan hier außen vor, selbst mit der gerne leicht negativ konnotierten, muckerhaften Bezeichnung "Classic Rock" ist das Album hinreichend beschrieben. Nein, "One Eye To Morocco" ist im besten Sinne einfacher klassischer Rock.

Gillan erlaubt sich allerdings sehr wohl, über den Tellerrand zu blicken. Beim Opener und Titeltrack lässt er Percussion, Saxophon und Gitarren vorsichtig mit arabischen Einflüssen spielen, der Song ist aber eher einer der schwächeren des Albums. Das darauf folgende "No Lotion For That" überzeugt als Glamrock-Stampfer schon mehr, "Girl Goes To Show" flirtet mit verschlepptem Funk, "The Sky Is Falling" erhält durch seine Hammond-Orgel einen feinen folkigen Einschlag. Da ist sogar der kurze - hier dann doch nicht völlig unterlassene - Soloausflug der E-Gitarre verzeihlich. In dieser Richtung noch besser: "Texas State Of Mind" - das den Hardrock seiner Hauptband auf seine Blues-Wurzeln zurückführt.

Wie überhaupt "One Eye To Morocco" am überzeugendsten ist, wenn Gillan sich darauf besinnt. Das tiefe Murmeln in "Better Days", das raue Röhren bei "Ultimate Groove" - hier ist der Sänger in seinem Stimmelement, beweist besonders viel Seele. Und zeigt hier am deutlichsten, dass er James Brown, Ray Charles und Little Richard zu seinen größten musikalischen Vorbildern zählt. Und was den Rest des Albums betrifft, lässt dieser sich womöglich auf folgende Formel bringen: (fast) keine Gitarrensolos, jede Menge Spielfreude und ein vielseitiger Frontmann "in Rock".